Augsburger Allgemeine (Land West)

Gesucht: Ein neuer Name für „Obazda“

Spezialitä­t Der Brotaufstr­ich gehört in vielen Biergärten zu den Standardge­richten. Doch jetzt gibt es ein Problem: Ein Wirtschaft­sverband hat das Rezept von der EU schützen lassen. Gibt es bald nur noch Bräubazi und Bierkäs?

- VON ADRIAN BAUER

Der Himmel der Bayern lässt sich im Sommer von einem Biergarten aus entspannt betrachten. Dazu gehört ein kühles Getränk, vorzugswei­se im Maßkrug serviert, und eine Brotzeit. Und für viele gehört aufs Brettl eine gute Portion Obazda. Doch damit könnte bald Schluss sein: Weil die bayerische Spezialitä­t als geografisc­he Angabe ins Verzeichni­s der Europäisch­en Kommission eingetrage­n wurde, steht sie unter besonderem Schutz. Wer den Käse verkaufen möchte, muss nachweisen, dass er sich an die vorgegeben­e Rezeptur hält – und sich kostenpfli­chtig kontrollie­ren lassen.

Den Schutz beantragt hat der Dachverban­d der bayerische­n Milchwirts­chaft, ein Verein namens „Landesvere­inigung der Bayerische­n Milchwirts­chaft“(LVBM). „Mit der Eintragung bei der Europäisch­en Kommission als geografisc­h geschützte­s Produkt wird sichergest­ellt, dass nur Obazda unter diesem Namen verkauft werden darf, der auch nach traditione­ller Rezeptur hergestell­t wird und die Zutaten der Rahmenreze­ptur entspreche­n“, so die Initiatore­n.

Sie haben auch ein Grundrezep­t entwickelt, das sich an historisch­en Vorgaben orientiere­n soll (siehe Infokasten). Demnach besteht Obazda aus mindestens 40 Prozent Brie oder Camembert. Ein Rezeptvors­chlag, bei dem Petra Ortner, Wirtin im Königsbrun­ner Trachtenhe­im, schallend lacht: „Schreiben Sie: Richtig gut schmeckt es, wenn man Romadur nimmt und ein wenig Weißbier in die Masse gibt.“Offiziell auf der Karte hat sie die Weichkäses­pezialität nicht, nur manchmal gibt es auf dem Käsebrett Obazda. Angeschrie­ben ist er dann nicht.

Das ist auch gut so, denn wer mit der Spezialitä­t werben will, muss sich ab sofort an das geschützte Rezept halten und dies bei Kontrollen nachweisen. Dazu müssen die Wirte einen Vertrag mit einer von drei zugelassen­en Kontrollst­ellen für Lebensmitt­el abschließe­n und 300 Euro bezahlen. Bestehen sie die jährliche Kontrolle, bekommen sie ein EU-Zertifikat und dürfen auf ihrer Karte Obazda führen. Ähnliche geschützte Ursprungsb­ezeichnung­en gibt es im Bereich Käse auch für Emmentaler, Bergkäse, Sennalpkäs­e und Weißlacker aus dem Allgäu.

Doch hier wird es problemati­sch: Die anderen geschützte­n Produkte sind alles Käsesorten, während der Obazda eine gute Möglichkei­t zur Resteverwe­rtung ist – ein Mischmasch aus Käseresten, Gewürzen und allem, was der Garten noch hergab. So haben sich bayernweit verschiede­ne Rezepte herausgebi­ldet. Viele davon entspreche­n nicht dem, was der Lobbyverba­nd als historisch gewachsen hat schützen lassen.

Die Wirte stehen nun vor einem Dilemma: Entweder ändern sie ihr Rezept oder sie müssen sich einen anderen Namen für die Spezialitä­t einfallen lassen. „Weichkäse nach Obazda Art“analog zum Schnitzel geht nicht, das ist durch die Schutzklau­sel ausgeschlo­ssen. So geistern nun schon Worte wie „Bräubazi“, „Brezenkäs“oder „Bierkäs“durch die Gastroszen­e.

„Es ist schwierig, etwas so Traditions­reiches anders zu nennen“, findet Walter Fischer, Inhaber des Waldbierga­rtens Sommerkell­er in Affing. Er würde Obazda eher gleich von der Speisekart­e nehmen, als ihm einen neuen Namen zu geben oder eine Gebühr zu bezahlen. Er würde ihn nur deshalb auf der Karte behalten, „weil er den Leuten schmeckt“. Von der Initiative des Dachverban­ds der bayerische­n Milchwirts­chaft habe er noch nichts gehört. Drei Käsesorten vermischt er in seinem Rezept. Welchen, bleibt sein Geheimnis.

Auch bei Melanie Koller, Betreiberi­n des Landhausbr­äus in Hergertswi­esen bei Eurasburg, gehört Obazda zur Karte: „Wir hängen sehr an dem Namen“. Da es auch sauer eingelegte­n Romadur gibt, könnte eine Namensände­rung zu Verwechslu­ngen führen. Koller würde deshalb eher das Rezept den Vorgaben anpassen als den Namen zu ändern. „Es hängt natürlich davon ab, was geändert werden müsste.“Denn der Obazda sollte schon noch so schmecken wie vorher.

Die Vertretung der Wirte, der Bayerische Hotel- und Gaststätte­nverband, ist nicht begeistert: „In den letzten Jahren hat sich ein Trend zum Selbstkoch­en entwickelt, den man fördern möchte. Und gerade in Bayern gibt es ja noch eine Koch-Tradition. Es ist schade, wenn sie so gehemmt wird und Wirte entweder Rezepte ändern, industriel­le Ware zukaufen oder Produkte umbenennen müssen“, sagt Pressespre­cher Hans-Ulrich John. Der Verband versuche, alle Betriebe zu informiere­n. Gleichzeit­ig arbeitet man an einer Lösung, mit der Wirte, Gäste und die Initiatore­n des Schutzes leben können.

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Foto: Getty Images Zu einer zünftigen Biergarten Brotzeit gehört Obazda für viele dazu. Nun könnte es sein, dass sich die bayerische Spezialitä­t in vielen Lokalen umbenennen muss.

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