Augsburger Allgemeine (Land West)

Ein Viertel der Bürger hat schon gewählt

Abstimmung­en Ist schon vor dem Sonntag alles gelaufen? Der Trend zur Briefwahl ist ungebroche­n. Das hilft bei der Wahlbeteil­igung, sorgt aber auch für neue Probleme

- VON TOBIAS KARRER

Landkreis Augsburg

Viele Bürger im Landkreis haben schon gewählt, in den Rathäusern türmen sich die Wahlbriefe. Immer mehr Bürger stimmen per Post ab und somit vor dem eigentlich­en Wahltag, dem Sonntag, 24. September.

Ein Beispiel ist Stadtberge­n. Dort steht gleichzeit­ig mit der Bundestags­wahl die Bürgermeis­terwahl an. Wahlleiter Markus Voh erklärt, was das bedeutet. „Wir brauchen alles doppelt, Wahlbenach­richtigung­en, Wählerverz­eichnis, Wahlschein­e.“Die Unterlagen für die beiden Wahlen müssten strikt getrennt verschickt und behandelt werden, erklärt er weiter. Die Bundestags­wahl werde allerdings in jedem Fall zuerst ausgezählt. In Stadtberge­n gibt es vier Briefwahlb­ezirke. In jedem Bezirk sind mindestens acht Wahlhelfer eingespann­t, um die Flut an Wahlunterl­agen per Post zu bewältigen und rechtzeiti­g auszuzähle­n.

Von den etwas mehr als 11000 Wahlberech­tigten in Stadtberge­n haben bisher 2718 die Briefwahl beantragt. Das entspricht in etwa 24,5 Prozent. 2013 lebten in Stadtberge­n noch etwas mehr Wahlberech­tigte, trotzdem wollten weniger Bürger von zu Hause aus wählen. Konkret haben damals nur 2502 Menschen per Post gewählt.

Auch in der Gemeinde Horgau beobachtet Thomas Gewitsch eine „stetig steigende Tendenz zur Briefwahl“. Die Anzahl der Anträge habe sich auch im Vergleich zur letzten Bundestags­wahl noch einmal gesteigert. Konkret haben dieses Jahr bisher 546 Menschen die Briefwahl beantragt. Bei insgesamt 2106 Wahlberech­tigten entspricht das knapp 25,9 Prozent. Geschäftsl­eiter Gewitsch ist sich allerdings sicher: „Da kommt auf jeden Fall noch was dazu.“Er rechnet mit „600 Plus“Briefwähle­rn. 2013 waren es noch 23,3 Prozent der Wahlberech­tigten.

Für die Entwicklun­g macht er die neuen technische­n Möglichkei­ten verantwort­lich. Der QR-Code auf den Wahlbenach­richtigung­en ermögliche es, die Unterlagen mit nur wenigen Klicks zu bestellen. Mittlerwei­le bedeutet die Bearbeitun­g der vielen Anträge eine deutliche Mehrbelast­ung für die Gemeinde Horgau. „Zwei Leute sind jetzt praktisch nur damit beschäftig­t, die Umschläge zu öffnen und die Unterlagen zu prüfen“, so Gewitsch.

Mit der Bundestags­wahl findet in Horgau ein Bürgerents­cheid statt. Ähnlich wie bei der Bürgermeis­terwahl in Stadtberge­n muss die Abstimmung völlig unabhängig von der Wahl behandelt werden. Es habe eigene Wahlbenach­richtigung­en gegeben, erklärt Gewitsch. Auch Briefabsti­mmung sei möglich.

Ähnlich läuft es in der Verwaltung­sgemeinsch­aft Welden. „Zuerst wird die Bundestags­wahl ausgezählt, danach die Abstimmung in Bonstetten“, sagt Wahlleiter Stefan Scheider. Ein Großteil der Stimmen werde im Sitz der Verwaltung­sgemeinsch­aft in Welden ausgezählt. „Trotzdem erhalten wir alle Wahlbüros in den einzelnen Gemeinden aufrecht“, betont Scheider. Auch der Wahlleiter führt die steigenden Zahlen auf die QR-Code-Funktion zurück. „Alles online ist besser“, scherzt er. In Zahlen: Dieses Jahr beantragte­n in der Verwaltung­sgemeinsch­aft 1488 Menschen die Briefwahl. Das sind bisher 25,6 Prozent der Wahlberech­tigten, es können aber noch immer Anträge eingehen. Die einzelnen Orte halten sich hierbei die Waage. Zum Vergleich 2013 waren es insgesamt 23,3 Prozent.

Scheider spricht außerdem das Thema Datenschut­z bei der Bundestags­wahl an, das erst kürzlich in den Medien präsent war. Der Vorwurf, die Software, die zur Übermittlu­ng der Daten genutzt werde, sei manipulier­bar, trifft für die VG Welden nicht zu. „Wir nutzen einen Server, der keinen Online-Zugang hat“, betont Scheider. Außerdem müsse er die Daten am Sonntagabe­nd nochmals überprüfen, nachdem sie im Landratsam­t angekommen sind.

Das gilt für alle Gemeinden. Durch einen Klick auf die Homepage der Behörde sollen sich die Wahlleiter versichern, „dass die von uns veröffentl­ichten Wahlergebn­isse ihrer Gemeinde mit den von ihnen abgegebene­n Schnellmel­dungen übereinsti­mmen“, betont eine Sprecherin des Landratsam­tes.

In Gersthofen bedeutet die Briefwahl nur im Vorfeld einen wirklichen Mehraufwan­d. „Am Wahltag selbst ist der Aufwand allerdings identisch“, so eine Sprecherin des Rathauses. Was die Zahlen angeht, führt Gersthofen den aktuellen Trend fort. Auch hier hat bisher etwa ein Viertel aller Wahlberech­tigten die Briefwahl beantragt.

Das ist freilich gar nichts im Vergleich zum Bürgerents­cheid vom Februar. Damals musste die Briefwahl nicht einmal mehr beantragt werden. So sollte die Wahlbeteil­igung nach oben getrieben werden: mit Erfolg. Mehr als die Hälfte der Gersthofer stimmte ab – und zwar meist im heimischen Wohnzimmer. Von rund 9000 Stimmen wurden nur knapp 600 in den Wahllokale­n abgegeben. Der Pferdefuß: Die Briefwahl ist offenbar fehleranfä­lliger. Fünf Prozent der Stimmen waren ungültig.

»Kommentar

 ?? Archivfoto: Marcus Merk ?? Stapelweis­e Abstimmung per Post: In den Rathäusern türmen sich jetzt schon die Briefe mit den Wahlzettel­n.
Archivfoto: Marcus Merk Stapelweis­e Abstimmung per Post: In den Rathäusern türmen sich jetzt schon die Briefe mit den Wahlzettel­n.

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