Augsburger Allgemeine (Land West)
Nicht mehr flüssig genug
Verfahren Seit 2015 ist die Königsbrunner Königstherme geschlossen. Weil er viel zu spät Insolvenz angemeldet hat, verurteilte ein Augsburger Amtsrichter nun den ehemaligen Geschäftsführer. Wie aus dem Spaßbad eine Ruine wurde
Augsburg/Königsbrunn
30 Jahre lang war die Königstherme der überregionale Anziehungspunkt in Königsbrunn. Bis zu 400 000 Besucher pro Jahr kamen zu Spitzenzeiten in das Spaßbad, das das erste seiner Art in der Region war. Vom einstigen Ruhm ist nicht viel geblieben. Das Bad kam in die Jahre, die Besucher entschieden sich für andere, modernere Schwimm- und Wellnesstempel. Seit Juli 2015 ist das Bad geschlossen, die Ruine könnte bald abgerissen werden. Und der ehemalige Betreiber Uwe Deyle wurde gestern vom Augsburger Amtsgericht verurteilt, weil er das Insolvenzverfahren zu lange hinaus gezögert hat.
Schon im Jahr 2013 begannen die Probleme für den Betreiber: Sozialabgaben konnten nicht mehr oder nur noch verspätet bezahlt werden, auch Lieferanten blieben immer länger auf Rechnungen sitzen. Im November 2014 kamen die finanziellen Engpässe auch bei den Angestellten an, berichtete der ehemalige Technikchef der Therme. Mal kam der Lohn verspätet, dann wurde das Geld in bar ausgezahlt, ab Mai 2015 blieb das Geld komplett aus. „Wir sind trotzdem noch zur Arbeit gekommen, um Luft- und Wassertemperatur stabil zu halten“, sagte der ehemalige Mitarbeiter. Hinweise auf Schwierigkeiten habe er aber schon Monate vorher bemerkt, als er auf einer Rechnung sah, dass ein Versorger die Therme nur noch gegen Vorkasse belieferte.
Uwe Deyle selbst lieferte in seiner ersten Einlassung einen Abriss über die 30 Jahre Thermengeschichte. Er berichtete von den Investitionen, die sein Vater mit der Stadt getätigt hatte. Nach dessen Tod 1999 erbte er das Bad und übernahm 2001 als Pächter auch noch das „Titania“in Neusäß. Anders als der Vater stellte Uwe Deyle einen Betriebsleiter an, sein Fokus lag auf dem Planungsbüro in Stuttgart, das er bis zum Prozess gemeinsam mit seinem Schwager leitete. Wegen der Verurteilung müsse er die Geschäftsführung nun wohl niederlegen, sagte er.
2006 wäre die Therme abbezahlt gewesen, Deyle entschied sich aber, weiter in das Bad zu investieren: „Diese Entscheidung würde ich heute eventuell so nicht mehr treffen. Ich habe mein Schicksal mit dem der Therme verknüpft“, sagte er. Doch er nahm 3,75 Millionen Euro in die Hand. Die Stadt steuerte 1,25 Millionen bei und erhielt dafür Zugeständnisse beim Erbbaurecht.
Doch der Zahn der Zeit nagte an dem Bad; Thermen in Erding, Neusäß und Bad Wörishofen lockten Kunden weg. Deyle suchte Unterstützung bei der Stadt: 2012 habe er sich mit dem damaligen Bürgermeister Ludwig Fröhlich unter anderem auf ein neues Lehrschwimmbecken geeinigt. Das sollte an der Stelle des Rutschenturms entstehen, der durch eine modernere Anlage ersetzt werden sollte. Doch dieses Projekt sei in den Wellen des Bür- germeister-Wahlkampfs 2013 untergegangen, sagte Deyle.
Wie Ludwig Fröhlich habe auch dessen Nachfolger Franz Feigl immer wieder versichert, dass er die Therme retten wolle. Er selbst habe mehrfach auf den Zeitdruck hingewiesen, sagte Deyle. Doch Entscheidungen fielen nicht. Mal habe die Stadt ein Gutachten verlangt, das sich dann verzögerte, dann gab es einen Workshop mit dem Gutachter und schließlich sollte er mehrere Alternativkonzepte als Entscheidungsgrundlage vorlegen.
Zwischen 2012 und 2014 habe er aus seinem Privatvermögen oder aus anderen Gesellschaften mehr als 1,5 Millionen Euro in die Therme gesteckt, um den Betrieb irgendwie am Laufen zu halten. Warum er denn nicht früher Insolvenz angemeldet hätte, wollte Richter Thomas Kirschner wissen. Deyle: „Ich war mir sicher, dass das Bad wieder wirtschaftlich zu betreiben wäre, wenn wir die Attraktivierung hinbekommen hätten.“Er habe sein Möglichstes versucht, die Therme zu erhalten. Erst als die Stadt am 28. Juli 2015 einen Kauf ablehnte, meldete er Insolvenz an.
Es sei eine „merkwürdige Taktik der Stadt, das Verfahren über so viele Jahre hinzuziehen“, sagte Richter Kirschner. „Das hätte man viel früher entscheiden können und Herrn Deyle und den Angestellten vieles erspart.“Nichtsdestotrotz sei es Deyle gewesen, der seine Pflichten verletzt hat. Gegen den ehemaligen Geschäftsführer verhängte er eine Bewährungsstrafe von anderthalb Jahren unter anderem wegen Betruges in 47 Fällen mit fast 100 000 Euro Schaden bei den Gläubigern und Veruntreuen von Arbeitsentgelt in ähnlicher Höhe. Zudem muss Deyle 18 000 Euro Geldbuße bezahlen. Zugute hielt ihm der Richter, dass er den Sozialkassen das ausstehende Geld schon zurückgezahlt hat.
Die Therme harrt derweil auf ihr Ende: Die Stadt Königsbrunn hat ein Gutachten erstellen lassen, ob ein Abriss oder eine Sanierung wirtschaftlicher wäre. Diese Zahlen sollen bald vorliegen, vieles deutet auf einen Abriss hin. Frühestens im Oktober soll der Stadtrat entscheiden.