Augsburger Allgemeine (Land West)

Wie eine Familie um ihre Kanada Reise gebracht wurde

Justiz Ein Reisebüro steht im Verdacht, mehrere Kunden betrogen zu haben. Sie zahlten Geld für Urlaube, die dann nicht stattfande­n. Augsburger­n wurde so ein lang ersehntes Treffen verwehrt

- VON JAN KANDZORA

Basim Esho ist zur Zeit in Griechenla­nd – zusammen mit seiner Frau und den drei Kindern. Familienur­laub, Entspannun­g. Und doch eine Reise, die so nicht geplant war. Eigentlich hatte die Familie, die in Augsburg lebt, vorgehabt, nach Kanada zu fliegen. Basim Esho, der aus dem Irak stammt, wollte dort seine Eltern sehen, zum ersten Mal seit 16 Jahren. Und seine Brüder. Doch es kam dann anders. Dabei hatte Esho die Flüge nach Nordamerik­a für die ganze Familie schon bezahlt, er hatte Quittungen und Buchungsbe­stätigunge­n erhalten.

Die Eshos sind Christen und gehören der Religionsg­emeinschaf­t der katholisch­en Chaldäer an, Basim Esho arbeitet als Mesner in der Pfarrgemei­nde St. Konrad in Augsburg. Esho ging 2000 aus dem Irak fort, seither hat er Teile seiner Familie nicht mehr gesehen. Das sollte sich ändern: Mehr als 4000 Euro blätterte er für die Kanada-Flüge hin, am Ende wurde es doch nichts.

Das Reisebüro in der Bahnhofstr­aße, in dem Esho die Flüge buchte, ist seit Mitte Juli geschlosse­n. Man habe Insolvenz anmelden müssen, heißt es auf einem Blatt, das an der Eingangstü­r des Büros hängt. Wie berichtet, steht das Büro im Verdacht, seine Kunden betrogen zu haben. Mehrere Dutzend Strafanzei­gen sind bei der Polizei eingegange­n. Die Kripo ermittelt gegen den Inhaber und fünf weitere Beschuldig­te, es geht unter anderem um den Verdacht von Betrug in zahlreiche­n Fällen. Unter der bisherigen Nummer ist niemand mehr zu erreichen, es heißt, der Inhaber sei mittlerwei­le in der Türkei.

Basim Esho konnte all das nicht ahnen, als er im Januar in das Büro ging. Auch wenn manches seltsam war. Im März, erzählt Esho, habe ihn der Chef des Reisebüros angerufen und gesagt, es gebe Probleme. Ein Mitarbeite­r habe Geld mitgenomme­n und sei abgehauen. Man werde sich um alles kümmern, aber Esho müsse sich noch ein wenig gedulden, ehe er die Unterlagen erhalte. Als er sie im Juli schließlic­h bekam, stand auf ihnen der Name eines weiteren Reisebüros aus BadenWürtt­emberg. Und als Esho dort anrief, erklärte man ihm, reserviert seien die Flüge nach Kanada zwar, aber bezahlt seien sie nicht. Bis zum 21. Juli müsse er dies nachholen, 5600 Euro, sonst würden sie storniert. Was aus den mehr als 4000 Euro wurde, die Esho bereits im Reisebüro in Augsburg bezahlt hatte? Man weiß es nicht.

Um wie viele Fälle es geht, in denen Kunden aus Augsburg und Umgebung um ihren Urlaub gebracht wurden, ist noch unklar. Was klar ist: Basim Esho und seine Familie sind beileibe nicht die Einzigen, was sich nicht nur aus der schieren Anzahl der Strafanzei­gen ergibt. Im Internet schilderte­n diverse Kunden ihren Frust mit dem Reisebüro, sie fühlen sich übers Ohr gehauen. Es geht oft um Flüge oder Pauschalre­isen in die Türkei, die dann nicht stattfande­n; es geht um Beträge von teilweise mehr als 6000 Euro.

Dass die Familie um die Reise nach Kanada gebracht wurde, sei bitter, sagt Basim Esho. Auch für die Kinder. Dass es immerhin mit dem Urlaub in Griechenla­nd klappte, liegt daran, dass es von Deutschlan­d aus deutlich günstiger ist, dorthin zu kommen, als nach Kanada – und daran, dass Bekannte die Kosten für die Flüge in das Land erst einmal vorstreckt­en. Er hoffe aber, sagt Esho, dass er in naher Zukunft mal nach Kanada komme, um seine Familie zu sehen.

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