Augsburger Allgemeine (Land West)
Eine „schwachsinnige Idee“endet vor Gericht
Justiz Ein 18-Jähriger baut mit 1,29 Promille einen Unfall, sein Kumpel wird verletzt. Das kommt ihn teuer zu stehen
Einen guten Eindruck zu hinterlassen ist vor Gericht nie verkehrt. Erst recht, wenn es um Jugendliche geht. Denn das Jugendstrafrecht will vor allem erziehen und jungen Straftätern helfen, wieder ein geordnetes Leben zu führen. Da schadet es nicht, sich schon vor dem Urteilsspruch vernünftig zu benehmen.
Der junge Mann aus dem Landkreis Günzburg, der an diesem Morgen im Günzburger Amtsgericht auf der Anklagebank sitzt, hat das besonders beherzigt. In Anzug und Krawatte erscheint der 19-Jährige zu seiner Verhandlung und gibt gleich zu Beginn seine Tat zu. Im März sitzt er in den frühen Morgenstunden mit einem Kumpel zusammen, beide sind nach einer langen Nacht ziemlich angetrunken. Doch statt einfach ins Bett zu gehen, kommen die jungen Männer auf die Idee, noch eine Spritztour zu machen.
Der damals 18-Jährige geht ins elterliche Schlafzimmer und schnappt sich die Schlüssel des 1er BMWs, der der Lebensgefährtin des Vaters gehört. Die beiden sind nicht zu Hause, keiner bekommt mit, wie die beiden Angetrunkenen losfahren. Etwa zehn Kilometer weit kommen sie. Bei Schießen (Landkreis Neu-Ulm) verliert der Angeklagte in einer Linkskurve die Kontrolle über den Wagen. Das Auto überschlägt sich und bleibt im Graben liegen. Dem jungen Mann passiert so gut wie nichts. Eine Blutprobe ergibt später einen Alkoholwert von 1,29 Promille.
Den 20 Jahre alten Beifahrer erwischt es schlimmer. Er erleidet ein Schleudertrauma sowie Prellungen an Schulter und Knie. Außerdem wird ihm ein Schneidezahn ausgeschlagen. Eine Nacht verbringt er im Krankenhaus, ist danach zwei Wochen krankgeschrieben. Vor Gericht ist dem jungen Mann nichts mehr anzumerken. Nur die Zahnlücke hat er noch. Seinen Kumpel müsse man aus seiner Sicht nicht bestrafen, sagt er. „Ich bin ja freiwillig mitgefahren. Wer die Idee dazu hatte, weiß ich aber nicht mehr.“Schon während der Fahrt sei er immer wieder eingedöst und habe nicht mitbekommen, wie der Unfall passiert ist.
Dass er auch noch jemanden verletzt hat, macht die Sache für den Angeklagten nicht besser. Hinzu kommt auch noch die Tatsache, dass er zum Zeitpunkt der Alkoholfahrt gar keinen gültigen Führerschein besaß. Eigentlich durfte er nur Leichtkrafträder und Mopeds fahren.
Susanne Czudnochowski von der Jugendgerichtshilfe Günzburg setzt sich trotzdem dafür ein, dass der 19-Jährige mit einer möglichst milden Strafe davonkommt. Er sei auf einem guten Weg und gehe gerade in sein zweites Ausbildungsjahr als Mechatroniker. Ein Arrest könnte die Lehrstelle gefährden. Außerdem bekomme er Unterstützung von seiner Familie, auch wenn es nach dem Unfall einen „Riesenärger“gegeben habe, wie der Angeklagte selbst sagt. Staatsanwältin Patrizia Rabe folgt in ihrem Plädoyer der Bitte und sieht von einem Arrest ab. Dafür fordert sie eine Geldstrafe in Höhe von 800 Euro. Außerdem soll der Angeklagte neun Monate lang keinen neuen Führerschein bekommen. „Es war eine schwachsinnige Idee, und das sollen Sie auch spüren.“Verteidiger Philipp Mohrschulz bittet darum, seinen Mandanten möglichst bald die Führerscheinprüfung machen zu lassen, da er in seinem Beruf selbstständig zu Montage-Aufträgen fahren müsse. Zudem spricht er sich für eine niedrigere Geldstrafe aus. „Es kommen noch einige weitere Kosten auf ihn zu. Sein Vater streckt ihm das Geld zwar vor, aber er muss für den Mist, den er gebaut hat, schon selber aufkommen. Das wird ihm ein nachhaltiger Denkzettel sein.“
Richter Daniel Theurer verhängt schließlich eine Geldstrafe von 600 Euro, die der 19-Jährige an die Kreisverkehrswacht Günzburg zahlen muss. Außerdem muss er für ein Wochenende ins Gefängnis im Rahmen eines sogenannten Freizeitarrests und bekommt sieben Monate lang keinen neuen Führerschein. „Besoffen losfahren ohne einen Grund, das geht gar nicht. Und ich will sicherstellen, dass das kein zweites Mal passiert“, sagt der Richter. Der junge Mann schüttelt vehement den Kopf. „Das mache ich nie wieder.“
„Besoffen losfahren ohne einen Grund, das geht gar nicht. Und ich will sicherstellen, dass das kein zweites Mal passiert.“Richter Daniel Theurer