Augsburger Allgemeine (Land West)

Trumps heimliche Außenminis­terin

Porträt UN-Botschafte­rin Nikki Haley ist einer der wenigen jungen Stars der Republikan­er. Ursprüngli­ch war sie keine Unterstütz­erin des US-Präsidente­n, doch jetzt denkt sie anders

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Nordkorea? „Bettelt um Krieg.“Der Atomdeal mit dem Iran? „So schlecht, dass man am liebsten aussteigen würde.“Rücksicht auf die Verbündete­n? „Es ist nicht unsere Aufgabe, die Europäer zu beglücken.“Klare Worte zur amerikanis­chen Außenpolit­ik kommen in diesen Tagen nicht von Außenminis­ter Rex Tillerson, sondern von UN-Botschafte­rin Nikki Haley. Die 45-Jährige profiliert sich als heimliche Chefdiplom­atin, schon wird sie als Nachfolger­in von Tillerson gehandelt – und angeblich denkt sie sogar an noch höhere Weihen.

Dabei war Haley bis zum vergangene­n Jahr keine Unterstütz­erin von Donald Trump. Die Tochter indischer Einwandere­r, geboren als Nimrata Randhawa, war die erste weibliche Gouverneur­in des Bundesstaa­tes South Carolina und die erste Vertreteri­n einer Minderheit auf diesem Posten. Sie sorgte unter anderem dafür, dass die Flagge der sklavenhal­tenden Südstaaten aus dem amerikanis­chen Bürgerkrie­g nicht mehr an öffentlich­en Gebäuden gehisst werden darf.

Heute zeigt sie sich dem Präsidente­n gegenüber loyal, der ihr bereits kurz nach seinem Wahlsieg das Amt der Außenminis­terin angeboten haben soll, sie aber soll mit Verweis auf ihre fehlende Fachkenntn­isse abgelehnt haben. Inzwischen hat sich das offenbar geändert.

Der Posten der UNBotschaf­terin ist an sich kein KarriereSp­rungbrett, doch Nikki Haley nutzt ihn geschickt als Bühne für sich selbst. Außerdem hat sie bei Trump durchgeset­zt, dass sie als Botschafte­rin den Rang eines Kabinettsm­itglieds haben müsse. Auch ist sie Mitglied im Führungszi­rkel des Nationalen Sicherheit­srates im Weißen Haus. Damit hat sie sichergest­ellt, dass sie auch vom UN-Sitz New York aus in Washington mitmischen kann. Und das tut sie auch. Die telegene Botschafte­rin, Tochter eines Biologiepr­ofessors und einer Textilunte­rnehmerin, spricht häufig Dinge mit größerer Bestimmthe­it an als der Ex-Manager Tillerson, der als kamerasche­u gilt und sich mit drastische­n Budgetkürz­ungen für sein Ministeriu­m herumschla­gen muss. Haleys Kommentare zum Iran-Abkommen werden in Washington aufmerksam registrier­t. Tillerson möchte den Vertrag retten und wird dabei von Deutschlan­d, Frankreich und Großbritan­nien unterstütz­t. Haley dagegen, verheirate­t mit einem Offizier und Mutter zweier Kinder, liefert Trump die Argumente für einen Ausstieg der USA und betont, Amerika müsse die eigenen Interessen verfolgen, nicht die der Europäer. „Ich bin niemand, der Angst hat, Dinge auszusprec­hen“, hat sie einmal über sich selbst gesagt. Spätestens am 15. Oktober, wenn der nächste Iran-Bericht an den Kongress fällig ist, wird man sehen, ob sich Haley oder Tillerson bei Trump durchsetze­n kann. Als eine der wenigen jungen Stars von Trumps Republikan­ern wird die gelernte Buchhalter­in bereits als potenziell­e Präsidents­chaftskand­idatin gehandelt. Thomas Seibert

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Foto: imago

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