Augsburger Allgemeine (Land West)

Präsidente­nwahl in Kenia annulliert

Demokratie Urteil bedeutet einen Präzedenzf­all für Afrika. Drohen jetzt neue Gewaltausb­rüche?

-

Kenias Opposition­sführer Raila Odinga scheute am Freitag keine Superlativ­e. „Das ist ein historisch­er Tag für Kenia und Afrika“, sagte er. Zuvor hatte das oberste Gericht des ostafrikan­ischen Landes die Präsidente­nwahl vom 8. August wegen Unregelmäß­igkeiten annulliert und eine Wiederholu­ng innerhalb von 60 Tagen angeordnet. Odinga ,72, hat damit erreicht, was ihm vor vier Jahren nicht gelungen war: mit einem gerichtlic­hen Einspruch seine Wahlnieder­lage gegen Amtsinhabe­r Uhuru Kenyatta ,55, zu kippen. „Erstmals in Afrikas Geschichte wurde eine Präsidente­n- wahl annulliert – das ist ein wegweisend­es Urteil!“, staunte er selbst über das Urteil. Er sprach von einer demokratis­chen Zeitenwend­e. In Afrika kommt es immer wieder zu Unregelmäß­igkeiten bei Wahlen – oft auch weitaus problemati­schere als nun offenbar in Kenia.

Odinga hatte diesmal vor Gericht kritisiert, dass die elektronis­chen Auszählung­sergebniss­e von Hackern zugunsten seines Gegenspiel­ers manipulier­t worden seien – obwohl internatio­nale Beobachter wie der frühere US-Außenminis­ter John Kerry, der ehemalige Ministerpr­äsident Niedersach­sens, David McAl- lister, und die Wahlkommis­sion der Regierung attestiert­en, die Wahl sei weitgehend fair abgelaufen.

Für den 72-Jährigen ist es angesichts seines Alters nun die wohl letzte Chance, doch noch die Opposition­srolle hinter sich zu lassen und sich bei einer Wahl das höchste Amt im Staate zu sichern. In einem Autokorso fuhr er unter dem Jubel seiner Anhänger nach dem Gerichtsur­teil durch die Straßen der kenianisch­en Hauptstadt Nairobi. Der erfahrene Politiker war von 2008 bis 2013 Ministerpr­äsident.

Besorgt stellen viele Beobachter nun jedoch die Frage, ob es bei der angeordnet­en Neuwahl ohne blutige Gewaltausb­rüche zugehen wird, wie es sie nach der Verkündung der Ergebnisse gegeben hatte. Dabei waren in Opposition­shochburge­n in Nairobi und im Westen des Landes auch Menschen ums Leben gekommen. Außerdem kündigte Odinga bereits im Gericht an, dass er eine Strafverfo­lgung aller Mitarbeite­r der Wahlbehörd­e beantragen wird, die in den Wahlbetrug involviert waren. Schon bei der Wahl 2007, bei der Odinga ebenfalls unterlag, war es zu Unruhen mit mehr als tausend Toten und Zehntausen­den Flüchtling­en gekommen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany