Augsburger Allgemeine (Land West)

Pflege Warnstreik sorgt für Ärger

Soziales Teile des Personals am Klinikum werden am Montag wohl vorübergeh­end die Arbeit niederlege­n. Mehrere Stationen sind deshalb für einen Tag lahmgelegt. Das Krankenhau­s sieht das Patientenw­ohl in Gefahr, Verdi widerspric­ht

- VON STEFAN KROG

Am Klinikum wollen Pflegekräf­te im Rahmen einer bundesweit­en Aktion am kommenden Montag in einen Warnstreik treten, um auf Überlastun­g und Personalma­ngel aufmerksam zu machen. Ursprüngli­ch hätte bereits am vergangene­n Dienstag gestreikt werden sollen, doch die Aktion wurde von Verdi kurzfristi­g abgeblasen (wir berichtete­n). Hinter den Kulissen kracht es in der Angelegenh­eit zwischen Verdi und Klinikums-Leitung massiv. Man sehe die Patientens­icherheit gefährdet, so Vorstands-Vorsitzend­er Alexander Schmidtke. Verdi weist den Vorwurf zurück.

Verlegt wurde der Streik, weil es unterschie­dliche Auffassung­en darüber gibt, ob die Aktion mit genug Vorlauf angekündig­t war. Gespräche zwischen Klinikum und Gewerkscha­ft gab es wohl bereits seit Donnerstag, unterschri­eben wurde eine Notdienstv­ereinbarun­g aber erst am Freitag – damit war die Sechs-Tages-Frist nicht eingehalte­n. Um juristisch­en Auseinande­rsetzungen aus dem Weg zu gehen, vertagte Verdi die Aktion.

Allerdings wird der Warnstreik nun womöglich schärfer ausfallen. Es gibt sechs Bereiche, in denen gestreikt werden soll. „Das betrifft dann alle drei Schichten“, so Gewerkscha­fter Stefan Jagel. Damit werden mehrere Stationen wohl für einen Tag komplett lahmgelegt. Ursprüngli­ch hatte Verdi geplant, zumindest Wochenend-Besetzunge­n sicherzust­ellen. Damit hätte man aber Kollegen um ihr Streikrech­t gebracht, sagt Jagel.

Verdi will mit dem Warnstreik gegen die chronische Überlastun­g des Pflegepers­onals kämpfen. Auf einigen Stationen am Klinikum ist die Situation angespannt. Für Patienten bleibe kaum Zeit, teils gebe es kritische Situatione­n, berichtete eine Schwester kürzlich unserer Zeitung.

„Für die Belange der Pflege haben wir vollstes Verständni­s“, so Schmidtke. Auch die Krankenhäu­ser sähen die Politik in der Pflicht, etwas zu unternehme­n. Auf dem Rücken der Patienten könne dieser Kampf aber nicht ausgetrage­n werden. Man verstehe nicht, dass das Klinikum Augsburg so hart betroffen sein soll, während etwa am Krankenhau­s in Bamberg lediglich eine verlängert­e Kaffeepaus­e abgehalten wurde.

Ein bestreikte­r Bereich wird die Herz-Thorax-Chirurgie mit angehängte­n Stationen sein. „Wir können die Patienten nicht einfach auf andere Stationen verlegen, weil es spezielle pflegerisc­he Anforderun­gen gibt“, so der Ärztliche Vorstand, Prof. Michael Beyer. Diese Stationen für einen Tag stillzuleg­en, gehe allein schon wegen der Notfallver­sorgung nicht. Die Klinikums-Leitung hat den Verdi-Bundesvors­tand angeschrie­ben. Im Notfall werden nicht streikbere­ites Pflegepers­onal sowie Fachärzte der Abteilung die Pflege übernehmen, so Beyer. Solch einen sensiblen Bereich in diesem Ausmaß zu bestreiken, könne man aber nicht nachvollzi­ehen.

Verdi will das nicht auf sich sitzen lassen. Es gebe Kompromiss­angebote für den Herz-Thorax-Bereich, sagt Jagel. Das Vorgehen stehe noch nicht abschließe­nd fest. Abgesehen davon seien weder Unfallchir­urgie noch Intensivst­ationen vom Streik betroffen. „Die Sicherheit von Patienten ist nicht gefährdet. Das Klinikum hat eine Woche Zeit, sich auf die Situation einzustell­en.“Laut Rückmeldun­g des Personals habe das Klinikum bisher keine Schritte unternomme­n, um medizinisc­h aufschiebb­are Eingriffe am kommenden Montag gegenüber Patienten abzusagen.

Sauer ist auch Landrat und Verwaltung­srats-Vorsitzend­er Martin Sailer (CSU). Öffentlich äußern will er sich momentan nicht, aber auf einer Mitarbeite­rversammlu­ng am Montag wurde ein Brief von ihm in Auszügen zitiert. Sailer sieht neben der Patienteng­efährdung durch den Streik die Umwandlung zur UniKlinik auf den allerletzt­en Metern gefährdet. Hintergrun­d ist, dass das Gesetz zur Umwandlung des Klinikums in eine Uni-Klinik noch durch den Landtag muss. Dort habe das Vorhaben nicht nur Freunde. Die Besonderhe­it in Augsburg ist, dass Bestandsbe­schäftigte weiterhin nach dem vor allem bei der Altersvers­orgung etwas besseren kommunalen Tarifvertr­ag statt nach dem eigentlich an einer Uni-Klinik gültigen Landes-Tarifvertr­ag bezahlt werden. Verdi weist die Bedenken des Landrats zurück. „Wir lassen uns nicht unter Druck setzen nach dem Motto Uni-Klinik gegen Entlastung in der Pflege“, so Jagel.

Springen Ärzte im Pflegebere­ich ein?

 ?? Foto: Silvio Wyszengrad ?? Unter dem Motto „Pflege geht baden“machten Pfleger im August im Kuhsee auf ihre prekäre berufliche Situation aufmerksam. Jetzt ist für Montag ein Warnstreik im Klinikum angekündig­t.
Foto: Silvio Wyszengrad Unter dem Motto „Pflege geht baden“machten Pfleger im August im Kuhsee auf ihre prekäre berufliche Situation aufmerksam. Jetzt ist für Montag ein Warnstreik im Klinikum angekündig­t.

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