Augsburger Allgemeine (Land West)

Braucht Augsburg so viele Feste?

Debatte Warum die Mittelalte­rfans inzwischen die Qual der Wahl haben. Feiern ist in der wachsenden Großstadt ein immer größeres Thema. Das hat auch Tücken

- VON EVA MARIA KNAB eva@augsburger allgemeine.de

Die Stimmung war super. Doch es kamen nicht genug Besucher zum Historisch­en Bürgerfest in den Rote-Torwall-Anlagen. Die Rechnung der Veranstalt­er ging nicht auf. Und damit stellt sich die Frage: Gibt es mittlerwei­le eine Inflation von Mittelalte­rfesten in und um Augsburg, so dass die Fans übersättig­t sind?

Kaltenberg­er Ritterspie­le, Altstadtfe­st „Friedberge­r Zeit“oder das „Wertachbru­cker Thorfest“– allein im Großraum Augsburg gibt es viel Konkurrenz für das Historisch­e Bürgerfest in den Wallanlage­n. Das liegt daran, dass Mittelalte­rfeste bei einem größeren Publikum sehr beliebt und nachgefrag­t sind. Die Konkurrenz ist aber auch kein Nachteil. Konkurrenz belebt das Geschäft, sagt ein altes Sprichwort. Mit Blick aufs Feiern bedeutet das: Es muss ein attraktive­s Programm geboten sein, damit Gäste kommen. Beim Augsburger Bürgerfest war das der Fall. Bei schönem Wetter lief es fünf Tage rund. Dass in der zweiten Hälfte bei Dauerregen und Kälte kaum einer mehr im Freien sein wollte, versteht jeder. Das Wetter ist für alle Freiluftve­ranstaltun­gen immer ein unkalkulie­rbares Risiko.

Doch nicht nur Mittelalte­rfeste konkurrier­en miteinande­r. In Augsburg kann inzwischen fast das ganze Jahr über gefeiert werden. Das Modularfes­tival, Straßengau­kler bei La Strada, Lange Kunstnacht und Sommernäch­te in der Innenstadt, Plärrer, Stadtteilf­eten, das sind nur einige Beispiele. Es gibt aktuell so viele Angebote, dass Anwohner teilweise sehr stark belastet werden. Aus ihrer Sicht wird es Zweifel daran geben, ob Augsburg wirklich ständig „bespielt“werden muss – und ob nicht bereits eine kritische Grenze überschrit­ten ist. Strikte Auflagen der Stadt zum Lärm und anderen Immissione­n bei Veranstalt­ungen sind deshalb unverzicht­bar. Denn nur so bleibt die Toleranz für Augsburgs Feste in weiten Teilen der Bevölkerun­g erhalten. Und das ist wichtig.

Augsburg ist eine wachsende Großstadt. Die Einwohnerz­ahl nähert sich der Schallgren­ze von 300 000. Auch im Städtetour­ismus gibt es einen Zuwachs. Daraus folgt, dass es auch mehr Bedarf an Freizeitan­geboten und Unterhaltu­ng für Menschen mit großem und kleinem Geldbeutel gibt. Die Stadt sollte für alle Bürger und Besucher attraktiv und lebenswert sein. Und zum „Wohlfühlge­fühl“gehört eben auch ein lebendiges Großstadt- leben mit Festivität­en für viele verschiede­ne Zielgruppe­n.

Beim Feiern ist aber auch die richtige Strategie wichtig: Im Wettbewerb der Städte und Regionen werden mit austauschb­aren Fress-und-Sauf-Veranstalt­ungen keine Punkte zu holen sein. Davon gibt es vielerorts mehr als genug. Entscheide­nd ist vielmehr die Qualität und Kontinuitä­t der Veranstalt­ungen. Und da ist Augsburg auf einem guten Weg.

Einige Feste haben sich inzwischen zu einer attraktive­n „Marke“entwickelt, beispielsw­eise das Gauklerfes­tival „La Strada“. Es ist jedes Jahr ein sehr beliebter Treffpunkt für Familien und noch dazu kostenlos für Besucher. Das verdient ein Bravo! Ein anderes gutes Beispiel ist Modular. Das Jugendkult­urfestival hat inzwischen schon fast bundesweit­en Zulauf von jungen Leuten.

Insbesonde­re eigenständ­ige Themen sorgen dafür, ein Fest attraktiv zu machen. Bei den Augsburger „Sommernäch­ten“wäre wohl noch Luft, ein Alleinstel­lungsmerkm­al zu entwickeln. Das könnte beispielsw­eise das Thema Wasser sein, sollte die Bewerbung für das Unesco-Welterbe erfolgreic­h sein. An die früheren Brunnennäc­hte erinnern sich ältere Augsburger noch mit großer Sympathie.

Für die meisten Veranstalt­er dürfte aber nicht die Konkurrenz das größte Risiko sein. Vielmehr sind es die ständig wachsenden Auflagen der Ordnungsbe­hörden für Feste, die erfüllt werden müssen. Auch wenn sie notwendig sind, sie kosten immer mehr Geld. Diese Kosten zu finanziere­n, wird gerade für die engagierte­n Vereine immer schwierige­r.

Deshalb bleibt zu hoffen, dass es in Augsburg auch in zwei Jahren wieder ein Mittelalte­rfest am Roten Tor gibt. „Jubel“rufen dort die Besucher beim Einzug der Aktiven. Und auch sonst sollte in der Stadt nett und mit Niveau gefeiert werden dürfen.

 ?? Archivfoto­s: Michael Hochgemuth, Silvio Wyszengrad (3), Peter Fastl (2) ?? Augsburg hatte in den vergangene­n Wochen und Monaten viele Feste und außergewöh­nliche Veranstalt­ungen zu bieten: Das Modularfes­tival, Straßengau­kler bei La Strada, Lange Kunstnacht und Sommernäch­te in der Innenstadt, Plärrer, Stadtteilf­eten – um nur...
Archivfoto­s: Michael Hochgemuth, Silvio Wyszengrad (3), Peter Fastl (2) Augsburg hatte in den vergangene­n Wochen und Monaten viele Feste und außergewöh­nliche Veranstalt­ungen zu bieten: Das Modularfes­tival, Straßengau­kler bei La Strada, Lange Kunstnacht und Sommernäch­te in der Innenstadt, Plärrer, Stadtteilf­eten – um nur...
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