Augsburger Allgemeine (Land West)
Das altbayerische Ruhrgebiet bei Aichach
Geschichte Im Mittelalter wurde im Grubet Eisenerz abgebaut. Diese Vergangenheit gab dem Gebiet seinen Namen / Serie (50)
Aichach
Das Grubet bei Aichach ist vor allem als Naherholungsgebiet bekannt. Doch im frühen Mittelalter war der Höhenrücken westlich der Stadt so etwas wie das „altbayerische Ruhrgebiet“. Wer den Walderlebnispfad entlang läuft, bemerkt bald kleinere oder größere Mulden unter den Bäumen. Keine Bombentrichter, wie mancher Spaziergänger vermutet, sondern ein montan- archäologisches Erbe, dem Wissen- schaftler große Bedeutung beimessen. Durch die forstwirtschaftliche Nutzung vieler ehemaliger Abbaugebiete gehen immer mehr Relikte wie das bei Aichach verloren.
Die Gruben, die dem Gebiet seinen Namen gaben, stammen von Bergleuten, die hier früher im Tagebau Eisenerz abbauten. Um auf eine Bodenschicht mit hochwertigen Eisenerzknollen zu stoßen, schaufelten die Männer bis zu zehn Meter tiefe Trichter in die Erde. Eine Knochenarbeit. Das so geförderte Eisenerz wurde vor Ort verhüttet. Das bedeutet: Aus ihm wurde Eisen ausgeschmolzen. Dazu bauten die Bergarbeiter aus Schlamm und Ästen improvisierte Hochöfen. Das in diesen „Rennöfen“gewonnene Eisen wurde danach an die Schmieden im Tal geliefert.
Etwa anderthalb Quadratkilometer ist das frühere Aichacher Bergbaurevier groß. 3500 sogenannte „Pingen“, also trichterförmige Vertiefungen, auf mehreren Grubenfeldern zeugen von seiner Vergangenheit. Mitte der 1960er Jahre begann der spätere Bezirksheimatpfleger Hans Frei, damals Student, das Gebiet zu erforschen. Seine damaligen Erkenntnisse waren Anstoß für weitere Untersuchungen. 2009 erfolgte der Startschuss für Ausgrabungen durch Archäologen und Studenten der Ludwig-MaximiliansUniversität München, betreut von der Gesellschaft für Archäologie in Bayern und vor Ort geleitet von Martin Straßburger, einem Archäologen aus dem benachbarten Aichacher Stadtteil Algertshausen.
Mehrfach schon haben Archäologen im Grubet öffentlich den mühsamen Schmelzprozess mit Rennöfen demonstriert. Zwischen Hochund Spätmittelalter wurde der Bergbau bei Aichach aufgegeben. Der Hügel war großteils ausgebeutet, zeitgemäßere Fördermethoden brachten Eisenerz andernorts schneller ans Tageslicht.
Heute können sich Besucher beim Grubethaus westlich des Aichacher Stadtteils Algertshausen über das Bergbaudenkmal informieren. Neben dem Gebäude steht ein Pavillon, der mit Infotafeln und Eisenerzfunden an die Vergangenheit des Grubets erinnert. Der Walderlebnispfad, der am Grubethaus beginnt, führt hier vorbei. Ein Tornado beschädigte den Pfad im Mai 2015 massiv. Dabei wurde auch ein kleines Freigelände neben dem Infopavillon zerstört, auf dem ein mittelalterlicher Rennofen nachgebaut war. Der Wiederaufbau durch die Grubetfreunde ist in die Wege geleitet.