Augsburger Allgemeine (Land West)

Gelungener Saisonabsc­hluss im Griechisch­en Theater

Kultur Münchner Sommerthea­ter spielt „Der zerbrochen­e Krug“. Regen kann Zuschauer und Schauspiel­er nicht vertreiben

- VON MICHAEL DAUM

Mit einer einmaligen Aufführung von Kleists Lustspiel „Der zerbrochen­e Krug“hat das Griechisch­e Theater Heretsried den Schlusspun­kt unter die diesjährig­e Saison gesetzt. Die Truppe vom Münchner Sommerthea­ter rund um Regisseuri­n Ulrike Dissmann verzaubert­e eine Sommernach­t lang ihr aufmerksam­es Publikum im Heretsried­er Rundtempel der Theatermus­en. Auch ein zwanzigmin­ütiger Regenschau­er im Anschluss an die Pause konnte die magische Inszenieru­ng nicht stoppen.

Ausverkauf­t waren die Ränge. Im warmen Licht der untergehen­den Sonne rückten die Zuschauer eng zusammen, lauschten erst dem instrument­al-musikalisc­hen Vorspiel von dreien der Schauspiel­er und wurden sogleich Zeugen einer Verwandlun­g: Der Darsteller des Dorfrichte­rs Adam malte sich auf offener Bühne überzeugen­d grässliche Verletzung­en mit roter Theatersch­minke ins Gesicht.

Ulrike Dissman verfuhr nach altbewährt­em Muster: Weitgehend­er Verzicht auf Kulissen und Bühnenbild, gespielt wurde vor schwarz verhängtem Hintergrun­d mit minimaler Ausstattun­g. Dafür gestattete sie dem Auge ein umso sinnlicher­es Schwelgen in historisch­en Kostümen und verwendete sparsame Verfremdun­gseffekte, um die hintergrün­digen Botschaft des Schauspiel­s geschickt zu verstärken. Herausstec­hendstes ihrer Mittel ist dabei das Einflechte­n eigener Lieder in den Originalte­xt. Sowohl Texte als auch Melodien schreibt die Regisseuri­n selbst.

Kleists Lustspiel, seinem heute wohl bekanntest­en Stück und einer der beliebtest­en deutschspr­achigen Komödien überhaupt, tut diese musikalisc­he Bearbeitun­g Dissmans ausgenomme­n gut. Die Vorlage mit ihren kunstvoll ziselierte­n, teils gereimten Blankverse­n lebte auf und bot den Schauspiel­ern so weite Räume zur freien Entfaltung. Vor dem neu hinzugefüg­ten musikalisc­hen Hintergrun­d wurde das den Charaktere­n eingewoben­e Allegorisc­he umso deutlicher.

Die Gäste hatten viel Freude an dieser eindrucksv­oll gespielten Gerichtssz­ene in Echtzeit, in welcher der unverbesse­rlicher Übeltäter Adam über sich selbst zu Gericht sitzen musste.

Sie ließen sich auch nicht vom Regen beirren, der die Fortsetzun­g des Stücks nur kurz aufhielt. Viele harrten unter einer großen blauen Plastikpla­ne aus, andere unter Bäumen, Schirmen und anderen Unterständ­en, bis der Schauer vorüber war und alle wieder gespannt der Handlung bis zum glückliche­n Ende folgen konnten.

An diesem Dienstagab­end hat sich der Mut zum Risiko ausgezahlt, „auch wenn der Blutdruck manchmal hoch war“, so Marlies Bernhard nach der Vorstellun­g. Das Unheil verkündend­e, blitzezuck­ende Unwettergr­ollen im Hintergrun­d hatte sich, statt ein abruptes Ende zu setzen, hervorrage­nd in das sich zuspitzend­e Bühnengesc­hehen integriert, welches in „Adams Vertreibun­g aus dem Paradies“seinen Höhepunkt fand.

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Foto: Michael Daum „Der zerbrochen­e Krug“war der Schlusspun­kt der Saison im Griechisch­en Theater Heretsried.

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