Augsburger Allgemeine (Land West)
„Die Zusammenarbeit wird zunehmend schwieriger“
Halbzeitbilanz Der Diedorfer Bürgermeister Peter Högg spricht über die Stimmung im Gemeinderat und große Projekte wie den Rathausneubau
Diedorf
Es war ein Wahlkampf, der tiefe Furchen in Diedorf aufgerissen hat: Gleich sieben Kandidaten bewarben sich 2014 um das Amt des Bürgermeisters. Mit seiner neuen Gruppierung „Wir für Diedorf“gelang Peter Högg dann eine kleine Sensation: Mit rund 60 Prozent der Stimmen setzte er sich deutlich gegen alle Mitbewerber durch und wurde im ersten Wahlgang zum Bürgermeister gewählt. Er wollte die Gräben zuschütten und das gute Miteinander wieder herstellen. Doch inzwischen hat sich die gute Stimmung gedreht.
Herr Högg, was stimmt zur Zeit auf zwischenmenschlicher Ebene im Marktgemeinderat Diedorf nicht?
Peter Högg: Vor der Wahl war ja klar, dass sich etwas ändern würde. Trotzdem war ich optimistisch, dass es gut weiterläuft. Es ist allerdings zu erkennen, dass es im Gemeinderat ein Umdenken gibt. Viele Gemeinderäte wollen ein größeres Mitspracherecht, und die Zusammenarbeit ist nicht immer so vertraulich, wie sie sein soll. Zudem stellen einige Gemeinderäte das in den Vordergrund, was vielleicht für sie persönlich wichtig ist, aber für die ganze Gemeinde, sachlich betrachtet, gar nicht so im Vordergrund steht.
Beeinflussen diese Zwischengeräusche auch die gemeinsame Arbeit?
Högg: Es wird zunehmend schwieriger, da gibt es nichts zu beschönigen. Aber ich habe die Hoffnung für die nächsten drei Jahre noch nicht aufgegeben, auch wenn ich manchmal das Gefühl habe, dass wir uns bereits wieder im Wahlkampf befinden. Im Moment fehlt das Zusammenstehen, und da muss sich jeder Gemeinderat auch an die eigene Nase fassen und sich klarmachen, wofür die Bürger ihn gewählt haben. Was war denn bislang das größte Vorhaben in dieser Amtsperiode?
Högg: Das war auf jeden Fall die Sanierung der Kindertagesstätte Herz Mariä. Da war der Markt Diedorf zwar nicht Bauherr, aber mit 1,5 Millionen Euro größter Geldgeber. Übrigens wird die Kinderbetreuung auch in Zukunft ein wichtiges Thema bleiben: Ab September wird es in der Mittagsbetreuung der Grundschule wieder eine Gruppe mehr geben. Eventuell müssen wir deshalb sogar an den bestehenden Hort anbauen.
Zur Kinderbetreuung gehört auch der neue Kindergarten in Willishausen. Ende 2016 wurden die Planungen dazu gestoppt, weil die Kosten mit wohl 3,7 Millionen Euro als zu hoch erschienen. Wie geht es jetzt weiter?
Högg: Wir sind jetzt wieder in der Spur. In diesen Tagen werden die Container für das Provisorium im Ortsteil Oggenhof aufgestellt, das so lange bestehen wird, bis der neue Kindergarten eröffnen kann. So können wir weiterhin jedem Kind einen Betreuungsplatz anbieten. Wir rechnen mit einer Eröffnung am eigentlichen Standort in Hausen im September 2019. Die Kosten sollen diesmal nicht wieder aus dem Ruder laufen. Dass wir nun für die zunächst schiefgelaufenen Planungen etwa 100000 Euro aufbringen und diese an anderer Stelle kompensieren müssen, das ist jetzt eben so. Dafür übernehme ich auch die Verantwortung, die aber nicht als Schuldeingeständnis verstanden werden soll, wir waren vielmehr schlecht beraten.
Und Sie haben ja noch weitere Bauvorhaben, etwa ein neues Rathaus.
Högg: Da hat uns die Fahrt zu anderen Verwaltungszentren im Frühjahr beflügelt. Ich hoffe auf konkrete Planungen in den Jahren 2018/19 und einen Baubeginn spätestens 2020. Dabei geht es vor allem um angemessene und zumutbare Ar- für die Mitarbeiter im Rathaus und einen geeigneten Zugang zu ihrem Verwaltungsgebäude für alle Bürger. Wir müssen uns ein neues Rathaus leisten.
Wie steht die Gemeinde finanziell da?
Högg: Anfang des Jahres lag die ProKopf-Verschuldung noch bei 70 Euro, aber es war schon klar, dass das nicht zu halten ist. Eingeplant ist in diesem Jahr bereits eine eventuelle Kreditaufnahme von einer Million Euro, und nächstes Jahr wird auch richtig ins Geld gehen, da müssen auf jeden Fall neue Kredite aufgenommen werden. Wir sind ein typischer Einkommensteuer-Standort, für Gewerbe und Industrie gibt es momentan wenig Freiflächen.
Das spiegelt sich ja auch im neuen Flächennutzungsplan, der vor allem Platz für Wohnbebauung vorsieht.
Högg: Ganz genau. Und da hat wiederum der Geschosswohnungsbau eine große Bedeutung. In den nächsten Jahren wird die Wohnungsbaugesellschaft des Landkreises etwa 20 Wohneinheiten errichten. Das ist besser als nichts, aber doch nur ein Tropfen auf dem heißen Stein. Deshalb ist auch im Bebauungsplan an der Lindenstraße Geschosswohnungsbau vorgesehen.
Im Wahlkampf gab es noch das Thema eines möglichen Freibads in der Gemeinde. Was ist daraus geworden?
Högg: Meiner Meinung nach verträgt der westliche Landkreis kein weiteres Freibad. Wir hatten drei Jahre lang einen kostenlosen Bäderbus im Sommer nach Kutzenhausen und Fischach angeboten. Da ist aber kaum jemand mitgefahren. In diesem Jahr wird es den Bus nicht mehr geben, Klagen habe ich deswegen noch nicht gehört.
Können Sie persönlich denn klagen? Högg: Ich werde und will nicht jambeitsplätze mern. Wir wollten 2014 die Wahl gewinnen und dann auch noch einmal antreten. Daran hat sich nichts geändert. Und freilich gibt es auch positive Einflüsse. Nach wie vor bin ich begeistert davon und dankbar dafür, wie viele Diedorfer sich für ihre Marktgemeinde ehrenamtlich vielerorts engagieren, beispielsweise in der Flüchtlingsarbeit. Das macht unseren Ort liebenswert.
Interview: Jana Tallevi