Augsburger Allgemeine (Land West)
Immer noch voll für die Jugend da
Der Kreisjugendring feiert (sich) ein kleines bisschen. Dabei gibt es ein klares politisches Bekenntnis, das sich gegen eine Partei richtet
Zusmarshausen/Landkreis Augsburg
Nach zwei Tagen war die meiste Arbeit getan und auf dem Zeltplatz eine kleine Stadt gebaut – mit Holz, Nägeln und viel Köpfchen. Doch so einfach wie im Sommer beim Stadtbauspiel ist es im wirklichen Leben nicht. Der geplante Um- und Ausbau des Zeltplatzes Rücklenmühle bei Zusmarshausen wird zur Hängepartie.
Dort hat der Kreisjugendring große Pläne. Die Notwendigkeit eines rund eine Million Euro teuren Neubaus für das Sanitärgebäude war Ausgangspunkt für eine grundlegende Modernisierung, die nun deutlich teurer wird. Der Zeltplatz soll künftig das ganze Jahr über genutzt werden können. Für insgesamt knapp 4,5 Millionen Euro gibt es ein beheizbares Übernachtungshaus, das allein 2,8 Millionen Euro kosten soll, eine Handvoll sogenannter Zelthäuser, einen Badegumpen am Mühlbach und sogar eine Biberstation.
Im Prinzip wolle der Kreisjugendring mit dem Übernachtungshaus auf dem Zeltplatz ein weiteres Jugendübernachtungshaus schaffen, wie es bereits beim Kreisjugendheim in Dinkelscherben steht, sagt der KJR-Vorsitzende Josef Falch. Im Jugendübernachtungshaus Reischenau (44 Betten), das auch von vielen Schulklassen besucht wird, seien die Übernachtungszahlen weit über das ursprünglich vereinbarte Maß hinaus gestiegen, sagt Falch. „Wir könnten noch mehr aufnehmen, wenn wir den Platz hätten.“Auch am Zeltplatz Rücklenmühle sind die Buchungszahlen nach den Zahlen des KJR gestiegen. Neben dem Übernachtungshaus, welches ganzjährig bewohnbar ist, sollen Zelthäuser das Campen auch im Frühjahr und Herbst gewährleisten.
Knackpunkt ist das Geld. Denn die knapp 4,5 Millionen Euro für das Projekt will der Landkreis nicht alleine zahlen und ist deshalb auf der Suche nach Partnern. Neben diversen Zuschussgebern fällt der Blick dabei vor allem auf die Stadt Augsburg. Sie hatte 1982 mit dem Landkreis einen Kooperationsvertrag ge-
Landkreis Augsburg Dinkelscherben
Beim Projekt „Anruf nach Berlin“gaben Jugendliche aus dem Landkreis politische Statements ab, die Bundestagesabgeordneten aus der Region in Berlin übergeben wurden. Beim Projekt „Meine Heimat – Deine Heimat“ging es ebenso wie bei „Freilig“um Flucht, Integration, interkulturelle Verständigung: Das sind nur zwei aktuelle Beispiele für die Arbeit des Kreisjugendrings Augsburg-Land. Die Organisation, die sich auch als Sprachrohr der Jugend versteht, ist selber schon im Rentenalter. Im Jugendhaus Reischenau in Dinkelscherben feierte der KJR jetzt 70. Geburtstag.
Nach dem Zweiten Weltkrieg unterstützten die Alliierten die Gründung von Jugendverbänden, um in der jungen Generation demokratisches Bewusstsein zu verankern. Damals, 1947, war auch die Geburtsstunde des Kreisjugendrings, erinnerte bei der fröhlichen Festivität im Garten des Jugendhauses der heutige Vorsitzende Josef Falch. Im Kreis von vielen jungen Besuchern, ehrenamtlichen und hauptamtlich in der Jugendarbeit Tätigen, ehemaligen und jetzigen Aktiven sowie Bürgermeistern und Kreisräten durchlief Falch, seit 2012 Vorsitzender, im Schnelldurchgang die Chronik des KJR.
Viel hat sich verändert in den letzten Jahrzehnten – nicht nur Projekte, sondern auch die finanziellen Mittel. So habe das Haushaltsvolumen vor 20 Jahren noch eine halbe Million Mark umfasst – im Jahr 2014 seien es bereits eine Million Euro gewesen, berichtete Josef Falch. Stetiges Wachstum gab es auch bei der Zahl der Mitarbeiter und beim Arbeitsumfang: 1974 verfügte der KJR erstmals über eine Art Geschäftsstelle – und die befand sich „in der Zweizimmerwohnung des damaligen Vorsitzenden Roma Büchler“, blickte Falch zur Erheiterung der Festgesellschaft zurück.
Zwei Mitarbeiter gab es damals – heute beschäftigt der KJR, der unter anderem Jugendzentren betreibt und umfangreiche Ferienprogramme anbietet, 30 Mitarbeiter. Weiteres wichtiges Datum für die Organisation: 1998 schloss der Landkreis mit dem KJR die erste Leistungsvereinbarung – mittlerweile sind schon sechs Verträge dieser Art unterzeichnet worden. Die Summe aus der Kreiskasse, derzeit 250 000 Euro, gibt dem KJR Planungssicherheit.
Landrat Martin Sailer würdigte die „herausragende Arbeit“des KJR. Besonders dankte er dafür, dass der KJR 2015 bei der Flüchtlingswelle das Jugendhaus in Dinkelscherben für die Unterbringung von Flüchtlingen zur Verfügung gestellt hatte.
Die enge Zusammenarbeit des KJR Augsburg-Land mit dem Kreis Augsburg bedinge auch den Erfolg des KJR, betonte Matthias Fack, Präsident des Bayerischen Jugendrings. Angesichts der bevorstehenden Bundestagswahl wich Falk von der grundsätzlichen politischen Neutralität des Jugendrings ab: Die AfD sei keine Partei, „zu der Jugendarbeit äquivalent“sein könne. „Wir sind ununterbrochen überzeugte Demokraten, die eine bunte Gesellschaft wollen.“