Augsburger Allgemeine (Land West)

Es besteht Redebedarf

Bundesliga Wegen einer obszönen Geste von Kapitän Baier gerät der überrasche­nde 1:0-Erfolg des FC Augsburg gegen Leipzig in den Hintergrun­d. DFB sperrt den Profi für ein Spiel

- VON JOHANNES GRAF

Augsburg

Seine Einsicht erfolgte am nächsten Tag. Womöglich war er sich erst da der Tragweite bewusst geworden. Daniel Baier meldete sich zu Wort. Über soziale Netzwerke teilte er mit, wozu er sich am Abend zuvor nicht durchringe­n konnte. Baier entschuldi­gte sich, nachdem er in der letzten Nacht kein Auge zugetan hätte. Er sei in einer Szene seiner Vorbildfun­ktion als Kapitän des FCA nicht gerecht geworden, erklärte er via Instagram. „Aus der Emotion heraus habe ich mich zu einer Geste hinreißen lassen, von der ich selbst nicht weiß, wie ich dazu komme.“

Baier, 33, tat Buße, nachdem er während der Begegnung mit RB Leipzig nicht nur durch läuferisch­en Einsatz und leidenscha­ftliches Zweikämpfe­n aufgefalle­n war. Im Gedächtnis blieb das Bild, wie er Leipzigs Trainer Ralph Hasenhüttl mit einer obszönen Geste provoziert hatte. In der 74. Spielminut­e spuckte Baier erst auf den Rasen, ahmte danach mit der Hand eine Masturbati­on nach und deutete Richtung Hasenhüttl. Weder Schiedsric­hter Daniel Siebert noch seine Helfer an der Linie und Videoassis­tent Rainer Werthmann nahmen die Szene wahr. Fernsehbil­der entlarvten den Übeltäter Baier. Der Disput zwischen ihm und Hasenhüttl war damit nicht beendet, stattdesse­n verweigert­e der RB-Coach nach Spielschlu­ss den Handschlag mit Baier. Hasenhüttl begründete später, warum: Er, also Baier, wollte sich gar nicht entschuldi­gen. Anders stellten es der FC Augsburg und Baier dar. Der Spieler schrieb am Mittwoch, er habe auf dem Platz und später in der Leipziger Kabine versucht, sich zu entschuldi­gen, um „das Missverstä­ndnis aus der Welt zu räumen“.

Erledigt war das Thema für Baier und den FCA damit allerdings nicht. Am Mittwoch bestätigte der Deutsche Fußball-Bund (DFB), dass er gegen Baier wegen eines „krass sportwidri­gen Verhaltens“ermittelt. Baier und der Bundesligi­st bekamen Gelegenhei­t, eine Stellungna­hme abzugeben. Bereits am Abend stand fest: Baier wird für ein Spiel gesperrt und muss eine Geldstrafe in Höhe von 20000 Euro bezahlen. Da der 33-Jährige zustimmte, ist das Urteil rechtskräf­tig.

Stefan Reuter, der Geschäftsf­ührer Sport des FCA, hatte für jene Er- mittlungen wenig Verständni­s aufgebrach­t. Nach der Begegnung bezeichnet­e der 50-Jährige diese bereits als „lächerlich“. Es seien Emotionen im Spiel gewesen. „Sonst müsste man jede Geste oder Aktion irgendwie nachverfol­gen“, merkte Reuter an.

Er gab zu bedenken, dass auch Hasenhüttl­s Verhalten „nicht ganz einwandfre­i“gewesen sei. Reuters Empfehlung: „Man sollte diese Szene vergessen. Damit ist für mich das Thema erledigt.“Da der DFB das gegensätzl­ich sah, musste sich Reuter nun doch nochmals mit Baiers Entgleisun­g beschäftig­en.

Der Vorfall überschatt­ete die Augsburger Party. Beseelt hatten die Besucher spät abends die siegesgrün beleuchtet­e Arena verlassen – über die Baier-Geste war vor allem das TV-Publikum informiert gewesen. Das Abendspiel garantiert­e beste Unterhaltu­ng, dazu trugen beide Teams bei: die Leipziger, indem sie rasanten, technisch anspruchsv­ollen Zukunftsfu­ßball zelebriert­en; die Augsburger, indem sie brillant taktierten, leidenscha­ftlich verteidigt­en und eine Viertelstu­nde lang den Zenit ihres Schaffens erreichten. Ihr Lohn war nicht nur ein 1:0-Erfolg, der FCA siegte in der Bundesliga erstmals drei Mal in Folge und erklomm vorübergeh­end den dritten Tabellenpl­atz.

Den Siegtreffe­r erzielte Michael Gregoritsc­h am Ende eines beeindruck­enden Spielzugs. Der Österreich­er verspürte Genugtuung, nachdem er zuletzt in die Kritik geraten war. Ihm sei ein „RiesenRuck­sack“vom Rücken gefallen, gestand der 23-Jährige. Seine starke Leistung bewahrte Gregoritsc­h indes nicht davor, in der Halbzeit ausgewechs­elt zu werden. Aus taktischen Gründen, wie Trainer Manuel Baum später ausführte. Gregoritsc­h selbst hatte mit der Maßnahme kein Problem. „Wenn das so aufgeht, ist das umso besser“, sagte er und verzog das Gesicht zu seinem typisch breiten Lachen.

Augsburg Hitz – Gouweleeuw, R. Khedira, Hinteregge­r – Opare, Baier, Max – Mora vek (63. Heller), Gregoritsc­h (46. Koo), Caiuby – Finnbogaso­n (89. Cordova)

Leipzig Mvogo – Schmitz (81. Do. Kaiser), Orban, Compper (46. Ilsanker), Halsten berg – Demme, Kampl – Sabitzer, Bruma – Y. Poulsen (60. Forsberg), Ti. Werner

Tor 1:0 Gregoritsc­h (4.) Schiedsric­hter Siebert (Berlin) Zuschauer 26 113

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Foto: Ulrich Wagner Nach dem Spiel ist eben nicht immer alles gleich wieder gut. Daniel Baier (ganz links) und Leipzigs Trainer Ralph Hasenhüttl (rechts) steht der Sinn nach der Partie nicht sofort wieder nach Versöhnung. Wenige Minuten hatte sich der Augsburger arg...

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