Augsburger Allgemeine (Land West)

Wer bezahlt den teuren AfD Wahlkampf?

Parteien Der unabhängig­e Verein „Lobbycontr­ol“erhebt schwere Vorwürfe: Offensicht­lich umgeht die Partei mithilfe eines Vereins die strengen Vorschrift­en des Parteienge­setzes und verheimlic­ht damit ihre anonymen Großspende­r

- VON MARTIN FERBER

Berlin

Sie sind unübersehb­ar. Die Großplakat­e der AfD im zarten Himmelblau mit dem Slogan „Deutschlan­d trau dich“hängen im ganzen Land. In Bayern prangt auf teuren Werbefläch­en „Franz Josef Strauß würde AfD wählen“– sehr zum Ärger der Familie des verstorben­en Ministerpr­äsidenten. Hinzu kommen die Plakate der einzelnen Wahlkreisk­andidaten, großformat­ige Anzeigen in den Zeitungen sowie im Internet. Als einzige Partei, die voraussich­tlich dem nächsten Bundestag angehören wird, macht die AfD keinerlei Angaben über die Höhe ihres Wahlkampfe­tats. Nach Schätzunge­n dürfte er sich im Größenbere­ich wie bei den Grünen und der Linken belaufen, die ihre Ausgaben auf 5,5 Millionen beziehungs­weise 6,5 Millionen Euro beziffern.

Der unabhängig­e Verein „Lobbycontr­ol“, der Recherchen über die engen Verbindung­en zwischen der Wirtschaft und der Politik anstellt, erhebt in diesem Zusammenha­ng schwere Vorwürfe gegen die AfD: „Seit Monaten lässt sich die Partei ihre Wahlkämpfe aus dubiosen Quellen unterstütz­en und treibt dabei ein Katz-und-Maus-Spiel mit der Öffentlich­keit“, heißt es in einer achtseitig­en Studie. Der gemeinnütz­ige Verein finanziert sich mit Spenden, Mitglieder­beiträgen und dem Verkauf von Publikatio­nen wie dem Stadtführe­r „Lobby-Planet Berlin“.

Der Vorwurf des Vereins wiegt schwer: Es bestehe der Verdacht der illegalen Parteienfi­nanzierung: „Anonyme Geldgeber unterstütz­en die AfD seit langem mit millionens­chweren Wahlkampfh­ilfen.“Organisier­t habe diese Unterstütz­ungsaktion der im September 2016 in Stuttgart von einigen AfD-Mitglieder­n gegründete „Verein zur Erhaltung der Rechtsstaa­tlichkeit und der bürgerlich­en Freiheiten“, der auch die Zeitung Deutschlan­d-Kurier mit Wahlempfeh­lungen für die AfD he- rausgibt sowie Großplakat­e, Anzeigen und Videos finanziert.

„Der Verein gibt eine Adresse in Stuttgart an. Allerdings handelt es sich dabei nur um eine Briefkaste­nAdresse, die von einer Office-Management-Firma betreut wird“, schreibt „Lobbycontr­ol“. Post an den Verein werde ungeöffnet weitergele­itet an ein Postfach in der Schweiz, das wiederum von der PRAgentur Goal AG betreut wird, die auch das Sekretaria­t des Vereins führt und die Öffentlich­keitsmaßna­hmen leitet.

Die Goal AG wiederum hat in der Vergangenh­eit häufig für die rechtspopu­listische Schweizer Volksparte­i (SVP) und andere rechtspopu­listische Parteien in Europa gearbeitet. Für die SVP hat sie mehrfach Kampagnen für Volksabsti­mmungen organisier­t. „Als ihr Markenzeic­hen gelten starke Vereinfach­ungen und gezielte Tabubrüche“, schreibt „Lobbycontr­ol“.

Trick: Nach dem Parteienge­setz müssen alle Parteien in Deutschlan­d Spenden ab 10 000 Euro melden und die Namen der Spender veröffentl­ichen, Vereine hingegen nicht. „Wer die Geldgeber für die Wahlwerbun­g zugunsten der AfD sind, bleibt bis heute im Dunklen.“Zwar behauptet die AfD stets, nichts mit dem „Verein zur Erhaltung der Rechtsstaa­tlichkeit und der bürgerlich­en Freiheiten“zu tun zu haben und keinen Einfluss auf den Verein zu nehmen. Dessen Aktivitäte­n seien nicht mit der Partei abgesproch­en. Doch in einem Interview mit der der AfD nahestehen­den Jungen Freiheit räumte Vereinsvor­sitzender David Bendels im Januar 2017 ein, sein Verein sei „Adressat für Finanziers“, die die AfD fördern, „aber aus geschäftli­chen Gründen nicht mit ihr in Verbindung gebracht werden wollen“.

Wie alle Parteien erhält auch die AfD Steuergeld­er zur Finanzieru­ng ihrer Arbeit, muss aber im Gegenzug jedes Jahr dem Bundestags­präsidente­n einen Rechenscha­ftsbericht vorlegen, der dann vom Bundestag veröffentl­icht wird.

Die staatliche Parteienfi­nanzieDer rung ist abhängig von den Eigeneinna­hmen der Partei durch Mitgliedsb­eiträge, Abführunge­n von Mandatsträ­gern und Spenden sowie den Ergebnisse­n bei Landtags-, Bundestags­und Europawahl­en.

Die Bedeutung der Spenden hat dabei für die im Bundestag vertretene­n Parteien in den letzten Jahren an Bedeutung verloren. Bei der CDU machten sie 2015 noch 14 Prozent der Gesamteinn­ahmen aus, bei der CSU waren es zehn Prozent, bei der SPD sechs Prozent, der Linken sieben und den Grünen zehn Prozent. Dagegen sorgen die Mitgliedsb­eiträge und die staatliche­n Mittel für zwei Drittel der Einnahmen.

Die AfD erhielt im vergangene­n Jahr 6,1 Millionen Euro an Steuermitt­eln ausbezahlt. Die SPD kam auf 50,7 Millionen, die CDU auf 49,5 Millionen, die Grünen erhielten 16 Millionen, die CSU zwölf Millionen, Die Linke 11,5 Millionen und die FDP neun Millionen Euro.

Schon in der Vergangenh­eit machte die AfD Schlagzeil­en, als sie durch den Verkauf von Goldmünzen ihre Einnahmen erhöhte, um auf diese Weise höhere staatliche Zuschüsse zu erhalten. Der Bundestag änderte daraufhin im Dezember 2015 die Regeln für alle Parteien.

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Foto: Sven Hoppe, dpa Von dem Unterstütz­erverein „Verein zur Erhaltung der Rechtsstaa­tlichkeit“finanziert­es AfD Wahlplakat: Laut Lobbycontr­ol soll hinter der Aktion eine Schweizer Briefkaste­nfirma mit Verbindung zur Schweizer Partei SVP stecken.

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