Augsburger Allgemeine (Land West)
Angler werden Freunde
Urlaubserinnerungen Lustiges Missverständnis eines Neusässers am Plattensee
Landkreis Augsburg In diesem Sommer sammeln wir die unvergesslichen Urlaubserinnerungen unserer Leser. Ob es sich dabei um einen aktuellen Urlaub handelt oder um eine Begebenheit, die bereits mehrere Jahre zurückliegt, ist egal. Mitmachen lohnt sich: Unter allen Teilnehmern werden zehn AZ-Liegestühle verlost. Heute erzählt Josef
Pfister aus Neusäß von einem Urlaub, den er nicht vergisst:
„Als begeisterter Angler war der Plattensee in Ungarn für uns Camper ein beliebtes Urlaubsziel. Beim Angeln gesellte sich ein ungarischer ,Frühaufsteher‘ zu mir. Wir kamen ins Gespräch. Sein ,Deutsch‘ war noch mangelhafter als mein verblichenes ,Magyarok‘. Als er vernahm, dass ich aus der Nähe von Augsburg komme, griff er sich spontan an die Stirn, wie eine Erinnerung abrufend, und kritzelte mit seinem Zeigefinger die Zahl 955 in den feuchten Ufersand. Nach Anerkennung heischend, tippte er ein paar Mal mit dem Finger darauf und rief: „Lechle, Lechle!“Sofort war mir klar, dass er damit auf die Hunnenschlacht auf dem Lechfeld bei Augsburg verwies. Durch deren damaliges „Zusammentreffen“fühlten wir uns anscheinend verbunden und waren uns symphatisch geworden, obwohl unsere Verständigung nicht gerade fließend war. Doch so viel konnte ich mir zusammenreimen: Er heißt Szoltan, kommt aus Budapest und macht hier in Révfülöp Urlaub – zusammen mit seiner Frau, die als Lehrerin Deutsch unterricht.
Über unsere Unterhaltung habe ich beinahe vergessen, dass an meiner Angel ein Fisch angebissen hatte. Es war ein prächtiger Weißfisch, nicht gerade die Beute, auf die ich gehofft habe. Szoltan war ein dankbarer Abnehmer. Schmunzelnd trottete er damit zu seinem Zelt.
Ungewöhnlich spät ging ich am nächsten Vormittag zum Fischen. Szoltan war bereits vor mir am Wasser. Verlegen schaute er mich an und tat so, als wenn ich ihn um weiß Gott welche unmögliche Gefälligkeit gebeten hätte. Mit Ruderbewegung beider Arme habe ich ihn jetzt direkt genötigt: „Komm mit, Gummiboot holen!“Kopfschüttelnd machte er sich davon, um mir im Umschauen auch noch vorwurfsvolle Blicke zuzuwerfen. Wie jetzt?! Tags zuvor führst du mit ihm eine nette Unterhaltung, schenkst ihm einen Fisch und dann so was?!
Es dauerte kaum eine halbe Stunde, als der Magyar mit seiner Frau herkam. Schon von Weitem winkte er mir mit einer Weinflasche zu. Stolz stellte Szoltan mir seine Ilonka vor. Ihr Gelächter und Geplapper hat mich erstaunt. Endlich hatte Ilonka sich gesammelt und bedeutete, ein Missverständnis aufklären zu müssen. Sie gab zu verstehen, um was es ging: Ganz verwirrt habe ihr Szoltan von unserer angeregten Unterhaltung berichtet. Als ich ihn jedoch aufgefordert habe, mit mir mitzugehen, um mein Gummiboot zu holen, hat ihn das ganz verlegen gemacht. Er konnte nicht verstehen, warum ich ihn mit einem Gummiknüppel drohte, denn im Ungarischen heißt „bot“– „Stock“. Unser Gelächter war so lautstark, dass uns die umstehenden Badegäste ganz erstaunte Blicke zuwarfen.
Ich habe die beiden zu mir eingeladen. Mit fortschreitender Unterhaltung musste Ilonka kaum noch dolmetschen. Auch meine Frau konnte inzwischen mit Händen und Füßen gestikulierend, zu dieser feucht-fröhlichen „völkerverbindenden Verständigung“beitragen. Schade, dass wir uns schon am nächsten Tag verabschieden mussten. Ein vereinbartes Wiedersehen ist leider nicht mehr zustande gekommen.