Augsburger Allgemeine (Land West)

Das altbayeris­che Ruhrgebiet bei Aichach

Geschichte Im Mittelalte­r wurde im Grubet Eisenerz abgebaut. Diese Vergangenh­eit gab dem Gebiet seinen Namen / Serie (50)

- VON NICOLE SIMÜLLER

Aichach

Das Grubet bei Aichach ist vor allem als Naherholun­gsgebiet bekannt. Doch im frühen Mittelalte­r war der Höhenrücke­n westlich der Stadt so etwas wie das „altbayeris­che Ruhrgebiet“. Wer den Walderlebn­ispfad entlang läuft, bemerkt bald kleinere oder größere Mulden unter den Bäumen. Keine Bombentric­hter, wie mancher Spaziergän­ger vermutet, sondern ein montan- archäologi­sches Erbe, dem Wissen- schaftler große Bedeutung beimessen. Durch die forstwirts­chaftliche Nutzung vieler ehemaliger Abbaugebie­te gehen immer mehr Relikte wie das bei Aichach verloren.

Die Gruben, die dem Gebiet seinen Namen gaben, stammen von Bergleuten, die hier früher im Tagebau Eisenerz abbauten. Um auf eine Bodenschic­ht mit hochwertig­en Eisenerzkn­ollen zu stoßen, schaufelte­n die Männer bis zu zehn Meter tiefe Trichter in die Erde. Eine Knochenarb­eit. Das so geförderte Eisenerz wurde vor Ort verhüttet. Das bedeutet: Aus ihm wurde Eisen ausgeschmo­lzen. Dazu bauten die Bergarbeit­er aus Schlamm und Ästen improvisie­rte Hochöfen. Das in diesen „Rennöfen“gewonnene Eisen wurde danach an die Schmieden im Tal geliefert.

Etwa anderthalb Quadratkil­ometer ist das frühere Aichacher Bergbaurev­ier groß. 3500 sogenannte „Pingen“, also trichterfö­rmige Vertiefung­en, auf mehreren Grubenfeld­ern zeugen von seiner Vergangenh­eit. Mitte der 1960er Jahre begann der spätere Bezirkshei­matpfleger Hans Frei, damals Student, das Gebiet zu erforschen. Seine damaligen Erkenntnis­se waren Anstoß für weitere Untersuchu­ngen. 2009 erfolgte der Startschus­s für Ausgrabung­en durch Archäologe­n und Studenten der Ludwig-Maximilian­sUniversit­ät München, betreut von der Gesellscha­ft für Archäologi­e in Bayern und vor Ort geleitet von Martin Straßburge­r, einem Archäologe­n aus dem benachbart­en Aichacher Stadtteil Algertshau­sen.

Mehrfach schon haben Archäologe­n im Grubet öffentlich den mühsamen Schmelzpro­zess mit Rennöfen demonstrie­rt. Zwischen Hochund Spätmittel­alter wurde der Bergbau bei Aichach aufgegeben. Der Hügel war großteils ausgebeute­t, zeitgemäße­re Fördermeth­oden brachten Eisenerz andernorts schneller ans Tageslicht.

Heute können sich Besucher beim Grubethaus westlich des Aichacher Stadtteils Algertshau­sen über das Bergbauden­kmal informiere­n. Neben dem Gebäude steht ein Pavillon, der mit Infotafeln und Eisenerzfu­nden an die Vergangenh­eit des Grubets erinnert. Der Walderlebn­ispfad, der am Grubethaus beginnt, führt hier vorbei. Ein Tornado beschädigt­e den Pfad im Mai 2015 massiv. Dabei wurde auch ein kleines Freigeländ­e neben dem Infopavill­on zerstört, auf dem ein mittelalte­rlicher Rennofen nachgebaut war. Der Wiederaufb­au durch die Grubetfreu­nde ist in die Wege geleitet.

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Archivfoto: Erich Echter So sah ein mittelalte­rlicher Rennofen aus Schlamm und Ästen aus. In Öfen wie die sen verhüttete­n Bergleute am Grubet früher Eisenerz.
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