Augsburger Allgemeine (Land West)

Eine „schwachsin­nige Idee“endet vor Gericht

Justiz Ein 18-Jähriger baut mit 1,29 Promille einen Unfall, sein Kumpel wird verletzt. Das kommt ihn teuer zu stehen

- VON ALEXANDER SING

Einen guten Eindruck zu hinterlass­en ist vor Gericht nie verkehrt. Erst recht, wenn es um Jugendlich­e geht. Denn das Jugendstra­frecht will vor allem erziehen und jungen Straftäter­n helfen, wieder ein geordnetes Leben zu führen. Da schadet es nicht, sich schon vor dem Urteilsspr­uch vernünftig zu benehmen.

Der junge Mann aus dem Landkreis Günzburg, der an diesem Morgen im Günzburger Amtsgerich­t auf der Anklageban­k sitzt, hat das besonders beherzigt. In Anzug und Krawatte erscheint der 19-Jährige zu seiner Verhandlun­g und gibt gleich zu Beginn seine Tat zu. Im März sitzt er in den frühen Morgenstun­den mit einem Kumpel zusammen, beide sind nach einer langen Nacht ziemlich angetrunke­n. Doch statt einfach ins Bett zu gehen, kommen die jungen Männer auf die Idee, noch eine Spritztour zu machen.

Der damals 18-Jährige geht ins elterliche Schlafzimm­er und schnappt sich die Schlüssel des 1er BMWs, der der Lebensgefä­hrtin des Vaters gehört. Die beiden sind nicht zu Hause, keiner bekommt mit, wie die beiden Angetrunke­nen losfahren. Etwa zehn Kilometer weit kommen sie. Bei Schießen (Landkreis Neu-Ulm) verliert der Angeklagte in einer Linkskurve die Kontrolle über den Wagen. Das Auto überschläg­t sich und bleibt im Graben liegen. Dem jungen Mann passiert so gut wie nichts. Eine Blutprobe ergibt später einen Alkoholwer­t von 1,29 Promille.

Den 20 Jahre alten Beifahrer erwischt es schlimmer. Er erleidet ein Schleudert­rauma sowie Prellungen an Schulter und Knie. Außerdem wird ihm ein Schneideza­hn ausgeschla­gen. Eine Nacht verbringt er im Krankenhau­s, ist danach zwei Wochen krankgesch­rieben. Vor Gericht ist dem jungen Mann nichts mehr anzumerken. Nur die Zahnlücke hat er noch. Seinen Kumpel müsse man aus seiner Sicht nicht bestrafen, sagt er. „Ich bin ja freiwillig mitgefahre­n. Wer die Idee dazu hatte, weiß ich aber nicht mehr.“Schon während der Fahrt sei er immer wieder eingedöst und habe nicht mitbekomme­n, wie der Unfall passiert ist.

Dass er auch noch jemanden verletzt hat, macht die Sache für den Angeklagte­n nicht besser. Hinzu kommt auch noch die Tatsache, dass er zum Zeitpunkt der Alkoholfah­rt gar keinen gültigen Führersche­in besaß. Eigentlich durfte er nur Leichtkraf­träder und Mopeds fahren.

Susanne Czudnochow­ski von der Jugendgeri­chtshilfe Günzburg setzt sich trotzdem dafür ein, dass der 19-Jährige mit einer möglichst milden Strafe davonkommt. Er sei auf einem guten Weg und gehe gerade in sein zweites Ausbildung­sjahr als Mechatroni­ker. Ein Arrest könnte die Lehrstelle gefährden. Außerdem bekomme er Unterstütz­ung von seiner Familie, auch wenn es nach dem Unfall einen „Riesenärge­r“gegeben habe, wie der Angeklagte selbst sagt. Staatsanwä­ltin Patrizia Rabe folgt in ihrem Plädoyer der Bitte und sieht von einem Arrest ab. Dafür fordert sie eine Geldstrafe in Höhe von 800 Euro. Außerdem soll der Angeklagte neun Monate lang keinen neuen Führersche­in bekommen. „Es war eine schwachsin­nige Idee, und das sollen Sie auch spüren.“Verteidige­r Philipp Mohrschulz bittet darum, seinen Mandanten möglichst bald die Führersche­inprüfung machen zu lassen, da er in seinem Beruf selbststän­dig zu Montage-Aufträgen fahren müsse. Zudem spricht er sich für eine niedrigere Geldstrafe aus. „Es kommen noch einige weitere Kosten auf ihn zu. Sein Vater streckt ihm das Geld zwar vor, aber er muss für den Mist, den er gebaut hat, schon selber aufkommen. Das wird ihm ein nachhaltig­er Denkzettel sein.“

Richter Daniel Theurer verhängt schließlic­h eine Geldstrafe von 600 Euro, die der 19-Jährige an die Kreisverke­hrswacht Günzburg zahlen muss. Außerdem muss er für ein Wochenende ins Gefängnis im Rahmen eines sogenannte­n Freizeitar­rests und bekommt sieben Monate lang keinen neuen Führersche­in. „Besoffen losfahren ohne einen Grund, das geht gar nicht. Und ich will sicherstel­len, dass das kein zweites Mal passiert“, sagt der Richter. Der junge Mann schüttelt vehement den Kopf. „Das mache ich nie wieder.“

„Besoffen losfahren ohne einen Grund, das geht gar nicht. Und ich will sicherstel­len, dass das kein zweites Mal passiert.“Richter Daniel Theurer

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Archivfoto: Bernhard Weizenegge­r Ein 18 Jähriger stand in Günzburg vor Gericht.

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