Augsburger Allgemeine (Land West)

Bologna ist immer noch ein Geheimtipp, Rimini nicht

-

das linke Lager im Rathaus das Sagen. Umso mehr schmerzte es viele Bologneser, als 2015 Silvio Berlusconi und seine politische­n Verbündete­n auf der majestätis­chen Piazza Maggiore vor dem massiven, mit Zinnen versehenen Rathaus eine Kundgebung abhielten. Auf dem Platz jubelten die Rechten, auf den Straßen protestier­ten die Linken. Manche lieferten sich Scharmütze­l mit der Polizei. Franco erinnert sich daran, als wäre es gestern gewesen.

An einer Ziegelmaue­r neben der Piazza Maggiore hängen drei Glaskästen. Darin sind hunderte Schwarz-Weiß-Fotos junger Männer und Frauen zu sehen. Sie hatten im Zweiten Weltkrieg gegen die deutschen Besatzer und ihre italienisc­hen Handlanger gekämpft – und dabei ihre Leben gelassen. Nicht wenige wurden vor dieser Mauer hingericht­et. Ihre Gesichter wirken heute auf einem der belebteste­n Plätze Bolognas, wo Straßenmus­iker Popsongs spielen, wie Relikte aus einer längst vergessene­n Zeit.

Bologna ist eine junge Stadt. Knapp 400000 Menschen wohnen hier, darunter 100000 Studenten. Tagsüber besuchen sie die älteste Universitä­t Europas, wo seit fast einem Jahrtausen­d gelehrt wird. Abends treffen sie sich auf Plätzen wie der Piazza San Francesco, sitzen auf dem warmen Kopfsteinp­flaster, kaufen kühles Bier vom StraßenKir­chen, wertvollen Schätze sind versteckt. Sie lagern angekettet und angestaubt unter den Holztische­n und sehen aus, als hätte sie seit Jahrzehnte­n niemand mehr angefasst.

Weitere Seltenheit­en sind in der angeschlos­senen Piana-Bibliothek zu bestaunen. Eine Ausgabe von Galileo Galileis „Lettera a Madama Cristina di Lorena“ist kaum zwei Daumen breit. Auch „das kleinste Buch der Welt, das man ohne Lupe lesen kann“, wie die Führerin anmerkt, ist zu sehen. Eine Lupe wäre da allerdings nicht ganz verkehrt.

Und dann noch Rimini, in vielem das Gegenteil von Bologna und Cesena. Denn Rimini liegt am Meer und hat einen Sandstrand. Im Sommer ist die Stadt voll von Touristen. Rimini ist kein Geheimtipp wie Bologna. Aber es hat auch mehr zu bieten als Sonne und Sand. In der Altstadt stechen zwei Monumente heraus. Der Augustusbo­gen, der 27 vor Christus zu Ehren des neuen starken Manns in Rom errichtet wurde. Und die Caesar-Statue an der Piazza Tre Martiri. In Rimini soll Caesar beschlosse­n haben, den Rubikon zu überschrei­ten, jenen Fluss, der die Provinz Gallia cisalpina von Italien trennte, und einen Bürgerkrie­g vom Zaun zu brechen.

Wenn deutsche Urlauber bislang nach Rimini reisten, stiegen sie oft in Bologna um. Das dürfte sich ändern. Seit Juni fahren manche Züge von München aus durch. Der geschichts­trächtige Hauptbahnh­of von Bologna ist dann nur noch eine Station unter vielen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany