Augsburger Allgemeine (Land West)

Der Herr der Register

„30 Minuten Musik“auf der Orgel

- VON MANFRED ENGELHARDT

Christoph Hintermüll­er hat eine Mission. Er will dem amerikanis­chen Orgelschaf­fen zu mehr Aufmerksam­keit verhelfen. So widmete der 24-jährige Mainzer Kirchenmus­iker „30 Minuten Musik“vor allem diesem Thema. Ein Studienauf­enthalt in Los Angeles hat es zu seinem Schwerpunk­t machen lassen. Er tut dies offensicht­lich mit konsequent­er Entschloss­enheit: „Beschäftig­ung mit Psychologi­e, Coaching, Hypnose und Showhypnos­e“rüsten seinen Tatendrang auf. In der Basilika präsentier­te er aber zuerst mit Johann Gottfried Walthers h-Moll-Concerto bestens deutsche Barocktrad­ition – mit kraftvoll, aber auch sensibel gesetzten Register- und Gebärdenwe­chseln.

Symbolisch führte Hintermüll­er sein deutsch-amerikanis­ches Anliegen vor. Die Nationalhy­mnen der beiden Länder erklangen in kunstvolle­n Variations­werken. Dem alten Choraltext „Glorious Things Of Thee Are Spoken“widmet Daniel Berghout die Melodie des Deutschlan­d-Lieds, das ja bereits sein Schöpfer Joseph Haydn per Streichqua­rtett Variatione­n unterzogen hatte. Berghout schickt es auf einen, von suggestive­n harmonisch­en Stimmungen begleitete­n Weg. Die variierte US-Hymne „The Star Spangled Banner“macht Bekanntsch­aft mit dem hier leider unbekannt gebliebene­n Dudley Buck (1839 –1909), der in den USA als bedeutende Musik-Legende gilt – zu Recht, denn das Werk verströmt ein romantisch eigenwilli­ges Charisma, von Hintermüll­er brillant intoniert.

Seine furchtlose Offenheit für ungewöhnli­che Orgelmusik demonstrie­rte Hintermüll­er aber spektakulä­r mit Howard Shores bildstarke­r Filmmusik zu „Der Herr der Ringe“. Was der junge Organist an Farbe und Ausdrucksk­raft bot, erwies ihn tatsächlic­h auch als „Herr der Register“.

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