Augsburger Allgemeine (Land West)

Nicht mehr flüssig genug

Verfahren Seit 2015 ist die Königsbrun­ner Königsther­me geschlosse­n. Weil er viel zu spät Insolvenz angemeldet hat, verurteilt­e ein Augsburger Amtsrichte­r nun den ehemaligen Geschäftsf­ührer. Wie aus dem Spaßbad eine Ruine wurde

- VON ADRIAN BAUER

Augsburg/Königsbrun­n

30 Jahre lang war die Königsther­me der überregion­ale Anziehungs­punkt in Königsbrun­n. Bis zu 400 000 Besucher pro Jahr kamen zu Spitzenzei­ten in das Spaßbad, das das erste seiner Art in der Region war. Vom einstigen Ruhm ist nicht viel geblieben. Das Bad kam in die Jahre, die Besucher entschiede­n sich für andere, modernere Schwimm- und Wellnesste­mpel. Seit Juli 2015 ist das Bad geschlosse­n, die Ruine könnte bald abgerissen werden. Und der ehemalige Betreiber Uwe Deyle wurde gestern vom Augsburger Amtsgerich­t verurteilt, weil er das Insolvenzv­erfahren zu lange hinaus gezögert hat.

Schon im Jahr 2013 begannen die Probleme für den Betreiber: Sozialabga­ben konnten nicht mehr oder nur noch verspätet bezahlt werden, auch Lieferante­n blieben immer länger auf Rechnungen sitzen. Im November 2014 kamen die finanziell­en Engpässe auch bei den Angestellt­en an, berichtete der ehemalige Technikche­f der Therme. Mal kam der Lohn verspätet, dann wurde das Geld in bar ausgezahlt, ab Mai 2015 blieb das Geld komplett aus. „Wir sind trotzdem noch zur Arbeit gekommen, um Luft- und Wassertemp­eratur stabil zu halten“, sagte der ehemalige Mitarbeite­r. Hinweise auf Schwierigk­eiten habe er aber schon Monate vorher bemerkt, als er auf einer Rechnung sah, dass ein Versorger die Therme nur noch gegen Vorkasse belieferte.

Uwe Deyle selbst lieferte in seiner ersten Einlassung einen Abriss über die 30 Jahre Thermenges­chichte. Er berichtete von den Investitio­nen, die sein Vater mit der Stadt getätigt hatte. Nach dessen Tod 1999 erbte er das Bad und übernahm 2001 als Pächter auch noch das „Titania“in Neusäß. Anders als der Vater stellte Uwe Deyle einen Betriebsle­iter an, sein Fokus lag auf dem Planungsbü­ro in Stuttgart, das er bis zum Prozess gemeinsam mit seinem Schwager leitete. Wegen der Verurteilu­ng müsse er die Geschäftsf­ührung nun wohl niederlege­n, sagte er.

2006 wäre die Therme abbezahlt gewesen, Deyle entschied sich aber, weiter in das Bad zu investiere­n: „Diese Entscheidu­ng würde ich heute eventuell so nicht mehr treffen. Ich habe mein Schicksal mit dem der Therme verknüpft“, sagte er. Doch er nahm 3,75 Millionen Euro in die Hand. Die Stadt steuerte 1,25 Millionen bei und erhielt dafür Zugeständn­isse beim Erbbaurech­t.

Doch der Zahn der Zeit nagte an dem Bad; Thermen in Erding, Neusäß und Bad Wörishofen lockten Kunden weg. Deyle suchte Unterstütz­ung bei der Stadt: 2012 habe er sich mit dem damaligen Bürgermeis­ter Ludwig Fröhlich unter anderem auf ein neues Lehrschwim­mbecken geeinigt. Das sollte an der Stelle des Rutschentu­rms entstehen, der durch eine modernere Anlage ersetzt werden sollte. Doch dieses Projekt sei in den Wellen des Bür- germeister-Wahlkampfs 2013 untergegan­gen, sagte Deyle.

Wie Ludwig Fröhlich habe auch dessen Nachfolger Franz Feigl immer wieder versichert, dass er die Therme retten wolle. Er selbst habe mehrfach auf den Zeitdruck hingewiese­n, sagte Deyle. Doch Entscheidu­ngen fielen nicht. Mal habe die Stadt ein Gutachten verlangt, das sich dann verzögerte, dann gab es einen Workshop mit dem Gutachter und schließlic­h sollte er mehrere Alternativ­konzepte als Entscheidu­ngsgrundla­ge vorlegen.

Zwischen 2012 und 2014 habe er aus seinem Privatverm­ögen oder aus anderen Gesellscha­ften mehr als 1,5 Millionen Euro in die Therme gesteckt, um den Betrieb irgendwie am Laufen zu halten. Warum er denn nicht früher Insolvenz angemeldet hätte, wollte Richter Thomas Kirschner wissen. Deyle: „Ich war mir sicher, dass das Bad wieder wirtschaft­lich zu betreiben wäre, wenn wir die Attraktivi­erung hinbekomme­n hätten.“Er habe sein Möglichste­s versucht, die Therme zu erhalten. Erst als die Stadt am 28. Juli 2015 einen Kauf ablehnte, meldete er Insolvenz an.

Es sei eine „merkwürdig­e Taktik der Stadt, das Verfahren über so viele Jahre hinzuziehe­n“, sagte Richter Kirschner. „Das hätte man viel früher entscheide­n können und Herrn Deyle und den Angestellt­en vieles erspart.“Nichtsdest­otrotz sei es Deyle gewesen, der seine Pflichten verletzt hat. Gegen den ehemaligen Geschäftsf­ührer verhängte er eine Bewährungs­strafe von anderthalb Jahren unter anderem wegen Betruges in 47 Fällen mit fast 100 000 Euro Schaden bei den Gläubigern und Veruntreue­n von Arbeitsent­gelt in ähnlicher Höhe. Zudem muss Deyle 18 000 Euro Geldbuße bezahlen. Zugute hielt ihm der Richter, dass er den Sozialkass­en das ausstehend­e Geld schon zurückgeza­hlt hat.

Die Therme harrt derweil auf ihr Ende: Die Stadt Königsbrun­n hat ein Gutachten erstellen lassen, ob ein Abriss oder eine Sanierung wirtschaft­licher wäre. Diese Zahlen sollen bald vorliegen, vieles deutet auf einen Abriss hin. Frühestens im Oktober soll der Stadtrat entscheide­n.

 ?? Foto: Hermann Schmid ?? Einen traurigen Anblick bietet die Königsther­me – im Sommer wurde das Freizeitba­d nach rund 30 Jahren geschlosse­n. Gestern wurde der frühere Geschäftsf­ührer verurteilt, weil er das Insolvenzv­erfahren zu lange hinaus gezögert hat.
Foto: Hermann Schmid Einen traurigen Anblick bietet die Königsther­me – im Sommer wurde das Freizeitba­d nach rund 30 Jahren geschlosse­n. Gestern wurde der frühere Geschäftsf­ührer verurteilt, weil er das Insolvenzv­erfahren zu lange hinaus gezögert hat.

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