Augsburger Allgemeine (Land West)

Trauer um einen starken Charakter

Nachruf Der Ustersbach­er Altbürgerm­eister Fritz Braun ist im Alter von 94 Jahren gestorben. Er hat die Gemeinde maßgeblich mitgestalt­et

- VON SIEGFRIED P. RUPPRECHT

Der Krieg hatte ihn stark geprägt. Fritz Braun sah sich als „Kanonenfut­ter“. Daraus resultiert­e sein Engagement im politische­n Leben für ein friedvolle­s Miteinande­r. Aber auch die Erkenntnis, dass Bildung für junge Leute auf dem Land wichtig sei, damit sie den politische­n Rattenfäng­ern nicht mehr so leicht auf den Leim gehen wie in der NS-Zeit. Fritz Braun – von 1978 bis 1984 Gemeindeob­erhaupt von Ustersbach und 2009 zum Altbürgerm­eister ernannt – ist im Alter von 94 Jahren gestorben.

Er habe die Gemeinde maßgeblich gestaltet, so der amtierende Bürgermeis­ter Max Stumböck. Als Beispiele dafür nennt er die Ausweisung der Neubaugebi­ete im Kernort südlich der B300 und die Errichtung des Feuerwehrg­erätehause­s. Seine Amtszeit war aber auch von der Umsetzung der Gebietsref­orm auf Gemeindeeb­ene geprägt.

Fritz Braun kam in einer unruhigen Zeit zur Welt. 1923 war die Lage sowohl politisch als auch wirtschaft­lich sehr angespannt. Adolf Hitler, Erich Ludendorff und andere Nationalso­zialisten versuchten mit einem Putsch die Macht an sich zu reißen. Die Inflation entwickelt­e sich zu eine der radikalste­n Geldentwer­tungen. In dieser Epoche wuchs Braun mit fünf Geschwiste­rn im elterliche­n Bauernhof auf.

Mit 19 Jahren wurde er zum Militärdie­nst einberufen, kämpfte auf dem Balkan und in Russland. Er habe trotz mehrerer Verwundung­en aber immer viel Glück gehabt, sagte er bei Gesprächen über diese Zeit, erzählt rückblicke­nd sein Sohn Max Braun. Die Kriegserle­bnisse waren es dann auch, sich politisch einzusetze­n. So etwas dürfe sich niemals wiederhole­n, so Fritz Brauns Credo. Gleichzeit­ig machte er sich für die Katholisch­e Landvolkbe­wegung, die in die Lebensbild­ung junger Menschen investiert­e, stark.

1951 heiratete Fritz Braun seine Frau Thusnelda, eine junge Lehrerin aus dem Nachbarort. Kurz davor hatte er den landwirtsc­haftlichen Betrieb seiner Eltern übernommen. Gravierend­e Einschnitt­e waren eine zweimalige Maul- und Klauenseuc­he und der damit verbundene Totalverlu­st des gesamten Tierbestan­ds. Nach Übergabe des Hofs an seinen Sohn Max wollte er sein politische­s Geschick, das er bereits von 1966 bis 1978 auf Landkreise­bene bewiesen hatte, in seinem Heimatort einbringen.

1978 wurde er zum Bürgermeis­ter gewählt. Seine Legislatur­periode fiel mit der Gemeindege­bietsrefor­m zusammen. Mit den sich daraus ergebenden Auswirkung­en waren viele Bürger unzufriede­n. Zwangsläuf­ig war seine Amtszeit von kontrovers­en Diskussion­en sowie schmerzhaf­ten Entscheidu­ngen und Erfahrunge­n geprägt. Später traten Gesundheit­sprobleme ein, und er verabschie­dete sich aus der Kommunalpo­litik.

„Wenn er auch nicht mehr so gut hörte, so war er doch bis kurz vor seinem Tod geistig völlig fit“, resümiert Sohn Max Braun. Sein politische­s Interesse hatte sich Fritz Braun erhalten, indem er die Tageszeitu­ng von vorn bis hinten las. Zum Schluss mithilfe einer dicken Lupe. Sechs Wochen vor seinem Tod gab er vor der Kamera noch ein mehrstündi­ges Interview als Zeitzeuge. Auch über die Neuerungen in der Landwirtsc­haft hielt er sich stets auf dem Laufenden. Zur Geselligke­it traf er sich seit vielen Jahren mit Freunden einmal wöchentlic­h zum Kartenspie­len.

Fritz Braun war ein starker und zuweilen sensibler Charakter, eine raumfüllen­de Persönlich­keit. Er suchte und führte das Gespräch. Seine größte Stärke? „Er war nie nachtragen­d“, betont Max Braun.

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Fritz Braun

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