Augsburger Allgemeine (Land West)
Er radelte schon immer zu seinen Auftraggebern
Mang hat weder Führerschein noch Auto. Schon immer, erzählt der selbstständige Handwerker, radelte er zu seinen Auftraggebern. Farbkübel und Co. ließ er sich zu den Baustellen liefern. Mang gondelte auf dem Drahtesel durch die Augsburger Region zu den Kunden, auch bis nach Aichach. „Ich habe nie mein Bike aus den Augen gelassen, habe es immer abgesperrt“, beteuert er. Wie auch am 28. Juli vor einem Thai-Imbiss in der Ulmer Straße.
Mang wollte was zu essen holen, fand allerdings nichts zum Anketten. Er verzurrte das dicke Ringschloss am E-Bike ineinander. Keine zehn Minuten später war sein Rad schon weg. Der Imbissbesitzer fuhr noch mit ihm im Auto die Hausblöcke ab. Sie hofften, den Dieb zu finden. Ohne Erfolg. „Ich glaube nicht, dass es weggetragen wurde. „Da ist jemand gezielt herumgefahren und hat es eingeladen.“Mit Kaufvertrag und Rahmennummer ging er sofort zur Polizei und erstattete Anzeige.
Wie wahrscheinlich es ist, ein gestohlenes Fahrrad zurückzubekommen, kann man nicht sagen, meint Michael Jakob, Sprecher des Polizeipräsidiums Schwaben-Nord. „Das hängt davon ab, ob das Fahrrad nur entwendet wurde, um mal kurz von A nach B zu fahren, oder ob es dauerhaft gestohlen wurde.“Laut Einschätzung eines Sachbearbeiters im Präsidum werde vielleicht jedes zehnte als entwendet angezeigte Rad irgendwo gefunden. Fundräder kommen beim Fundamt der Stadt unter. „Von der Polizei werden nur Räder aufbewahrt, die im Rahmen eines Strafverfahrens sichergestellt wurden.“
Im vergangenen Jahr wurden im Stadtgebiet knapp 1300 Fahrräder als gestohlen gemeldet. Davon kamen 1150 auf öffentlichem Grund abhanden. Besonders gerne schla- gen Täter an Orten zu, an denen viele Räder abgestellt werden, wie etwa am Bahnhof. Bis Ende August wurden in diesem Jahr laut Jakob knapp 1000 Taten angezeigt. Er spricht von bislang leicht erhöhten monatlichen Durchschnittszahlen.
Hinter dem Diebstahl von teuren Rädern stecken meist organisierte Gruppen, sagt Jakob. Sie bringen das Diebesgut überwiegend ins Ausland. E-Bikes wie das von Armin Mang seien bei den Kriminellen beliebt. „Allein weil E-Bikes teurer als herkömmliche Räder sind, haben Diebe beim Weiterverkauf eine größere Gewinnspanne.“Noch werden meistens Fahrräder ohne ElektroAntrieb gestohlen. „Aber nur, weil noch nicht so viele E-Bikes im Umlauf sind. Das wird sich im Lauf der nächsten Jahre ändern“, ist der Polizeisprecher überzeugt. Er appelliert an Fahrradfahrer, ihr Rad immer abzusperren. „Idealerweise sollte es mit einem hochwertigen Schloss an eine Halterung gekettet werden, damit es nicht weggetragen werden kann.“
Armin Mang ist derzeit in einer finanziell prekären Situation. Er kann sich auch kein neues Fahrrad leisten. Der 55-Jährige hatte nämlich vor einem Jahr einen Bandscheibenvorfall erlitten. Er musste sein Kleinunternehmen abmelden. „Ich habe momentan kein geregeltes Einkommen und bekomme deshalb von der Bank keinen Kredit.“Unlängst sei er mit dem Bus zu einer Baustelle nach Leitershofen gefahren. Für ihn sei das aber umständlich. „Das war eine Katastrophe. Zehn vor 18 Uhr fuhr schon der letzte Bus zurück.“
Kurzzeitig aber hatte er neulich Hoffnung. In unserer Zeitung las Mang von einem sichergestellten Fahrrad der Marke Kreidler. Die Beschreibung klang nach seinem. „Ich fragte bei der Polizei nach. Leider war es ein Damenrad.“Polizeisprecher Jakob hat einen Tipp, wie man sich im Internet selbst auf die Suche begeben kann. „Recherchen auf Plattformen wie Ebay können sinnvoll sein. Vielleicht erkennt der Geschädigte sein Fahrrad, das dort zum Kauf angeboten wird.“Dies sei schon vorgekommen, „ist allerdings eher die Ausnahme“. Die Polizei selbst baue größtmöglichen Ermittlungsund Fahndungsdruck auf, betont Jakob. Auf jeder Polizeidienststelle gebe es Sachbearbeiter, die sich schwerpunktmäßig um Fahrraddiebstähle kümmern. „Die Polizei bagatellisiert dieses Phänomen nicht.“