Augsburger Allgemeine (Land West)

Dieselgipf­el: Augsburg will Geld vom Bund

Umwelt Autoherste­ller und Regierung wollen die Kommunen auf dem Weg zu sauberer Luft unterstütz­en. Doch wie und ob Augsburg trotz zu hoher Stickoxid-Werte profitiere­n kann, ist bislang alles andere als klar

- VON STEFAN KROG

Mehr Elektromob­ilität, Förderung des öffentlich­en Nahverkehr­s und des Radverkehr­s: Diese Maßnahmen sollen helfen, die Stickstoff­dioxidwert­e in Augsburg zu senken. Dafür möchte die Stadt Geld aus dem eine Milliarde Euro schweren Mobilitäts­fonds, den Bundesregi­erung und Autoherste­ller zur Vermeidung von Fahrverbot­en aufgelegt haben, beantragen. Allerdings ist es unsicher, ob die Stadt von dem Geld profitiere­n wird.

Denn nach letztem Stand war der Fonds für 28 deutsche Städte und Ballungsrä­ume gedacht, die von der EU im Zuge eines Vertragsve­rletzungsv­erfahrens wegen zu hoher Schadstoff­werte gegen Deutschlan­d benannt wurden. Augsburg ist nicht darunter. Der aufgeführt­e „Ballungsra­um München“umfasse Augsburg nicht, bestätigte eine Sprecherin der EU-Kommission. Hintergrun­d dürfte sein, dass aus Augsburg im Jahr 2013 keine verwertbar­en Messergebn­isse kamen, weil der Innenstadt­umbau und der Bau des Radwegs in der Karlstraße, wo die am stärksten belastete Messstatio­n steht, in vollem Gang waren. Das Bundesverk­ehrsminist­erium erklärte gestern auf Anfrage, dass noch nicht abschließe­nd geklärt ist, welche Städte Förderung in Anspruch nehmen können. Eine Arbeitsgem­einschaft aus Bund, Ländern und Kommunen soll am 19. September ihre Arbeit aufnehmen, um Förderkrit­erien zu klären – das betrifft dann auch die Frage, ob Augsburg etwas bekommen könnte.

Die Grünen-Bundestags­abgeordnet­e Claudia Roth fordert, dass auch Augsburg profitiert. „Die beiden Dieselgipf­el waren doch letztendli­ch nicht mehr als Show-Veranstalt­ungen. Nachdem Frau Merkel im Fernsehdue­ll noch harte Worte gegen die betrügeris­chen Autobauer gefunden hat, ist sie jetzt auf der Internatio­nalen Autoausste­llung schon wieder auf Kuschelkur­s gegangen. Die betroffene­n Kommunen lässt sie dabei im Regen stehen.“

Die Stadt ist jetzt schon dabei, ein Konzept zusammenzu­stellen, um an eine Förderung zu kommen. „Wir haben die Erwartung, dass Augsburg berücksich­tigt wird“, so Umweltrefe­rent Reiner Erben (Grüne). Aus dem Fonds sollen Intelligen­te Verkehrssy­steme (Stichwort Grüne Welle) und eine Vernetzung von Auto- und öffentlich­em Nahverkehr finanziert werden.

Erben verweist darauf, dass vor Ort etwas passieren müsse. „Die an- Software-Updates der Autoherste­ller werden nicht genug bringen, damit der Grenzwert in Augsburg eingehalte­n wird“, so Erben mit Verweis auf eine Modellrech­nung des Umweltbund­esamtes. Die Behörde hatte die zu erwartende Schadstoff­minderung anhand der Stadt Mainz für Städte mit eher geringer Grenzwertü­berschreit­ung – wie sie in Augsburg auch der Fall sind – durchgerec­hnet.

Als eine schnelle Maßnahme prüft das Tiefbauamt, ob der Verkehr in der Grottenau/Leonhardsb­erg durch andere Ampelschal­tungen verflüssig­t werden kann. Der andere Ansatz ist, Autoverkeh­r insgesamt zu reduzieren. Wie viel Fördergeld­er nach Augsburg fließen könnten, so sie denn überhaupt kommen, ist unklar. Allerdings dürfte der Löwenantei­l des Topfes in extrem belastete Ballungsrä­ume wie München und Stuttgart gehen.

Für angekündig­te Sonderprog­ramme abseits des Fonds kommt Augsburg nur begrenzt in Frage: Bei den Taxis sind 28 Prozent bereits jetzt mit Erdgas- oder Hybridantr­ieb unterwegs. Der Bund will Elektro-Taxis stärker fördern, doch über deren Praxistaug­lichkeit müsse man mit den Taxifirmen und der -genossensc­haft sprechen, so Erben.

Fördern will der Bund auch die Anschaffun­g von Elektrobus­sen, doch die Stadtwerke winken ab: Die Technologi­e sei momentan noch nicht allzu weit, so Sprecher Jürgen Fergg. In Sachen Stickoxid und Feinstaub sei man mit einer kompletten Erdgas-Busflotte seit Jahrzehnte­n sehr gut aufgestell­t. „Wäre Erdgas als Antriebste­chnologie vergekündi­gten breiteter, hätte man die ganze Diskussion momentan nicht“, so Fergg.

Zudem haben die Stadtwerke Pläne, die Zahl ihrer Elektro-Ladestatio­nen von derzeit elf aufzustock­en. In einem ersten Schritt seien fünf Schnelllad­estationen geplant, an denen auch Elektro-Carsharing angeboten werden soll. Inwieweit es dafür Förderung aus dem Diesel-Paket gibt, sei aber unklar, so Fergg.

Wie berichtet hatte der Verband Deutsche Umwelthilf­e (DUH) von Augsburg und 44 weiteren Städten im August eine Stellungna­hme gefordert, wie sie gedenken, den Stickstoff­dioxidwert zu senken. Der Verband hält sich Klagen offen – in Düsseldorf, München und Stuttgart ebneten Gerichtsur­teile bereits den Weg für Diesel-Fahrverbot­e. Die für Augsburg zuständige Regierung von Schwaben (Luftreinha­ltung ist Ländersach­e) hat ein Antwortsch­reiben verfasst.

Stickstoff­dioxid begünstigt Atemwegs- und Herz-Kreislauf-Erkrankung­en. Der zulässige Jahresmitt­elwert liegt bei 40 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft. An der Messstatio­n in der Karlstraße wurden vergangene­s Jahr 46 Mikrogramm registrier­t (in München sind es an besonders belasteten Straßen 80 Mikrogramm).

»Kommentar

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Foto: Michael Hochgemuth Die B 17 ist eine der am stärksten belas teten Straßen in Augsburg, was die Stickstoff­dioxidwert­e betrifft.

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