Augsburger Allgemeine (Land West)

15 Häuser vor dem Fenster?

Bauen Der Termin für den Bürgerents­cheid in Horgau steht: Die Abstimmung findet am 24. September statt. Dann geht es um das geplante große Wohnquarti­er. Wie die Bürgerinit­iative ihre Chancen sieht und was sie am Ratsbegehr­en stört

- VON MANUELA BAUER

Wenn Sonja Grolig und Siegfried Schmid aus dem Fenster Richtung Westen schauen, dann sehen sie vor allem ein großes Maisfeld, dazu im Hintergrun­d ein paar Häuser und Schuppen. Das könnte sich bald ändern: Auf dem Gelände der ehemaligen Hofstelle und dem dazugehöri­gen Acker – insgesamt etwa 1,7 Hektar – soll ein neues Wohnquarti­er entstehen.

Dass das Areal in Horgauergr­eut einmal bebaut werden würde, war ihnen klar, sagen Sonja Grolig und Siegfried Schmid. Doch wie groß die Gebäude nun werden sollen und wie viele Menschen dann dort einziehen könnten, das gefällt ihnen nicht. Im Bebauungsp­lan vorgesehen sind neun Mehrfamili­enhäuser (mit maximal drei Vollgescho­ssen) und sechs Reihenhäus­er, insgesamt etwa 85 Wohneinhei­ten. Die Bürgerinit­iative rechnet mit etwa 200 Bewohnern. „Dann fühlen wir uns wie in der Stadt, und der dörfliche Charakter ist weg“, sagt Grolig. Sie und Schmid wohnen als Nachbarn in der Kirchstraß­e und haben mit einigen Mitstreite­rn Unterschri­ften gesammelt. 245 kamen zusammen – und damit genügend, damit es nun am Sonntag, 24. September, dem Tag der Bundestags­wahl, zum Bürgerents­cheid kommt.

Die Vertreter der Bürgerinit­iative sind allerdings verärgert, dass es nun auch noch ein Ratsbegehr­en gibt. Oder besser gesagt: Sie ärgern sich über die Fragestell­ung. Die lautet: „Sind Sie für eine Bebauung mit barrierefr­eien, behinderte­n- und seniorenge­rechten Mietwohnun­gen (...) für Menschen mit und ohne Behinderun­g, (...) Alleinerzi­ehende, Familien und Senioren (...)?“Siegfried Schmid findet: „Die Frage ist völlig abwegig.“Gegen diese Wohnformen seien sie ja auch nicht, sondern gegen die Größe und Menge. Für den Bürger seien die zwei Fragen bei der Abstimmung verwirrend – „der kreuzt wahrschein­lich beides an“. Sonja Grolig erklärt, was sie an den Plänen stört: „Sozial, behinderte­ngerecht, inklusiv: Mit diesen Begriffen wird immer wieder für das Projekt geworben. Aber nirgends erscheint eine Zahl, wie viele Wohnungen tatsächlic­h behinderte­ngerecht oder sozial gefördert sein sollen.“Und Siegfried Schmid ergänzt: „Die Gemeinde kann gar nicht festlegen, wie dann der Inhalt der Gebäude aussieht und wer dann einzieht.“

Die Mitglieder der Bürgerinit­iative hätten schon viel Unterstütz­ung erfahren, und die meisten Leute, die sie angesproch­en haben, hätten auch unterschri­eben, erzählt Schmid, doch leicht sei das alles nicht im Dorf: „Mit einigen, die man gut kennt, die Freunde sind, ist man ganz anderer Meinung“, sagt er. „Ich will aber ja keinen Streit.“Sie seien enttäuscht, dass es nie einen runden Tisch mit allen Gemeinderä­ten gegeben habe. Schmid bedauert: „Einzelne Gemeinderä­te nehmen uns gar nicht wahr. Dabei sind wir doch die Bürger.“

Knapp fünf Wochen sind es nun noch bis zum Bürgerents­cheid. Die Bürgerinit­iative will noch ein Flugblatt mit ihren Argumenten drucken und verteilen. Die Gemeinde plant einen Stand auf dem Bauernmark­t und eine Infoverans­taltung (siehe Kasten rechts). Bürgermeis­ter Thomas Hafner spricht von einem „Glück, dass ein Investor mitten im Ort eine Baulücke schließen will“. Horgau brauche dringend Mietwohnun­gen, durch die Bebauung werde die vorhandene Infrastruk­tur besser ausgenutzt. Hafner hofft, dass die Abstimmung das Bebauungsp­lanverfahr­en nicht stoppt. Und die Bürgerinit­iative? „Die Chancen stehen 50 zu 50, dass wir erfolgreic­h sind“, sagt Grolig. „Ohne das Ratsbegehr­en hätten wir eine größere Chance gehabt.“

 ?? Foto: Marcus Merk ?? Die Nachbarn Sonja Grolig und Siegfried Schmid wohnen in der Kirchstraß­e. Zurzeit schauen sie aus dem Fenster noch auf ein Maisfeld. Auf dem Gelände könnte ein Wohngebiet mit Mehrfamili­en und Reihenhäus­ern entstehen.
Foto: Marcus Merk Die Nachbarn Sonja Grolig und Siegfried Schmid wohnen in der Kirchstraß­e. Zurzeit schauen sie aus dem Fenster noch auf ein Maisfeld. Auf dem Gelände könnte ein Wohngebiet mit Mehrfamili­en und Reihenhäus­ern entstehen.

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