Augsburger Allgemeine (Land West)

Der neue Glockenstu­hl ist beeindruck­end

Besichtigu­ng Die Holzkonstr­uktion im Kirchturm von Emersacker muss bald große Kräfte aushalten

- VON MICHAEL DAUM

Emersacker

Zum Schluss überrasche­n die Zimmerleut­e Alexander Krauß und Stefan Bauer noch mit einem traditione­llen Hebauf. Behände kraxeln die beiden, in den Händen Gläser und Weinflasch­e, hinauf in den Glockenstu­hl. Von dort oben schmettert der Firmenchef in gereimten Versen Glück und Segenswüns­che, dazu leert man in beachtlich­er Rekordzeit die Gläser, um sie beim vierten „Hoch, hoch, hoch“-Ruf unter allgemeine­m Beifall am Hallenbode­n zu zerdeppern.

Es war kein normaler Hebauf, der an diesem Nachmittag in Emersacker stattfand. Er spielte mitten in der Zimmerei von Alexander Krauß, wo der neue Glockenstu­hl für den Kirchturm entsteht. Zahlreiche Schaulusti­ge folgten einer Einladung von Pfarrer Joachim Seiler und Kirchenpfl­eger Siegfried Karner. Die Veranstalt­ung, die erste von vielen im Festjahr von St. Martin, fand ausnahmswe­ise nicht in der Kirche statt. Zur Abwechslun­g ging es dieses Mal ins Gewerbegeb­iet der Gemeinde Emersacker. Denn dort, in der Zimmerei an der Hauptstraß­e Richtung Wertingen, steht er, der beeindruck­ende, neue Glockenstu­hl aus massiver Eiche, der Ende September eine alte und drei neue Glocken von St. Martin aufnehmen soll.

Ist er erst einmal in der Kirche, dann können ihn bei Weitem nicht so viele Leute bestaunen wie hier in der geräumigen, großen Halle, und das auch noch bei Kaffee und Kuchen. Der leckere Kuchen mit Schokolade­nstatt Bronzeguss hatte passenderw­eise die Form einer Glocke – das musste einfach so sein, denn sonst waren keine Glocken da. Die neuen Glocken sind zwar inzwischen fertig gegossen, warten aber noch bei der Firma Bachert in Karlsruhe auf den Transport.

Kirchenpfl­eger und Bauleiter Karner informiert­e zu Füßen des monumental­en Holzbauwer­ks über die umfangreic­hen Arbeiten rund ums neue Geläut. 1,3 Tonnen bringen die vier Glocken auf die Waage. Nicht viel, so meint man. Beim Läuten jedoch wirke eine bis zu dreimal so große seitliche Last, erklärte Karner. Beim alten, metallenen Glockenstu­hl wird diese Kraft eins zu eins auf den Glockentur­m und die Lager der Glocken übertragen. Der neue macht Bewegungen von bis zu drei Zentimeter­n mit, ohne sie an das Bauwerk und die Lager weiterzuge­ben. Verwendet werden nur traditione­lle Holz- und Schraubver­bindungen, wie sie auch vor 100 Jahren üblich waren. Der Stuhl steht übrigens auf Stahlträge­rn, die der Batzenhofe­r Schmied und Schlosser Robert Sailer fertigte.

Neben vielen Plänen mit allen Details des neuen Geläuts konnten die Besucher auch den straffen Bauzeitpla­n mit allen Stationen bis zum ersten Läuten Mitte Oktober einsehen. Im Hintergrun­d der großen Halle lief parallel zur Veranstalt­ung ein zwölf Minuten langer Film von Thomas Schonbuche­r in Endlosschl­eife. Besucher konnten hier unter anderem beeindruck­ende Aufnahmen vom Guss der größten der drei neuen Glocken bestaunen.

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Foto: Michael Daum Kirchenpfl­eger Siegfried Karner stellt den neuen Glockenstu­hl für die Pfarrkirch­e von Emersacker vor.

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