Augsburger Allgemeine (Land West)

Das Ende einer Liebe

Eishockey Die Ultragrupp­ierung „Augsburg 98“hat sich aufgelöst. Sie legte großen Wert auf Tradition und lehnte die zunehmende Kommerzial­isierung des Sports ab. Es gab aber noch andere Gründe für den Entschluss

- VON NIKO PFANNENMÜL­LER

Der Internetau­ftritt der ehemaligen Ultragrupp­ierung „Augsburg 98“ist spärlich. Schnell liest man sich über einen Zehnzeiler, der das Ende der Gruppe bekannt gibt. Ansonsten: Keine Informatio­nen, Bilder oder Berichte. Nichts, was auf die Gründe der Auflösung schließen lassen könnte.

In einer Stellungna­hme vom November 2016 hatte sich der Schlussstr­ich erstmals angekündig­t. Dort hieß es: „Die Art und Weise, wie sich die Schraube der Repression, der Kommerzial­isierung und der Eventgedan­ke im Eishockey in immer utopischer­e Höhen dreht, lässt uns als Gruppe keine andere Möglichkei­t mehr, als sämtliche organisier­te Unterstütz­ung der Profimanns­chaft des Augsburger Eislaufver­eins ab sofort einzustell­en.“

Leonardo Conti, Marketings­pezialist der Panther und Mitglied des Fanbeirats, ist dankbar um die Stimmung, die von „Augsburg 98“ausging. 19 Jahre hatten die Ultras den Augsburger EV begleitet. Hatten für imposante Choreograf­ien gesorgt und für lautstarke Unterstütz­ung – ob im Curt-Frenzel-Stadion oder auswärts. Besonders in Erinnerung geblieben ist eine Choreograf­ie aus dem September 2015, mit der die Fans der verstorben­en Vereinsleg­ende Paul Ambros gedachten.

„Nichtsdest­otrotz haben sie andere Vorstellun­gen vom Eishockeys­port“, sagt Conti. Besonders in Bezug auf das Spannungsv­erhältnis zwischen Tradition und Eventisier­ung. Contis oberstes Interesse ist, dass die Panther wettbewerb­sfähig bleiben. „Es gibt so viele Angebote in der Stadt Augsburg wie Kinos oder Konzerte, mit denen wir konkurrier­en müssen.“

Der Ultra-Gruppierun­g war das, was sie Profitstre­ben nennen, ein Dorn im Auge. „In Augsburg gibt es ein sehr traditions­bewusstes Publikum, es wird ja auch noch vom AEV geredet“, sagt auch Stephan Praschl, Vorsitzend­er des Fanbeirats, bestehend aus den Fanklub-Vorsitzend­en und Conti.

Ursachen für die Auflösung waren neben den kommerziel­len Meinungsve­rschiedenh­eiten aber auch gesetzlich­e Vorschrift­en. Zum Beispiel Brandschut­zmaßnahmen, die Planen und Entwerfen von größeren Choreograf­ien erschwerte­n. Conti weist darauf hin, dass die Augsburger Panther nicht alles untersagt hätten. „Choreograf­ien durften im Einzelfall auch mal größer sein, als erlaubt“, sagt Conti. Aber beispielsw­eise der Einsatz von Wunderkerz­en, der früher im noch offenen Stadion gestattet war, sei nicht mehr realisierb­ar.

Conti betont, dass der Verein noch immer Kontakte zu alten „Augsburg 98“-Mitglieder­n pflegt. Einige Ehemalige seien noch im Fanklub „Fuggerstad­tkollektiv“tätig. „Es liegt nicht in unserer Hand, etwas zu formen. Aber ich bin guter dass sich die Fanklubs kurzschlie­ßen und auch in Zukunft für Stimmung und Choreograf­ien sorgen“, erzählt Conti zuversicht­lich.

Stephan Praschl wird auch in Zukunft mit einigen ehemaligen Ultras zu tun haben. Zusätzlich zu seinem Amt im Fanbeirat ist er Vorsitzend­er im „Fuggerstad­tkollektiv“. Er geht davon aus, dass aus dem Umfeld von „Augsburg 98“weiterhin „fähige Fans“die Stimmung im Stadion mitentfach­en. Generell sieht er für die Atmosphäre in der kommenden Saison nicht schwarz. Auch die Umsetzung von Choreograf­ien soll weiter gehen. „Im Rahmen des Fanbeirats sollen da die Gespräche stattdas finden. Es bedarf kreativer Leute und eines roten Fadens, aber es wird Zeit brauchen, bis sich etwas entwickelt.“

Zu einem weiteren Nackenschl­ag für das Fortbesteh­en der Ultras, wurde auch das Testspiel zwischen Kaufbeuren und den Augsburger Panthern im August 2016. Schlagzeil­en machte damals weniger das Treiben auf dem Eis, sondern außerhalb. Augsburger und Kaufbeurer Fans gingen aufeinande­r los. Es folgten Stadionver­bote, die der Ultragrupp­ierung zu schaffen machten. Auf der einen Seite wegen des fallenden Ansehens, auf der anderen wegen des plötzliche­n Mitglieder­Dinge, mangels in ihren Reihen. „Im Fußball-Ultra-Kreis gibt es einen viel größeren Pool an Leuten. Im Eishockey nicht. Durch die Stadionver­bote fielen zusätzlich schon mal viele weg“, merkt Praschl an. Er schätzt die Mitglieder­zahl der ehemaligen Gruppe auf 40, hinzukomme­n noch einige aus dem Dunstkreis. Zudem hätten viele Mitglieder „Augsburg 98“schlicht deshalb verlassen, weil sie älter wurden und Familien gründeten. „Beides lässt sich schwer vereinbare­n“, meint Praschl.

Auf Anfrage unserer Zeitung, wollten sich Mitglieder von „Augsburg 98“nicht äußern.

 ?? Foto: Siegfried Kerpf ?? Eine der vielen Choreograf­ien von „Augsburg 98“. Hier zu Ehren der verstorben­en Vereinsleg­ende Paul Ambros im Jahr 2015.
Foto: Siegfried Kerpf Eine der vielen Choreograf­ien von „Augsburg 98“. Hier zu Ehren der verstorben­en Vereinsleg­ende Paul Ambros im Jahr 2015.

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