Augsburger Allgemeine (Land West)
Die Polizei zeigt sich von zwei Seiten
Sicherheit Bei der „Pegida“-Kundgebung gehen Polizisten teils ruppig gegen Demonstranten vor. Doch erstmals sind auch Beamte im Einsatz, die gezielt das Gespräch suchen und vermitteln
Am Ende gibt es auf dem Rathausplatz sogar eine spontane Szene der Versöhnung. Eben noch haben gut ein Dutzend Aktivisten der linken Szene mit einer Sitzblockade einen Bus angehalten. Der Bus soll Anhänger der islamfeindlichen „Pegida“-Bewegung nach deren Kundgebung am Samstagabend zum Hauptbahnhof bringen. Die Polizei räumt die Blockade nicht gewaltsam. Stattdessen verhandeln mehrere Beamte längere Zeit mit den Demonstranten, bis diese freiwillig Platz machen. Direkt danach kommt ein Mann aus der linken Szene auf einen der Polizisten zu. Er sagt: „Sie sind der netteste Beamte, den ich je getroffen habe.“Zwischen den Männern entwickelt sich ein längeres, freundliches Gespräch.
Die Polizei begleitete den „Pegida“-Aufmarsch in Augsburg mit einem Großaufgebot, weil sie Konflikte zwischen „Pegida“-Gegnern und den rechtsgerichteten Demonstranten befürchtete. Bis zu 1500 Menschen stellten sich zeitweise der Gruppe von rund 40 „Pegida“-Leuten entgegen. Erstmals setzte die Polizei in Augsburg dabei auch sogenannte Kommunikations-Teams ein. Insgesamt waren es acht Beamte, jeweils aufgeteilt in ZweierGruppen. Sie trugen nicht die eher martialisch wirkenden Einsatzanzüge, sondern normale Kleidung und neongelbe Polizei-Warnwesten. Die Beamten suchten das Gespräch mit die erstaunt waren über die massive Polizeipräsenz. Sie redeten mit „Pegida“-Gegnern und erklärten ihnen, dass die Polizei sich neutral verhalten muss. Und sie verteilten Zettel, auf denen alle Informationen zusammengefasst waren.
Das kam gut an. Viele nutzten die Chance, mit den Polizisten zu sprechen. Polizeisprecher Michael Jakob sagt, die Kommunikations-Teams hätten äußerst positive Rückmeldungen bekommen. Es sei gelungen, die Maßnahmen der Polizei zu erklären und „sich anbahnende Konfliktsituationen einzufangen“. Es war ein guter Ausgleich – denn die Polizei zeigte sich am Samstagabend auch von einer anderen Seite. Auf Störer reagierten die Beamten der Bereitschaftspolizei mit Härte. Ge- gendemonstranten, die versuchten, sich dem „Pegida“-Marsch in den Weg zu stellen, wurden ruppig zur Seite gezerrt. Auch ein unbeteiligter Passant, der versehentlich im Weg stand, wurde weggeschubst.
Immer wieder sperrten Bereitschaftspolizisten, mit Helm geschützt, überraschend ganze Straßenzüge kurzzeitig ab. Gegendemonstranten liefen dabei auf die Polizeiketten auf oder wurden dagegen geschoben. Es gab Rangeleien. Demonstranten und Polizisten lieferten sich Wortgefechte und schubsten sich gegenseitig. Polizeisprecher Michael Jakob sagt, die vorübergehenden Absperrungen seien notwendig gewesen. Man habe konkrete Hinweise gehabt, dass „Störer“den Marsch der „Pegida“-LeuPassanten, te blockieren wollten. Auch in diesen kritischen Situationen waren die Kommunikations-Teams teils mittendrin im Geschehen – ansprechbar und ohne Helm.
Das sorgte für Beruhigung bei aufgebrachten Demonstranten. Zu Gewalt kam es nicht. Es flogen keine Wurfgeschosse – auch keine mit Wasser gefüllten Luftballons wie eine Woche zuvor bei einer „Pegida“-Kundgebung in Regensburg. Derzeit ermittelt die Polizei gegen vier Personen aus der linken Szene. In einem Fall wegen des Verdachts der Beleidigung, in drei Fällen wegen Verstößen gegen das Versammlungsgesetz. Die Betroffenen sollen zeitweise ihr Gesicht vermummt haben. Strafanzeigen gegen beteiligte Polizisten lägen bislang nicht vor, teilt die Polizei auf Anfrage mit.
Die Kommunikations-Beamten sind gezielt für ihre Aufgabe ausgewählt worden. „Es wurde darauf geachtet, dass sie bereits eine gewisse Berufserfahrung vorweisen können und speziell im Bereich der Kommunikation und der Konfliktbewältigung geschult sind“, sagt Polizeisprecher Michael Jakob. Das vorrangige Ziel der Polizei sei ein „friedlicher und gewaltfreier Veranstaltungsablauf“gewesen. Ob und wann die Kommunikations-Teams wieder zum Einsatz kommen, ist noch unklar. Derzeit würden die Erfahrungen intern bewertet, sagt Michael Jakob. Grundsätzlich stehe man weiteren Einsätzen aber „sehr aufgeschlossen“gegenüber.