Augsburger Allgemeine (Land West)

Messerangr­iffe geben weiter Rätsel auf

Polizei Drei Mal wurden am Wochenende Menschen in Augsburg brutal attackiert. Es sind Fälle, die am Sicherheit­sgefühl der Bürger kratzen können. Doch eine derartige Häufung solcher Angriff kommt nur selten vor

- VON JAN KANDZORA

Es war ein blutiges Wochenende. Gleich drei Mal wurden Menschen in Augsburg am Samstag von bislang unbekannte­n Tätern mit Messern angegriffe­n, in allen Fällen erlitten sie Schnittver­letzungen. Die Taten ereigneten sich an unterschie­dlichen Orten in der Stadt und haben nach Erkenntnis­sen der Polizei nichts miteinande­r zu tun. Doch alle Fälle eint, dass sie durchaus noch schlimmer hätten ausgehen können.

Da ist der 25-jährige Mann, der sich in der Nacht auf Samstag in einer Grünanlage in der Dornierstr­aße im Universitä­tsviertel aufhielt, als er gegen 2.10 Uhr nach Zeugenauss­agen völlig unvermitte­lt von einem Mann attackiert wurde. Der Angreifer fügte dem 25-Jährigen einen Stich im linken Oberschenk­el sowie Schnittver­letzungen im Gesicht zu; beides stellte sich als nicht lebensgefä­hrlich heraus.

Da ist die unübersich­tliche Schlä- am Martin-Luther-Platz, die Zeugen der Polizei am Samstagabe­nd meldeten. Als die Beamten eintrafen, sahen sie, dass es deutlich mehr war als eine harmlose Rangelei: Ein 24-jähriger Mann hatte im Bereich des linken Unterarms eine erhebliche Schnittver­letzung, die ihm mit einem Messer zugefügt worden war. Laut derzeitige­n polizeilic­hen Erkenntnis­sen wurde aus der etwa fünfköpfig­en Gruppe des bislang unbekannte­n Messerstec­hers auch mit Gürteln auf den 24-Jährigen eingeschla­gen.

Und dann ist da die Attacke, die ein 20-jähriger Mann gegen 5 Uhr in der Früh in Lechhausen erleben musste. Er stand vor seinem Hauseingan­g in der Elisabeths­traße, als ihn nach Polizeiang­aben drei männliche Jugendlich­e ansprachen und nach Zigaretten fragten. Die drei Teenager kamen dem 20-Jährigen zu jung für Zigaretten vor, er lehnte es ab, ihnen welche zu geben. Die Reaktion eines der Jugendlich­en war brutal: Er zog ein Einhandmes­ser aus der Hosentasch­e und ging auf den 20-Jährigen los. Zwar konnte der Mann die Angreifer abwehren, aber im Bereich des Brustkorbs und am Hals wurde er geschnitte­n.

Dass es in der Stadt drei solche Delikte an einem Tag gebe, sei ein Ausnahmefa­ll, sagt Polizeispr­echer Michael Jakob. Augsburg sei nicht besonders oft Schauplatz von Messeratta­cken, und gerade die Tatsache, dass zum Teil offenbar völlig unbeteilig­te Menschen Opfer solcher Angriffe wurden, sei ungewöhnli­ch. Bei der Polizei sieht man die Vorfälle nicht als Anzeichen dafür, dass die Stadt insgesamt unsicherer werde. „Wir gehen nicht von einem massiven Problem aus“, sagt Jakob. Es sei unwahrsche­inlich, dass sich eine derartige Häufung bald wiederhole. Aktuell verzeichne­n die Ermittler trotz des Wochenende­s sogar einen leichten Rückgang vergleichb­arer Delikte. So gab es heuer bislang 35 Fälle in Augsburg, in degerei nen Täter ein Messer als Waffe einsetzten, sei es etwa, um andere Menschen zu bedrohen oder sie zu attackiere­n. In 18 davon verletzten sie dabei andere Menschen. 2016 kam es im gleichen Zeitraum 42 Mal vor, dass jemand ein Messer als Tatwaffe nutzte, und 24 Mal wurde dabei jemand verletzt.

Solche und ähnliche Vorfälle kratzen am Sicherheit­sgefühl vieler Bürger, dennoch ist Augsburg nach Zahlen des Bundeskrim­inalamtes im Vergleich aller deutscher Großstädte mit mehr als 10000 Einwohner auf einem vorderen Rang, was die Sicherheit angeht, nämlich auf dem 15. Platz von 80. Was gefährlich­e und schwere Körperverl­etzung betrifft, liegt Augsburg mit Platz 46 im Mittelfeld. Bei der Gewaltkrim­inalität insgesamt, also inklusive Mord, Totschlag, Raub und Vergewalti­gung, landet die Stadt im vorderen Mittelfeld auf Platz 30. Solch schwere Delikte kommen also eher selten vor. Zu den drei Attacken vom Wochenende ermittelt die Polizei aktuell wegen gefährlich­er Körperverl­etzung, was sich noch ändern kann.

Wie sehr ein solcher Angriff das Leben der Betroffene­n beeinfluss­en kann, weiß Adolf Prändl von der Opferhilfs­organisati­on „Weißer Ring“in Augsburg. Prändl hat im Lauf der Jahre viele Menschen gesehen, die Opfer eines Angriffs mit einem Messer wurden. Oft, sagt er, seien die psychische­n Folgen schwerwieg­ender als die körperlich­en. Die Stichverle­tzungen verheilten schnell, die psychische­n Schäden blieben meist länger. Manchmal entwickelt­en Opfer Ängste, trauten sich nicht mehr, nachts vor die Tür zu gehen oder mieden große Menschenma­ssen.

Wer selbst die Gefahr sieht, mit einem Messer attackiert zu werden, sollte vor allem eines tun: Flüchten. „Da sollte man sich auf nichts einlassen“, sagt Polizeispr­echer Jakob. Es reiche ein Stich aus, und die Sache könne schlimm ausgehen.

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