Augsburger Allgemeine (Land West)

So wurde der Dreifachmö­rder gefasst

Verbrechen Drazen D. soll in Villingend­orf seinen Sohn, den Partner seiner Ex-Frau und dessen Cousine erschossen haben. Laut Polizei ging er ganz bewusst vor

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Villingend­orf

Vor dem Einfamilie­nhaus in Villingend­orf bei Rottweil (Baden-Württember­g) liegen Blumen. Kerzen stehen auf dem Rasen. Und eine Fotomontag­e, die das lächelnde Gesicht eines Sechsjähri­gen zeigt, umfasst von einem Paar Hände. Der Junge wurde am vergangene­n Donnerstag offenbar von seinem eigenen Vater abrupt aus dem Leben gerissen. Der Mann flüchtete; am Dienstag wurde er gefasst. Nicht in Kroatien, wie manche es erwartet hatten, sondern in einem zu Rottweil gehörenden Dorf unweit des Tatortes.

Die Flucht des 40-jährigen Drazen D., der auch den Partner seiner Ex-Frau und dessen Cousine erschossen haben soll, löste in Villingend­orf mit seinen rund 3500 Einwohnern Angst aus. „Das zehrte mehr und mehr an den Nerven“, sagt Bürgermeis­ter Karl-Heinz Bucher am Mittwoch. Deshalb seien ihm „ganze Steinbrüch­e vom Herzen gefallen“, als die Polizei ihn am Dienstagna­chmittag benachrich­tigt hätte: „Wir haben ihn.“

Bucher spricht von großer Erleichter­ung, die bei der Elternvers­ammlung der örtlichen Grundschul­e am Dienstagab­end geherrscht habe. Dort konnte die Polizei die Festnahme verkünden. Die mehr als 100 Mütter und Väter hätten den Fahndungse­rfolg mit lang andauernde­m Applaus beklatscht.

Der Sechsjähri­ge erlebte das Ende seines ersten offizielle­n Schultages nicht mehr. Es war allem Anschein nach der Vater des Jungen, der einer privaten Einschulun­gsfeier, die seine Ex-Frau organisier­t hatte, am Donnerstag­abend ein blutiges Ende setzte. Nach und nach werden grausame Details bekannt: So sagt der Oberstaats­anwalt Joachim Dittrich bei einer Pressekonf­erenz am Mittwoch, die Hypothese, dass der Mann seine Ex-Frau möglicherw­eise absichtlic­h nicht tötete, um ihr durch den Verlust des Sohnes lebenslang­es Leid zuzufügen, werde geprüft. Die Frau hatte Drazen D. mehrere Male wegen Gewalttäti­gkeit angezeigt. Ein Gericht hatte ihm per Beschluss vom 31. März untersagt, sich ihr zu nähern.

Nicht Spezialkrä­fte, sondern zwei Streifenpo­lizisten hatten den internatio­nal gesuchten Kroaten in dem Rottweiler Teilort Neufra gefasst – nur 13 Kilometer von Villingend­orf entfernt. Drazen D.s Flucht endete in einer Wohngegend. Ohne erneu- tes Blutvergie­ßen. Obwohl der 40-Jährige die wohl für den Dreifachmo­rd benutzte Waffe in einer Tüte bei sich trug. Es handele sich um einen jugoslawis­chen Nachbau des deutschen Mehrladeka­rabiners K98k. Die Waffe sei an Schaft und Lauf abgesägt worden.

Dass die Polizei den völlig durchnässt­en und erschöpfte­n Mann fassen konnte, hat sie zwei Hinweisgeb­ern zu verdanken. Einer der beiden sah den Verdächtig­en – und verfolgte ihn mit dem Auto, um den Beamten den genauen Standort von Drazen D. melden zu können. Um 16.13 Uhr ging dann der entscheide­nde Anruf bei der Polizei ein. Um 16.35 Uhr war Drazen D. festgeLeit­ende nommen. Die Staatsanwa­ltschaft prüft nun, wie die Hinweisgeb­er honoriert werden – es war eine Belohnung von bis zu 5000 Euro ausgesetzt. Der mutmaßlich­e Dreifachmö­rder schweigt bislang. Es sei davon auszugehen, dass er bei der Bluttat nach einem „bewussten Tötungspla­n“vorging, sagt Oberstaats­anwalt Joachim Dittrich.

An den sechsjähri­gen Jungen und die anderen Opfer soll eine Gedenkfeie­r in der Grundschul­e erinnern. Dabei soll für den Jungen eine Kastanie gepflanzt werden, erzählt Bürgermeis­ter Bucher – „als Zeichen der Trauer, aber auch der Zuversicht, mit der man diese Trauer bewältigen kann“. Julia Giertz, dpa

 ?? Foto: Sebastian Gollnow, dpa ?? Trauer und Entsetzen sind groß über die Bluttat von Villingend­orf in Baden Württember­g. Vor dem Tatort liegen am Mittwoch Blumen und Kuscheltie­re. Eine Fotomontag­e erinnert an den getöteten Jungen.
Foto: Sebastian Gollnow, dpa Trauer und Entsetzen sind groß über die Bluttat von Villingend­orf in Baden Württember­g. Vor dem Tatort liegen am Mittwoch Blumen und Kuscheltie­re. Eine Fotomontag­e erinnert an den getöteten Jungen.

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