Augsburger Allgemeine (Land West)

Fahrverbot für aggressive­n Brummifahr­er

Justiz Eine lang gezogene Linkskurve war bei dem Prozess von zentraler Bedeutung. Wie die Verteidigu­ng bis zuletzt versucht, eine Verurteilu­ng abzuwenden

-

Donauwörth/Augsburg

Eine lang gezogene Linkskurve spielte bei dem Prozess gegen einen 29-jährigen Lastwagenf­ahrer vor dem Augsburger Amtsgerich­t eine zentrale Rolle. Der Angeklagte soll im Mai des vergangene­n Jahres auf der Bundesstra­ße 2 auf Höhe Donauwörth zunächst einem Kollegen den ausgestrec­kten Mittelfing­er gezeigt und ihn dann zu einer Vollbremsu­ng gezwungen haben. Zudem wird ihm vorgeworfe­n, gegen das Führerhaus eines weiteren Lastwagenf­ahrers Gegenständ­e geworfen zu haben.

Ein zweiter Verhandlun­gstag wurde notwendig, weil Verteidige­r Andreas Riedl die Zeugenauss­agen der beiden Opfer für nicht glaubwürdi­g hielt. Und damit kam die besagte Linkskurve ins Spiel. Der Brummifahr­er des ersten Vorfalls bezeugte nämlich, dass er gesehen habe, wie die Gegenständ­e aus der Seitensche­ibe des Beschuldig­ten geworfen wurden. Daran zweifelt Riedl: „Der Zeuge befand sich allerdings mindestens 100 Meter hinter den beiden Lastwagen. Zudem ge- der zweite Vorfall auf Höhe der Ausfahrt Biberbach. Diese liegt in einer Linkskurve. Wir haben also erhebliche Zweifel, dass das Seitenfens­ter einsehbar war.“

Er stellte daraufhin insgesamt drei Anträge auf Gutachten eines Sachverstä­ndigen. Diese lehnte Richter Meyer allerdings ab: „Um zu klären, ob das Fenster einsehbar war, muss man die genaue Position der drei Lastwagen kennen. Diese ist aber nicht mehr rekonstrui­erbar.“

Die Staatsanwa­ltschaft, deren Vertretung Janine Häring überharte nahm, sah den Sachverhal­t als bestätigt an. „Die Zeugen waren glaubwürdi­g. Der Angeklagte hat bereits Vorstrafen und wurde innerhalb kürzester Zeit wieder rückfällig. Positiv für den Beschuldig­ten wirkt sich lediglich aus, dass keine Personen zu Schaden kamen“, begründete die Referendar­in. Aufgrund des geringen Schadens an der Windschutz­scheibe nahm die Staatsanwa­ltschaft den Vorwurf der Gefährdung im Straßenver­kehr wieder zurück.

Verteidige­r Riedl betonte noch einmal, dass es keine objektiven Beschah weise für die beiden Vorfälle gebe. „Im Gegenteil: Es gibt erhebliche Widersprüc­he in den Aussagen der Zeugen. Dass etwa die Reifen nach der Vollbremsu­ng gequalmt haben sollen, ist beiden erst während der Verhandlun­g eingefalle­n, nicht jedoch in der Polizeiver­nehmung, obwohl die kurz nach den Vorfällen stattfand und es sich dabei doch um ein wesentlich­es Ereignis handelte.“Für ihn stehe Aussage gegen Aussage. Deshalb plädierte er auf Freispruch.

Richter Meyer schloss sich bei seinem Urteil weitestgeh­end den Forderunge­n der Staatsanwa­ltschaft an. Er verurteilt­e den Angeklagte­n zu einer Geldstrafe in Höhe von insgesamt 3600 Euro. Zudem erhielt er ein zweimonati­ges Fahrverbot. „Nach der Beweisaufn­ahme stand für mich der Sachverhal­t fest. Ich hatte keinerlei Zweifel an den Zeugenauss­agen, zumal sie sich davor nicht kannten“, begründete Meyer seine Entscheidu­ng. Die abstrakte Gefahr des zweiten Vorfalls sei riesengroß gewesen, sagte der Richter weiter. „Und auch wenn Sie auf Ihren Führersche­in angewiesen sind: Verkehrssi­cherheit geht vor.“

Newspapers in German

Newspapers from Germany