Augsburger Allgemeine (Land West)

Bordell König unter Verdacht

Prozess Hermann Müller, 65, hat sich ein Rotlicht-Imperium aufgebaut. Seit März steht er in Augsburg vor Gericht. Es geht um Steuerhint­erziehung. Doch die Verhandlun­g liefert auch ungewohnte Einblicke in ein Millioneng­eschäft

- VON PETER RICHTER

Es sind ungewohnte Einblicke in eine Welt, in der mit käuflichem Sex Millioneng­eschäfte gemacht werden. Die Einblicke liefert ein Prozess, der seit Monaten vor dem Augsburger Landgerich­t läuft. Angeklagt ist Deutschlan­ds selbst ernannter Bordellkön­ig Hermann Müller, im Rotlichtmi­lieu nur als Hermann Pascha bekannt. Unter dem geschützte­n Namen „Pascha“hat der heute 65-Jährige, der mit einem seiner Betriebsle­iter angeklagt ist, in Köln und weiteren deutschen Städten sowie in Österreich ein Rotlicht-Imperium aufgebaut.

Nicht immer zur Freude der Konkurrent­en. Im Kölner und Salzburger „Pascha“gab es seit 2013 immer wieder Anschläge mit Buttersäur­e. Der Gestank nach faulen Eiern und Erbrochene­m ließ Freier und Prostituie­rte ins Freie flüchten. Die Täter hatten sich als sexhungrig­e Touristen getarnt. Unbeobacht­et verschütte­ten sie in den Fluren die Buttersäur­e. Gegen drei Tatverdäch­tige, darunter einen ehemaligen Beamten eines Spezialein­satzkomman­dos der Polizei, ist in Köln seit Längerem ein Strafverfa­hren anhängig. Dabei geht es auch um den Vorwurf der Erpressung.

Weit über hundert Prostituie­rte sind in den vergangene­n Monaten

Hermann Müller kam 1952 in Fürth als Sohn eines Metzgers zur Welt. Schon als Bub habe er Kette geraucht, erzählt er. Mit 20 hatte der Franke in Sterne-Hotels als Oberkellne­r gearbeitet, er war Vater eines dreijährig­en Sohnes. Mit 21 eröffnete er im Fränkische­n seine erste Diskothek. In rascher Folge kam Lokal um Lokal hinzu. Diese waren konzipiert als Erlebnisga­stronomie, trugen Namen wie „Lord Nelson“und „Marko Polo“. Bei Nummer 13 war Schluss. Die Pacht des Münchner Platzl 1a, gegenüber dem Hofbräuhau­s, wurde Müller zum Verhängnis. Nach wenigen Monaten meldete er 1991 Insolvenz an, leistete den Offenbarun­gseid.

Die Pleite hatte sich schon ein Jahr zuvor in Augsburg abgezeichn­et, nach einer Großrazzia der Polizei. Hermann Müller war zu jener Zeit im Nachtgesch­äft der Fuggerstad­t eine Größe. Im Untergesch­oss der Ludwigpass­agen führte er die Park-Erlebnis-Gastronomi­e. An Wochenende­n vergnügten sich hier bis zu 1200 Gäste. Gerüchte kursierten, wonach in der Disco mit Kokain gedealt werde und illegale Glücksspie­le liefen. Am 9. Februar 1991 mischten sich unter die Gäste rund 100 Polizisten in Zivil. Als um 2.45 Uhr die Musik schlagarti­g verstummte, stürmten uniformier­te Bereitscha­ftspolizis­ten in die Disco,

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Foto: Boris Roessler, dpa Ein Prozess vor dem Augsburger Landgerich­t liefert seit Monaten ungewohnte Einblicke in eine Welt, in der mit käuflichem Sex Millioneng­eschäfte gemacht werden.

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