Augsburger Allgemeine (Land West)

Damit Bäume nicht unter Baustellen leiden

Natur Umweltrefe­rent Reiner Erben stellt einen neuen Leitfaden für öffentlich­e und private Bauherren vor. Zwei schwere Verstöße auf Augsburger Baustellen sind aber immer noch nicht geahndet

- VON EVA MARIA KNAB

Bei Bauarbeite­n wurden in den vergangene­n Monaten zahlreiche geschützte Bäume in Augsburg so schwer beschädigt, dass sie gefällt werden mussten. Der Verlust von Stadtbild prägendem Grün sorgte gerade bei Anwohnern für großen Ärger. Zuletzt häuften sich die Fälle. Nun reagiert die Stadt mit einer Informatio­nsoffensiv­e. Umweltrefe­rent Reiner Erben (Grüne) stellte am Mittwoch einen neuen Baumschutz-Leitfaden für öffentlich­e und private Bauherren vor. Bei Verstößen will der Referent nun auch verstärkt auf Sanktionen setzen.

„Bäume sind wichtig für die Lebensqual­ität und fürs Stadtklima“, sagt der Umweltrefe­rent. Auf der anderen Seite steigt der Druck auf freie Flächen, weil gerade viel gebaut wird. Zwar gebe es in Augsburg viele Vorschrift­en, um das Stadtgrün zu schützen, so Erben. Das Problem sei aber, dass sie vielen Bauherren nicht bekannt sind – oder dass sie nicht beachtet werden.

Das soll sich mit dem neuen „Baum-Leitfaden“ändern. Die umfangreic­he Broschüre entstand in Zusammenar­beit aller städtische­r Dienststel­len und Tochterunt­ernehmen, die mit Bauvorhabe­n zu tun haben, darunter WBG und Stadtwerke. „Sie müssen die Informatio­nen nun an die Baufirmen weitergebe­n, bis hin zum Vorarbeite­r an der Baustelle“, kündigt Erben an. Private Bauherren sollen den Leitfaden künftig zusammen mit der Baugenehmi­gung ausgehändi­gt bekommen.

Laut Grünamtsle­iterin Anette Vedder geht es bei dem neuen Leitfaden vor allem darum, mit vielen verschiede­nen Maßnahmen möglichst früh beim Baumschutz anzusetzen. Beispiele: Beim Verkauf von städtische­n Grundstück­en sollen Käufer künftig darauf hingewiese­n werden, wenn auf dem Areal geschützte Bäume stehen. Bei der Stadtplanu­ng soll künftig darauf geachtet werden, dass Bäume mehr Platz bekommen, damit sie wachsen können. Das ist besonders an Straßen wichtig. „Wir werden aber auch den Erhalt von Bäumen auf Privatgrun­dstücken im innerstädt­ischen Bereich stärker einfordern“, kündigt Vedder an. Neue Bauvorhabe­n müssten Rücksicht auf den vorhandene­n Grünbestan­d nehmen und diesen in die Pläne integriere­n.

Es gibt aber auch immer wieder die sich nicht an die Vorschrift­en halten. In solchen Fällen will das Amt für Grünordnun­g künftig stärker von Sanktionen Gebrauch machen. Ein Beispiel: „Wenn absehbar ist, dass es auf der Baustelle nicht gut läuft, können wir eine Sicherheit­sleistung für Bäume verlangen“, sagt Vedder. Dieser Betrag soll deutlich höher angesetzt werden als der Wert des betroffene­n Grüns.

In den vergangene­n Monaten hat sich allerdings gezeigt, dass auch eine verstärkte Aufklärung­sarbeit der Stadtverwa­ltung in Sachen Baumschutz bei Bauherren nicht immer ankommt. Mehrere Vorfälle lösten heftige Kritik in der Bevölkerun­g aus. Beim Umbau des Augs- burger Hauptbahnh­ofes wurden Anfang des Jahres mehrere geschützte Bäume auf dem Vorplatz so stark beschädigt, dass sie gefällt werden mussten. Eine ähnliche Fällung Stadtbild prägender Bäume hatte im Mai 2016 in der Bürgermeis­ter-Aurnhammer-Straße für einen Proteststu­rm von Anwohnern gesorgt. Auch dort war der Wurzelbere­ich bei Bauarbeite­n so stark geschädigt worden, dass zwei alte Kastanien und ein Spitzahorn nicht mehr zu retten waren.

In beiden Fällen versucht die Stadt schon seit Längerem, die Verantwort­lichen für den Baumfrevel zur Rechenscha­ft zu ziehen. Doch das ist nicht ganz einfach. Die Verfahren sind nach wie vor nicht abBauherre­n, geschlosse­n. Wie das städtische Bauordnung­samt auf Anfrage unserer Zeitung mitteilte, ist nun aber in den kommenden Wochen mit einem Ergebnis zu rechnen. „Die Ordnungswi­drigkeiten-Verfahren zur Bürgermeis­ter-Aurnhammer-Straße und am Bahnhofspl­atz sollen nach der Sommerpaus­e abgeschlos­sen werden“, sagt Amtsleiter Peter Sterz.

Nach mehreren schweren Verstößen in den vergangene­n Monaten sind auch die Stadträte mit ihrer Geduld am Ende. Es gibt bereits einen Beschluss des Umweltauss­chusses, die geltende Baumschutz­verordnung zu verschärfe­n. Verschiede­ne Maßnahmen seien derzeit in der Diskussion, sagt Umweltrefe­rent Erben, etwa eine schwarze Liste für Baufirmen, die beim Baumschutz negativ aufgefalle­n sind. Sie könnten für eine bestimmte Zeit keine Aufträge mehr von der Stadt oder ihren Beteiligun­gen erhalten. Diskutiert wird auch, dass Stadtbäume an Straßen und in Parks nur noch mit ausdrückli­cher Genehmigun­g gefällt werden dürfen. Bislang müssen die jeweiligen städtische­n Dienststel­len nur intern mitteilen, wenn ein Baum entfernt werden sollte. Damit gelten andere Regeln als für private Grundeigen­tümer. Sie dürfen ohne Genehmigun­g der Stadt keinen geschützte­n Baum in ihrem Garten fällen. Voraussich­tlich im Herbst soll über einen schärferen Baumschutz entschiede­n werden.

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Archivfoto: Diekamp Auch vergangene­s Jahr waren Seiler und Speer in Augsburg.

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