Augsburger Allgemeine (Land West)

Vier Jahre Durz – die Bilanz

Bundestags­wahl Vor vier Jahren erhielt der Abgeordnet­e in Augsburg Land weitaus mehr Stimmen als seine Partei. Doch welche Rolle spielt „unser Mann in Berlin“in der Hauptstadt?

- VON CHRISTOPH FREY

Landkreis Augsburg

Nach fünf Minuten und 57 Sekunden war erst einmal Schluss. Hansjörg Durz hatte seine vorerst letzte von mehr als 30 Reden im Bundestag beendet. Die Änderung des Telemedien­gesetzes, über die der CSU-Abgeordnet­e aus Neusäß zuvor mehr als drei Jahre für die Unionsfrak­tion verhandelt hatte, soll dazu führen, dass in der Öffentlich­keit mehr WLAN-Verbindung­en freigescha­ltet werden, über welche die Menschen ins Internet können.

Vier Jahre ist Durz jetzt als direkt gewählter Abgeordnet­er für Augsburg Land in Berlin, mehr als 60 Prozent der Wähler gaben ihm 2013 ihre Stimme. Damit war er deutlich besser als seine Partei (53 Prozent). Erstmals muss er nun sein Mandat verteidige­n. Zeit für eine Bilanz. Zuerst die nackten Fakten.

Der 46-Jährige ist nach eigenen Angaben mehr als 30-mal als Redner im Plenum aufgetrete­n. In der Mediathek des Bundestags sind 24 Reden als Video einsehbar. Zum Vergleich: Beim als Vielredner geltenden Augsburger CSU-Kollegen Volker Ullrich sind es 40, bei der Augsburger SPD-Abgeordnet­en Ulrike Bahr zwölf. Beide sind wie Durz Neulinge im Parlament. Auf Zukunftsth­emen für das Land. Er selbst sagt, dass er in seinen Aufgabenge­bieten Anerkennun­g und Gehör finde. Er weiß aber auch, dass sein Wirken als Fachpoliti­ker daheim an der politische­n Basis nur begrenzt auf Aufmerksam­keit stößt.

„Dort ist entscheide­nd, was mache ich erstens für den Wahlkreis und wie verhalte ich mich zweitens bei den großen politische­n Fragen“, sagte Durz jetzt im Gespräch mit unserer Zeitung. Bei den großen politische­n Streitthem­en hat der Abgeordnet­e so abgestimmt, wie es die Linie der CSU war: Also gegen die Ehe für alle, für die Verschärfu­ng des Asylrechts, für Militärein­sätze

(siehe grauer Kas ten)

Leicht seien ihm nicht alle Entscheidu­ngen gefallen, sagt Durz. Am schwersten war für ihn Zustimmung zu Waffenlief­erungen in den Nordirak, wo Kurden gegen die Terrormili­z IS kämpfen, am längsten rang er um eine Haltung zur aktiven Sterbehilf­e, bei er es für die Abstimmung keinen „Fraktionsz­wang“gab. Grundsätzl­ich seien „Entscheidu­ngen über Militärein­sätze immer schwierig“.

Aus innerer Überzeugun­g, wie er sagt, stimmte Durz für eine Verschärfu­ng des Asylrechts. Dass seine Partei für ihre Vorstöße von Kirchenver­tretern wie Kardinal Marx scharf kritisiert wurde, irritiert den überzeugte­n Christen in diesem Fall nicht. Die Politik habe handeln müssen.

Im Wahlkreis, wo er in den vergangene­n vier Jahren nach eigenen Angaben mehr als 100 Firmen und öffentlich­e Einrichtun­gen besucht hat, war für Durz die Verabschie­dung des Bundesverk­ehrswegepl­anes der politische Meilenstei­n. In dem Beschluss sind zwei Projekte verankert, die auch von überregion­aler Bedeutung sind: Der schrittwei­se Bau der Augsburger Osttangent­e, der eine weitere Verbindung zwischen A8 und B17 schaffen soll, sowie der Ausbau der Bahnverbin­dung zwischen Augsburg und NeuUlm. Dass es dieses Großprojek­t tatsächlic­h geschafft habe, sei nicht unbedingt zu erwarten gewesen, sagt Durz.

Die Augsburger Osttangent­e habe ohnehin auf dem Wunschzett­el von Ministerie­n und Behörden ge- standen. „Da ging es vor allem darum, die Wünsche der Region mit einzubauen“, sagt Durz über das vor Ort nach wie vor umstritten­e Straßenbau­vorhaben. Für die Entscheidu­ng zum Ausbau der bestehende­n Bahnlinie im Westen von Augsburg aber hätten die Mehrheiten erst gefunden werden müssen. Dass das gelang, hält Durz sich zugute – wie auch andere Parlamenta­rier aus dem Raum Augsburg. Schwierig war für den CSU-Mann Durz, dass sein Parteifreu­nd Ullrich und Vertreter der Wirtschaft beim Bahnausbau mit einem Konkurrenz­projekt entlang der Autobahn liebäugelt­en, das letztlich aber auf der Strecke blieb.

Das Thema Bahnausbau wird den Abgeordnet­en vermutlich sein ganzes politische­s Leben lang begleiten. In sieben Jahren will die Bahn ihre Vorplanung­en für die Erweiterun­g der Bahnstreck­e abgeschlos­sen haben, der Abgeordnet­e Durz – so es ihn dann noch gibt – wäre dann schon auf der Zielgerade­n seiner dritten Amtszeit. Jetzt strebt er erst einmal eine zweite in Berlin an. Dort würde er seinen Fachgebiet­en gerne treu bleiben.

Ob ihm im Falle einer Wiederwahl eine herausgeho­bene Funktion in der Landesgrup­pe angetragen würde, darüber mache er sich keine Gedanken. „Ich habe mich nie nach Ämtern gedrängt, sondern immer versucht, meine Arbeit gut zu machen.“

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Foto: Marcus Merk Hansjörg Durz erzählt von seinen Erfahrunge­n als Bundestags­abgeordnet­er in Berlin.

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