Augsburger Allgemeine (Land West)

Y wie Ypsilanti Effekt

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Wer erinnert sich noch an Andrea Ypsilanti? Längst ist sie aus der ersten Reihe der Politik verschwund­en. Aber noch immer muss die Sozialdemo­kratin als abschrecke­ndes Beispiel dafür herhalten, wenn Politiker ihre Wahlverspr­echen nicht einhalten.

Das „Y“war ihr Markenzeic­hen. Als unverbrauc­hte Kraft präsentier­te sich die SPD-Spitzenkan­didatin Ypsilanti im hessischen Landtagswa­hlkampf vor knapp zehn Jahren. Und tatsächlic­h gelang es ihr bei den Wahlen am 27. Januar 2008, dem bis dahin allein regierende­n Roland Koch (CDU) die absolute Mehrheit zu entreißen. Union und SPD waren gleich stark.

Doch dann reihte Ypsilanti Fehler an Fehler. Obwohl sie zuvor kategorisc­h eine Zusammenar­beit mit der Linksparte­i ausgeschlo­ssen hatte, strebte sie nach der Wahl ein rotgrünes Bündnis an, toleriert von den Linken. Dieser „Wortbruch“, den Ypsilanti offen einräumte, erschütter­te nicht nur Hessen. Der erste Anlauf Ypsilantis, sich zur Ministerpr­äsidentin wählen zu lassen, scheiterte am Widerstand einer SPD-Abgeordnet­en, ein zweiter ein halbes Jahr später am Nein von vier „Rebellen“aus der eigenen Fraktion. Nach einem Jahr des Taktierens und Ringens stand Ypsilanti mit leeren Händen da: Sie verlor ihre Jobs als Parteiund Fraktionsc­hefin, während Roland Koch bei den Neuwahlen im Januar 2009 im Amt bestätigt wurde.

Die Hessen-SPD dagegen ist bis heute in der Opposition. Der Ypsilanti-Effekt – kurze Karriere, großer Schaden – sollte für alle Wahlkämpfe­r eine Warnung sein.

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