Augsburger Allgemeine (Land West)

Der Künstler wird zur Marke, und sein Manager wird reich

-

aber zugleich auch die Rechte an deren Songs ein und vertrat sie dann auch – man nennt das inzwischen längst Management. Seriöser als damals ist es nicht durchgängi­g geworden… Es scheint heute, in Zeiten der weit über den Musikberei­ch hinaus herrschend­en Popkultur, fast überflüssi­g zu sagen: Was in der amerikanis­chen Provinz, an der Route 78, geschah, wurde zum umfassende­n Erfolgsmod­ell – Experten wie der in seinen Büchern und Rasche dio-Features stets großartige Karl Bruckmaier beschreibe­n es als „Urknall“(etwa in „The Story of Pop“, Heyne, 320 Seiten, 14,99 Euro). Und da wir heuer das 50-jährige Jubiläum des „Summer of Love“samt seiner generation­enprägende­n Musiker feiern: Die Folgen waren eben nicht nur Milliarden­umsätze und Künstler als Marken – sondern auch die Entwicklun­g zur Globalisie­rung der Unterhaltu­ngsindustr­ie.

Perry, der 1960 starb und 1984 in die Hall of Fame der Country Music aufgenomme­n wurde, prägte das 20. Jahrhunder­t. Er promotete Stars wie Louis Armstrong und Count Basie, beim ihm sangen Bing Crosby und Frank Sinatra, später Buddy Holly und Little Richard. Aber jetzt, zu Beginn des 21. Jahrhunder­ts: Verliert das Rezept da nicht seine Wirkung? In der Spitze funktionie­ren Vermarktun­g und Profit durch eigene Songs auf Platte oder per Download noch einigermaß­en. Um Beteiligun­gen an Streaming- und Video-Diensten wird aber heftig gerungen, und das Management ist eher damit beschäftig­t, die Kontrolgen­e le über das Material irgendwie zu behalten, als damit, für möglichst breite Streuung zu sorgen.

Unterhalb der Spitze jedenfalls können Talentsuch­er heute per Klick eine solche Menge sich selbst profession­ell produziere­nde Künstler begutachte­n, dass ein Überblick kaum noch zu gewinnen – aber zugleich auch keine wirkliche Entdeckung mehr zu machen ist. Denn der Hype, auf den die Labels setzen, ist unweigerli­ch schon losgetrete­n, bevor sie darauf setzen können, weil abertausen­de Klicks im Netz ihn bereits markieren. Die Künstler nämlich haben wiederum längst gelernt, nicht mehr auf Angebote der Firmen zu warten, sondern sich selbst direkt zu vermarkten und ihre Einkünfte nur noch mit den Anbietern der Netzplattf­ormen zu teilen… Einen kaltschnäu­zigen Ralph Perry braucht also bereits heute kaum noch einer und künftig womöglich keiner mehr. Dann nämlich wird es wohl nur noch darum gehen, möglichst effizient auf der Klaviatur kalter Algorithme­n zu spielen, die auslesen und bedienen, was gefällt.

Newspapers in German

Newspapers from Germany