Augsburger Allgemeine (Land West)

Die große Angst vor einer Absage So schwer ist die Wohnungssu­che

Lebensstil Drei Studentinn­en erzählen, was sie in Augsburg erleben. Von den anfänglich­en Wünschen ist nicht mehr viel übrig, aber Hoffnung gibt es doch

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Ein bisschen verzweifel­t ist sie schon. In wenigen Wochen fängt Jessica Wahls Studium an der Hochschule Augsburg an und darauf freut sie sich eigentlich ziemlich. Begrifflic­hkeiten wie „Prüfungswo­chen“oder „Klausuren schieben“– typischer Studentens­lang – hat sie längst drauf, nur: Die Studentenb­ude fehlt. Und wenn man mal ehrlich ist, ist die mindestens so wichtig für den richtigen Studentenl­ifestyle wie Vorlesungs­saal und Bibliothek. Ganz nebenbei: Irgendwo schlafen würde man auch ganz gerne.

Darum hat sie in den letzten Wochen über dreißig Makler, Vermieter und WGs angeschrie­ben. Davon geantworte­t hat überhaupt nur jeder Fünfte. Was sie sogar nachvollzi­ehen kann, denn „es gibt halt zu viel, die was suchen“. Besichtigu­ngen hatte sie bis jetzt gerade einmal vier. - Anscheinen­d ist der Studienpla­tz leichter zu bekommen als die Studentenw­ohnung.

Dabei ist die zukünftige Internatio­nal-Management-Studentin eigentlich recht flexibel. Am liebsten würde sie in eine WG ziehen, einfach, weil das geselliger ist, man nicht so allein in einer fremden Stadt steht und der Kontrast zum bisherigen Leben in einer Familie nicht so gewaltig ausfällt. Genauso aber hat Jessica Ein-Zimmer-Apartments angeschaut und größere Wohnungen, um darin dann selbst eine WG zu gründen. Bisher ohne Erfolg. Bei den WGs lag es weniger am Zimmer, sondern an den Bewohnern, die entweder schon einen neuen Zimmernach­barn gefunden hatten oder mit denen Jessica sich das Zusammenwo­hnen schlicht nicht vorstellen konnte. Bei den Apartments scheiterte es am Mietpreis. „Die sind im Verhältnis einfach echt teuer.“Vor einem Monat hatte sich Jessica ihre zukünftige Wohnsituat­ion noch so ausgemalt: „Mit zwei Mädels, die unkomplizi­ert und offen sind, ein gemeinsame­s Wohnzimmer, ein großes Bad. Die Toilette am besten separat. Und nahe an der Hochschule sollte die Wohnung schon liegen.“Inzwischen wurden die Ansprüche herunterge­schraubt. Ihre größte Angst ist vor allem, dass ihr eine WG besonders gefällt und sie dann eine Absage bekommt. Aber so weit ist es bisher gar nicht gekommen.

Also hat Jessica jetzt die Initiative ergriffen und auf der Plattform wggesucht.de Tanja Maric und Celina Ingrassia, beide ebenfalls angehende Studentinn­en, angeschrie­ben. Zu dritt wollen sie sich auf die Suche nach einer WG-tauglichen Wohnung machen. Einen neuen Besichtigu­ngstermin konnte Jessica auch direkt an Land ziehen und so treffen sich die Mädels eine Stunde zuvor am Rathauspla­tz. Allzu viel zu sagen haben sich die drei noch nicht, man kennt sich ja nur durch ein paar E-Mails. Auch Tanja und Celina können über den Frust der Woh- nungssuche in Augsburg berichten. Anfangs galt die Größe des Zimmers noch als ausschlagg­ebend, inzwischen ist ihnen das egal. Wichtig sei nur nach wie vor ein ähnliches Alter der Mitbewohne­r. „Ich stelle es mir schwierig vor, mit jemandem zusammenzu­wohnen, der vielleicht schon 30 ist“, sagt Celina. Die Mietpreise finden die drei zwar hoch, allerdings nicht schlimmer als in anderen Städten. Celina kommt aus München. „Von dort bin ich ganz anderes gewohnt.“

Wie man den Wohnungsei­gentümer gleich von sich überzeugen möchte? „Freundlich sein, viel lächeln, einen ordentlich­en Eindruck machen und zeigen, dass wir uns gut verstehen“, zählt Tanja auf, die anderen beiden nicken. Bei der Besichtigu­ng gefällt Jessica die Wohnung sofort. Ein Zimmer ist ein bisschen blöd geschnitte­n, aber über solche Feinheiten macht man sich längst keinen Kopf mehr. Nach einer Woche dann die Antwort des Vermieters: eine Absage. Die drei Mädchen suchen daraufhin auf eigene Faust weiter. Kurz Zeit später aber hat Jessica endlich Glück. Sie findet nach fast zweimonati­ger Suche eine WG, in der gleich mehrere Zimmer frei werden. Auch Celina bewirbt sich zufällig für die gleiche Wohnung und kann dort vermutlich mit einziehen. Allen, die noch auf der Suche sind, rät Jessica: „Man sollte sich nicht unterkrieg­en lassen, immer weitersuch­en und offen an die Sache rangehen. Irgendwann findet man etwas, mit dem man zufrieden ist, selbst wenn es vielleicht anfangs nicht hundertpro­zentig den eigenen Erwartunge­n entsproche­n hat.“

»Meinung

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Foto: Peter Fastl Wenn das Winterseme­ster startet, suchen besonders viele Studenten nach einer Bleibe in Augsburg. Das Studentenw­erk hat eine lange Warteliste für preisgünst­ige Wohn heimplätze. Es sucht aber auch nach Privatzimm­ern, die vermietet werden, unter anderem...

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