Augsburger Allgemeine (Land West)
Mit drei Promille mehrere Unfälle verursacht
Justiz Eine 44-Jährige war betrunken mit ihrem Auto unterwegs, um sich noch mehr Alkohol zu kaufen. Doch bei dieser einen Spritztour blieb es nicht. Was hinter ihrer Sucht steckt
Gleich drei Unfälle an einem Nachmittag hat eine 44-jährige Autofahrerin Anfang März verursacht. Und jedes Mal fuhr sie danach weiter, ohne sich um den Schaden zu kümmern. Dass die Frau überhaupt noch mit dem Auto fahren konnte, überraschte nun selbst Richterin Kerstin Wagner bei der Verhandlung am Augsburger Amtsgericht. Die 44-jährige Angeklagte war damals unter dem Einfluss von Medikamenten und erheblich betrunken – sie hatte fast drei Promille.
Die Frau sagte vor Gericht aus, dass sie an jenem Tag zu Hause Weißwein getrunken habe. Wie viel es genau war, daran könne sie sich nicht mehr erinnern. Irgendwann war die Flasche leer, also setzte sie sich ins Auto. Sie fuhr zu einem Supermarkt in Königsbrunn, um Nachschub zu besorgen. Doch beim Einparken prallte sie laut Anklage gegen einen Audi. Auf dem Heimweg verpasste sie die Einfahrt zu ihrer Wohnung, wollte an der Straße vorwärts einparken – und stieß gegen ein abgestelltes Auto. Wieder war es ein Audi. Beim Ausparken fuhr sie gegen eine Hausmauer und ein dort stehendes Fahrrad. Die Bilanz ihrer Trunkenheitsfahrt: fast 13 000 Euro Schaden. Trotz des hohen Alkoholwerts von knapp drei Promille zeigte sie bei der ärztlichen Überprüfung kaum Auffälligkeiten. Lediglich ihr Gang sei damals leicht schwankend gewesen.
Ihr Führerschein wurde danach eingezogen, doch das hielt die Frau nicht davon ab, sich wieder hinters Steuer zu setzen. Keine zwei Wochen später war sie noch zwei Mal mit dem Auto unterwegs – jeweils am frühen Morgen. Ihr Ziel: eine Tankstelle. Sie wollte wieder Alkohol kaufen. Bei einer dieser Spritztouren war die 44-Jährige erneut betrunken. Dieses Mal hatte sie einen Wert von „nur“1,91 Promille.
Vor Gericht wurden die Hintergründe dieser Verfehlungen dargestellt. Die Frau sei psychisch am Ende gewesen, sagte ihre Verteidigerin Natascha Fischbach. Nach 20 Jahren Ehe kam es zur Scheidung, danach sei sie zur Behandlung im Bezirkskrankenhaus Kaufbeuren gewesen. Sie lernte einen neuen Mann kennen, zog mit ihm zusammen.
Doch dann soll er sie mehrfach körperlich misshandelt haben und sie trennte sich. Sie fiel in ein „seelisches Loch“und begann Anfang dieses Jahres, Alkohol zu trinken. Ihre Mandantin hatte mit finanziellen Problemen zu kämpfen. Nach Abzug der Miete bleiben ihr lediglich 67 Euro monatlich zum Leben. Dass sie eine neue, günstigere Wohnung braucht, ist der 44-Jährigen bewusst. Sie habe aber noch keine gefunden.
Das Verlangen nach Alkohol wurde von Tag zu Tag schlimmer, sagte Fischbach. Als sie bei ihrem Arbeitgeber einen Suizid ankündigte, kam sie erneut nach Kaufbeuren. Seitdem trinke die Angeklagte nichts mehr, gehe in eine Selbsthilfegruppe und habe eine ambulante Therapie begonnen. Ihr Auto habe sie in der Zwischenzeit verkauft.
Die Vertreterin der Staatsanwaltschaft, Janine Häring, forderte eine Geldstrafe von 180 Tagessätzen zu je 25 Euro – das entspricht 4500 Euro. Verteidigerin Fischbach sprach von finanziell extrem beengten Verhältnissen und – wegen des hohen Promillewertes – einer verminderten Schuldfähigkeit. Sie erachtete 90 Tagessätze zu je 15 Euro als angemessen.
Richterin Wagner verurteilte die Frau zu einer Strafe von 3200 Euro (160 Tagessätze zu je 20 Euro). Zudem erhält sie eine zweijährige Führerscheinsperre. „Sie sind absolut alkoholgewohnt und konnten trotz des extrem hohen Wertes noch Auto fahren – wenn auch mit Unfällen“, begründete Wagner ihr Urteil.