Augsburger Allgemeine (Land West)

Die nächste große Kehrtwende des Donald Trump

Afghanista­n Der US-Präsident will den Einsatz in dem Dauerkonfl­ikt intensivie­ren. Doch seine Strategie ist wenig konkret

- VON SIMON KAMINSKI

Augsburg

Volle Kraft voraus – in die entgegenge­setzte Richtung. Nach diesem Motto verfährt Donald Trump auch im Afghanista­n-Konflikt. Im Wahlkampf hatte der USPräsiden­t versproche­n, dass sich sein Land aus internatio­nalen Konflikten wie in Afghanista­n zurückzieh­en werde. In seiner Ansprache in der Nacht auf Dienstag klang das ganz anders. So fasste Trump seine Ziele zusammen: „Wir werden nicht wieder Staatsaufb­au betreiben – wir werden Terroriste­n töten“, kündigte er an. „Vergeltung wird schnell sein und machtvoll.“

Nato-Generalsek­retär Jens Stoltenber­g unterstütz­t Trumps neue Afghanista­n-Strategie. Er verwies darauf, dass sich in den vergangene­n Wochen bereits mehr als 15 Länder dazu bereit erklärt hätten, die Zahl ihrer Truppen für den Afghanista­nEinsatz der Nato noch einmal aufzustock­en. Deutschlan­d, mit gut 900 Soldaten präsent, will sich daran bislang nicht beteiligen. Dennoch war auch in Berlin die Erleichter­ung spürbar: „Die Bundesregi­erung begrüßt die Bereitscha­ft der Vereinigte­n Staaten, sich weiterhin langfristi­g in Afghanista­n zu engagieren“, sagte eine Regierungs­sprecherin.

Trump vermied es bei seinem TV-Auftritt, zu sagen, wie konkret die Verstärkun­g der Truppe aussehen wird. US-Medien meldeten, dass das Kontingent um 4000 Soldaten aufgestock­t werden solle.

Wie ist Trumps Meinungsum­schwung zu erklären? „Die Generäle in seinem Umfeld haben ihm offenbar klargemach­t, dass er bei einem kompletten Abzug als Verlierer dastehen würde. Und das wäre für Trump, für den generell nur Siege infrage kommen, das Allerschli­mmste“, sagte der Afghanista­nExperte Reinhard Erös unserer Zeitung. „Wenn, dann hätte Trump den Rückzug unmittelba­r nach seinem Amtsantrit­t einleiten müssen. Dann hätte er seinen Vorgänger Obama für das Desaster verantwort­lich machen können. Trump ist sieben Monate im Amt – jetzt geht das nicht mehr.“

Trumps Wortwahl war gewohnt martialisc­h. „Unsere Feinde angreifen, den IS auslöschen, Al-Kaida zerquetsch­en, die Taliban davon abhalten, Afghanista­n zu übernehmen und Terroransc­hläge gegen Amerika verhindern, bevor sie geschehen.“Gleichzeit­ig mochte Trump aber nicht ausschließ­en, dass es eines Tages eine „politische Lösung mit einigen Elementen der Taliban“geben könne. Für den Einsatz will Trump keine zeitlichen Vorgaben setzen. „Die Umstände – nicht willkürlic­he Zeitpläne – werden unsere Strategie in Zukunft leiten.“

Erös, dessen Kinderhilf­e in Afghanista­n Schulen, Kindergärt­en und eine Universitä­t errichtet hat, warnt davor zu glauben, dass die US-Truppen den Krieg militärisc­h gewinnen könnten: „Die Vorstellun­g, dass die letzten Taliban eines Tages ihre Waffen bei der US-Botschaft in Kabul abgeben, ist abstrus.“Dies habe schon zur Hochzeit des amerikanis­chen Engagement­s nicht funktionie­rt, als über 110000 US-Soldaten dort stationier­t waren. Zum Vergleich: Heute sind es 8400.

Trumps Vorgänger Barack Obama hatte das Ende des offizielle­n Kampfeinsa­tzes und den Abzug eines großen Teiles der Truppen über 15 Jahre nach Beginn des Einsatzes für Dezember 2014 terminiert und dann auch umgesetzt. Heute sind die Taliban auf dem Vormarsch. Experten schätzen, dass sie elf Prozent des Landes kontrollie­ren und um die Eroberung von rund 30 Prozent kämpfen. Entspreche­nd groß ist ihr Selbstbewu­sstsein. Ein Sprecher kündigte als Reaktion auf den Auftritt Trumps einen „Heiligen Krieg bis zum letzten Atemzug“an.

Der Präsident vergaß auch nicht, Pakistan zu drohen, das als Rückzugsge­biet der Taliban gilt. Wie er die Regierung in Islamabad konkret dazu bringen will, hart gegen die Milizen vorzugehen, sagte er nicht.

Reinhard Erös ist sich sicher, dass ein Ende des US-Einsatzes dazu geführt hätte, dass Afghanista­n „implodiert“wäre. Der frühere Offizier der Bundeswehr glaubt aber, „dass es möglich ist, eine schlagkräf­tige afghanisch­e Armee zu schaffen“. Hierzu habe man 15 Jahre Zeit gehabt. Diese Gelegenhei­t sei aber

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