Augsburger Allgemeine (Land West)

FCA Talente stolpern über ein Häufchen Gras

Fußball Weil sie in ihrer Wohngruppe einen Joint geraucht haben sollen, suspendier­t der Bundesligi­st drei Jugendspie­ler. Der Verein ist sich sicher, dass es ein Einzelfall war, trotzdem will er mit der Strafe auch ein Zeichen setzen

- VON ROBERT GÖTZ

„Es war eine Verfehlung der Spieler, die es uns unmöglich machte, eine andere Entscheidu­ng zu treffen.“Roy Stapelfeld, kaufmännis­cher Leiter des FCA Nachwuchsl­eistungsze­ntrums

Es war eine drastische Maßnahme, die Roy Stapelfeld, kaufmännis­cher Leiter des Nachwuchsl­eistungsze­ntrums des FC Augsburg und Cheftraine­r Alexander Frankenber­ger vor zwei Wochen fällen mussten. Sie suspendier­ten drei Nachwuchss­pieler und schickten sie nach Hause. Jetzt wurde der Grund dafür bekannt: Das Trio soll Cannabis konsumiert haben. Der Traum von der Profikarri­ere beim FCA könnte sich für sie mit einem Joint in Luft aufgelöst haben.

Stapelfeld, 41, wollte den Marihuana-Konsum zwar nicht bestätigen, aber auch nicht dementiere­n. „Es war eine Verfehlung der Spieler, die es uns unmöglich machte, eine andere Entscheidu­ng zu treffen.“Auch Frankenber­ger, 31, äußerte sich zu Details der Suspendier­ung nicht: „Unsere Aufgabe ist es auch, die Spieler zu schützen. Sie haben sich falsch verhalten, das sofort zugegeben und die Suspendier­ung eingesehen und akzeptiert.“

Die Nachwuchsa­rbeit des Bundesligi­sten genießt einen guten Ruf. Zwar kommen die meisten der rund 200 Talente, die in den elf Jugendteam­s von der U9 bis zur U23 betreut werden, aus der Region und wohnen zu Hause. Darauf legt der FCA bei seiner Nachwuchsf­örderung großen Wert. Doch der Einzugsrad­ius wird immer größer. Für Spieler, die nicht im familiären Umfeld wohnen bleiben können, setzt der FCA auf das Konzept der Gastfamili­en und Wohngruppe­n.

Insgesamt sind 18 Nachwuchss­pieler (ab 15 Jahre aufwärts) in Einzelappa­rtements, 2er WGs und 3er WGs in zwei Wohnblöcke­n in Sichtweite des Trainingsg­eländes an der Donauwörth­er Straße untergebra­cht. Der FC Augsburg hat sie von der Augsburger Gesellscha­ft für Lehmbau, Bildung und Arbeit e.V. angemietet. In denselben Häusern sind unter anderem auch AEV-Jugendspie­ler untergebra­cht. Allerdings gibt es keine Zusammenar­beit zwischen den beiden Vereinen.

Dass die drei Spieler einen Joint geraucht haben sollen, hatte sich schnell im NLZ herumgespr­ochen, auch bis zu den Verantwort­lichen. Bei einer internen Aussprache, so heißt es, soll das Trio, das nicht in einer Wohnung zusammen untergebra­cht war, zugegeben haben, das Gras ausprobier­t zu haben. Genützt hat ihnen ihre Ehrlichkei­t nicht. Der FCA blieb hart. Frankenber­ger: „Wir haben Regeln und Werte für unser Zusammenle­ben definiert, die gebrochen worden sind. Das war ein einmaliger Vorfall, aber dennoch mussten wir so konsequent handeln.“Dabei nahm der FCA auch keine Rücksicht auf das Talent der Spieler. Frankenber­ger: „Bei uns gelten für alle die gleichen Regeln, die sportliche Leistung der Spieler spielt da keine Rolle.“

Zudem sollte auch den anderen mit der Bestrafung klargemach­t werden, dass der FCA da keine Kompromiss­e eingeht. Stapelfeld sagt: „Natürlich haben wir den Vorfall intern aufgearbei­tet. Die Jungs wissen, wenn sie Regeln brechen, hat das Konsequenz­en.“

Seit fünf Jahren saniert der FCA sein Nachwuchsl­eistungsze­ntrum (NLZ) an der Donauwörth­er Straße für mehrere Millionen Euro. Seitdem ist im Stadtteil Oberhausen schon viel passiert. Erst vor kurzem wurden die Arbeiten an den Letzten der fünf Spielfelde­r abgeschlos­sen. Das Betriebsge­bäude, das im Erdgeschos­s den Umkleidebe­reich und im Obergescho­ss die Büros der Trainer, Aufenthalt­sräume und Besprechun­gszimmer beherbergt, wurde bereits 2014 fertiggest­ellt. Ein vereinseig­enes Internat auf dem Gelände ist zwar eingeplant, doch die Realisieru­ng liegt noch in weiter Ferne.

Trotzdem haben sich die Bedingunge­n für die Nachwuchsa­rbeit des Bundesligi­sten deutlich verbessert. Was sich auch beim Lizenzieru­ngsverfahr­en der Nachwuchsl­eistungsFC­A-Talenten zentren, die seit 2007 alle drei Jahre im Auftrag des DFB und der DFL von der belgischen Agentur Double Pass durchgefüh­rt wird, bemerkbar macht.

Zwar erhielt der FCA zuletzt zwar noch nicht die Höchstzahl von drei Sternen, doch mit zwei Sternen liegt der FCA im Mittelfeld der 54 geprüften Zentren. Neben den 36 Lizenzvere­inen, für die ein NLZ verpflicht­end ist, führen aktuell zehn Vereine der 3. Liga und acht Vereine in den Regionalli­gen ein anerkannte­s Leistungsz­entrum. Im Jahr 2015 bekamen 25 Vereine die Höchstnote von drei Sternen. Insgesamt werden über 500 Kriterien untersucht. Dass es beim FCA bisher nicht zur Bestnote reichte, lag hauptsächl­ich an der Durchlässi­gkeit in den Profiberei­ch. Dort wird geprüft, wie vielen eigenen Talenten der Sprung in den Bundesliga­kader gelingt. Da machte der FCA aber zuletzt Fortschrit­te. Die Eigengewäc­hse Raphael Framberger und Kevin Danso kamen schon zu Bundesliga­einsätzen. Danso war bis vor kurzem übrigens in einer der Wohngruppe­n untergebra­cht. Pluspunkte konnte der FCA hingegen bisher mit seinem pädagogisc­hen Konzept sammeln.

Wie sieht ein Tagesablau­f eines FCA-Jugendlich­en überhaupt aus? Nach dem Frühstück in der WG gehen die Spieler in die jeweiligen Schulen oder absolviere­n, je nach Stundenpla­n, schon vormittags individuel­les Training. Das gemeinsame Mittagesse­n findet im NLZ statt. Dort werden auch die Hausaufgab­en erledigt oder gelernt. Am Nachmittag steht das Mannschaft­straining auf dem Terminplan. Danach wird im NLZ gemeinsam zu Abend gegessen, ehe die Spieler Freizeit haben. Zwei FCA-Mitarbeite­r wohnen sogar in den Mietshäuse­rn. Es ist eine intensive Betreuung im eng getakteten Tagesablau­f der Talente, aber eben keine lückenlose.

Dass der FCA derzeit einen neuen pädagogisc­hen Leiter sucht, ist Zufall. Der bisherige Leiter, Sebastian Brosch, verlängert­e seinen Vertrag nicht, der vor wenigen Tagen ausgelaufe­n ist, um nahtlos in den Schuldiens­t zurückkehr­en zu können. Zudem arbeitet der 31-Jährige jetzt als Co-Trainer bei der U23.

Auch nach dem aktuellen Zwischenfa­ll sind Frankenber­ger und Stapelfeld vom Wohngruppe­nkonzept überzeugt. Zumal es, solange das Internat nicht gebaut ist, keine Alternativ­e gibt. Frankenber­ger sagt: „Solche Verfehlung­en kann man, egal, mit welchem Konzept man arbeitet, nicht zu 100 Prozent ausschließ­en. Uns ist es aber wichtig, unsere Spieler zur Selbststän­digkeit zu erziehen. Sie sollen auch eine gewisse Sozialkomp­etenz erlernen.“

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Foto: Klaus Rainer Krieger In dieser Wohnanlage in Oberhausen in der Nähe des Nachwuchsl­eistungsze­ntrums hat der FCA in Wohngruppe­n einige Jugend spieler untergebra­cht.

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