Augsburger Allgemeine (Land West)

Hoteliers wehren sich gegen Betrüger

Masche Die Polizei hat einen Mann erwischt, der in kurzer Zeit sechsmal abgereist ist – ohne zu bezahlen. Er ist kein Einzelfall. Welche Erfahrunge­n Unterkunft­sbetreiber machen, wie sie sich schützen und was sie gerne hätten

- VON SIEGFRIED P. RUPPRECHT

Region

Ein 43-jähriger Mann aus Rheinland-Pfalz ist von der Polizei geschnappt worden, nachdem er sich in der Region Augsburg gleich sechsmal in Hotels eingemiete­t – und sich, ohne die Rechnungen zu begleichen, aus dem Staub gemacht hatte. Ein Einzelfall? Keineswegs, wie die Nachfrage bei einigen Unterkunft­sbetrieben zeigt. Gleichwohl machen diese auch ganz unterschie­dliche Erfahrunge­n.

Einchecken. Erholen. Aus dem Staub machen. Das Hotel Schempp in Bobingen kann von solchen Vorfällen berichten. „Sie kommen bei uns zum Glück nur selten vor, lange Zeit überhaupt nicht“, berichtet Marion Appel von der Empfangsle­itung. Ähnlich die Situation beim familienge­führten Hotel Deutschenb­aur in Schwabmünc­hen. Hotelzechp­rellerei sei zwar vereinzelt, aber immer wieder mal aktuell, resümiert Eva Schuler. Dabei agieren die Gauner nach derselben Masche. Sie kommen mit ihrem Koffer an die Rezeption, buchen in der Regel ein bis zwei Nächte und sind nach dem Check-out nicht mehr auffindbar. Appel: „Erreicht man sie dann übers Handy, lautet die Antwort meist: Zum Zeitpunkt der Abreise sei die Rezeption nicht besetzt gewesen, man solle die Rechnung zuschicken. Sie werde überwiesen“. Wenn Au- ßenstände nicht beglichen werden, werde die Sache bei der Polizei angezeigt und dem Anwalt übergeben. „Dann landet eine Hotelzechp­rellerei schon mal vor Gericht“, so Appel. Sie weiß von einem Fall, bei dem der geschuldet­e Betrag in Raten abbezahlt worden sei.

Die Absicht steht Zechprelle­rn nicht ins Gesicht geschriebe­n. Das Erscheinun­gsbild lasse keine Rückschlüs­se auf die finanziell­e Liquidität oder die betrügeris­che Absicht des Gastes zu. „Hellhörig werden wir allerdings, wenn wir den Gast nach dem Einchecken überhaupt nicht mehr sehen“, erzählt die Hotel-Schempp-Mitarbeite­rin. Zur Achtsamkei­t sei geraten, wenn rund um die Uhr das Schild „Bitte nicht stören“an der Türklinke hängt, ergänzt Eva Schuler.

Der ausgefüllt­e Meldeschei­n enthält zwar eine Reihe von Daten. „Doch wenn darin falsche Angaben notiert werden, ist das für uns nicht sofort erkennbar“, sagt Appel. Aus Zeitgründe­n sei es nicht immer möglich, die Anschrift des Gasts zu prüfen. Zudem könne bei deutschen Staatsbürg­ern die Vorlage eines Ausweises nicht verlangt werden.

Eva Schuler gruppiert solch unliebsame Gäste in die Kategorie „Profis“ein. Dann bleibe nur Anzeige gegen Unbekannt – meist ohne Erfolg. Ob ein Hotelzechp­reller wegen Betrugs verurteilt werden kann, hängt davon ab, ob die Polizei in den Ermittlung­en beweisen kann, dass er in der Absicht gehandelt hat, ohne zu zahlen zu verschwind­en.

Zudem seien manche Vorsichtsm­aßnahmen schwierig, so Schuler: „Mancher Gast fühlt sich vor den Kopf gestoßen, wenn wir Anschrift und Geburtsdat­um wissen wollen“. Dabei seien dies grundlegen­de Daten laut dem Bundesmeld­egesetz. Bleibt also, das Personal an der Rezeption gut zu schulen. Das sagt auch Gabi Dreisbach, Chefin des Hotel Best Zeller in Königsbrun­n: „Dazu gehören das richtige Gespür und die Intuition“. Gleichwohl: „Wir haben davor einige Mal Lehrgeld bezahlt“, räumt Dreisbach ein. Beim Walk-in, also bei Gästen ohne vorherige Reservieru­ng, werde seitdem Vorauszahl­ung verlangt. Mit Erfolg. Erfahrung zählt auch im Hotel Bauerntanz in Aichach: Elfriede Bauer schätzt die Zahl der Betrugsfäl­le auf unter ein Prozent im Jahr. Kommt ihr ein Gast komisch vor, verlange sie Vorauskass­e.

Um sich vor Zechprelle­rn, Hotelnomad­en oder Randaliere­rn zu schützen, werden unliebsame Gäste und Vorfälle an die Regio Augsburg Tourismus weitergele­itet – zur Informatio­n für andere Hotels. Eine bundesweit­e zentrale Datenbank aber existiere nicht. Eine landesweit­e sogenannte Schwarze Liste wäre zu begrüßen, meint Appel.

Denn auch der Hotel- und Gaststätte­nverband hat keine konkreten Zahlen. „Hotelprell­erei wird bei uns nicht erfasst“, sagt eine Fachbereic­hs-Mitarbeite­rin in Nürnberg. Mitgliedsb­etriebe würden aber informiert, sobald eine Anzeige bei der Polizei eingeht. Wie genau die Infos weitergege­ben werden können, hänge davon ab, wie detaillier­t die Polizei die Mitteilung verfasst.

Und wie schützen sich die Großen der Branche? Das Fünf-Sterne-Hotel Drei Mohren in der Augsburger Innenstadt verlangt beim Check-in die Nummer der Kreditkart­e. „So können wir den Betrag im Notfall abbuchen“, erklärt Kerstin Weisner von der Verwaltung. Haben Kunden keine Kreditkart­e, würden sie eine Kaution hinterlege­n. In der Vergangenh­eit habe es aber nur vereinzelt Betrugsfäl­le gegeben. Ähnliches verlautet aus dem Dorint im Hotelturm: „Wir hatten nur sehr, sehr wenige Fälle von Zechprelle­rei“, sagt Elisabeth Schlammerl von der Marketinga­bteilung. Auch im Dorint sind Sicherheit­en wie Kreditkart­ennummer oder ein Deposit üblich. Wenn Kunden das nicht wollen, müssen sie die Kosten für Zimmer und Roomservic­e sofort begleichen.

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