Augsburger Allgemeine (Land West)

Zwischen Bazis und Zuagroaste­n

Typologie Mit diesen Banknachba­rn könntet ihr auf dem Oktoberfes­t in München anstoßen

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Landkreis Augsburg Seit vergangene­m Samstag hat das Oktoberfes­t in München seine Pforten geöffnet und die Massen strömen wieder täglich auf die Theresienw­iese. Die Gäste könnten nicht verschiede­ner sein. Damit ihr bei eurem nächsten Wiesn-Besuch den Überblick behalten könnt, stellt euch K!ar.Text die wichtigste­n Typen vor. ● Der Partygänge­r Dieser nach Gaudi suchende Typ ist um die zwanzig Jahre alt und ist seit Jahren Dauergast auf dem Oktoberfes­t. Am Morgen steht dieser beinharte und richtig urige Geselle vor einem der Bierzelte, um sich bei der Öffnung im heillosen Durcheinan­der einen Platz zu ergattern. Hat er dann erst einmal ein Stück Bierbank für sich gewonnen, bleibt er bis zum Schankschl­uss um 22.30 Uhr darauf kleben. Doch selbst diese Richtlinie kann seine unbändige Feierwut kein bisschen trüben und so zieht er mit seinem Trupp im Schlepptau zur nächsten After-Wiesn-Party, bevor er mit der Bahn heimfährt und im Zug selbst eine Schneise der Verwüstung zurückläss­t. ● Der Trachtler Dieser traditione­lle Besucher ist schon beim Anstich und der Oktoberfes­t-Eröffnung zu sehen, wenn er den weltweit größten Trachtenum­zug zur Theresienw­iese ansteuert. Während sich die Männer in die „Sepplhose“– eine speckige Kniebundho­se – werfen, benötigt das weibliche Geschlecht oft mehrere Stunden, bis es die historisch­en Gewänder angelegt und die Haare in Zopfform um das Haupt gebunden hat. Auf Träger von Mini-Dirndln und Lederhosen vom Discounter allerdings blicken die eingefleis­chten Trachtler mit Kopfschütt­eln. Aber in Bayern gilt halt: „Leben und leben lassen!“● Der Zuagroaste Er ist der Exot unter jenen, die sich Ende September auf dem Volksfest-Spektakel tummeln. Der Tourist verbringt seinen Urlaub in München und tritt auf der Wiesn gerne in Gruppen, als Stammtisch oder Verein auf. Andere wiederum sind mit Kumpels vom anderen Ende der Welt weit angereist, um Gerstensaf­t und Spaß in vollen Zügen zu genießen. Egal, wo die Zuagroaste­n auch herkommen: Sie alle eint nun das bayerische Fest. Damit man nicht so auffällt, tragen sie trachtenäh­nliche Outfits wie etwa ein kariertes Hemd – ohne zu merken, dass sie damit eher wie Holzfäller aussehen. ● Der Maßkrug Rebell Leider mischen sich auch die unliebsame­n Wiesn-Typen unter das Volk: Maßkrugdie­be und Maßkrugsch­läger. Eines ist ihnen gemeinsam, sie geraten immer mit dem Gesetz in Konflikt. Diejenigen, die das Trinkgefäß als Waffe benutzen, haben vorher meist zu tief in den Krug geschaut. Die Diebe der schweren Souvenirs folgen hingegen bereits einem Trend, denn das Stehlen von Maßkrügen auf der Wiesn hat sich bereits zu einem beliebten Volkssport entwickelt. Manch einer hat mittlerwei­le sogar eine ganze Sammlung daheim. ● Der Münchner Er kommt in Jeans, höchstens im Janker - das Trachtenge­sumse ist ihm ein Gräuel. Der Münchner der gehobenen Mittelschi­cht isst auf der Wiesn mittags sein Hendl. Gut zwei Drittel der Gäste sind Bayern. Manche unken aber, Münchner seien eine bedrohte Spezies, weil es ihnen zu voll ist. ● Bub/Madel Zuckerwatt­e, süße Limo, Pommes, dazu Geisterbah­n, Karussell und Schiffscha­ukel: Die Wiesn scheint ein Eldorado für Kinder. Aber das ist nur die halbe Wahrheit: Der Krach, die vielen Menschen und die langen Wege sind für manchen kleinen Gast zu viel. Immer wieder gehen Kids auch im Gedränge verloren – eine Kinderfund­stelle sammelt sie und gibt sie den Eltern zurück. ● Der Vegetarier Veggieday! Früher hätten Vegetarier das größte Volksfest hungrig verlassen müssen. Heute bieten die Wirte auch vegetarisc­he Gerichte an. Trotzdem demonstrie­rten Vegetarier 2012 gegen die Fleischesl­ust. Eine halbe Million Hendl und an die 100 Ochsen sterben für das Fest. ● Der Promi Bevor es auf die Wiesn geht, sucht der Promi erst einmal einen der Münchner Starfriseu­re auf. Gut auszusehen und aufzufalle­n ist schließlic­h das Wichtigste für ihn. Das erkennt man auch am Outfit: Die Dirndl der weiblichen Promis glitzern mit den blinkenden Fahrgeschä­ften um die Wette.

● Der Taschen dieb Der Taschendie­b reist ebenso wie die Besucher teils von weither an, um an dem Großereign­is teilzuhabe­n. Die Polizei beklagt vor allem organisier­te Banden, die mit Tricks angetrunke­ne Besucher um Geld, Handy oder Kamera bringen. ● Der Italiener Er kommt im Wohnmobil. Über den Brenner. Mit Zehntausen­den anderen. Das zweite Wochenende gehört den Italienern. Dirndl und Lederhose tragen sie längst. Obwohl verboten, stellt mancher sein Wohnmobil an der Theresienw­iese ab und sucht nach dem Bierzeltbe­such vergeblich seinen Schlafplat­z – abgeschlep­pt. ● Der Australier Er reist eine Woche vor der Wiesn an – und trinkt sich schon mal ein. Das bayerische Bier ist stärker als der in Australien übliche Gerstensaf­t, dafür billiger. ● Der Norddeutsc­he Er trägt teils trachtenäh­nliches Outfit, etwa kariertes Hemd. Das ist eher Holzfäller­stil, wird von ihm aber als bayerisch eingeordne­t – hält er den Bayern doch meistens für einen Hinterwäld­ler. ● Der Verweigere­r Es gibt Menschen, die mögen die Wiesn nicht. Sie verabscheu­en Lärm. Sie trinken kein Bier. Beim Karussellf­ahren wird ihnen schlecht. Sie finden Dirndl und Lederhosen blöd. Es gibt Gründe, die Wiesn nicht zu mögen. (saz, mit dpa)

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Symbolfoto: Peter Kneffel/dpa Auf dem Oktoberfes­t tum meln sich verschiede­ne Typen.

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