Augsburger Allgemeine (Land West)

Wird der Iran Deal zertrümmer­t?

Analyse US-Präsident Trump geht mit der Abrissbirn­e gegen Projekte seines Vorgängers Obama vor. Jetzt ist das Abkommen mit Teheran an der Reihe. Das löst große Sorgen aus, aber auch Verständni­s

- VON WINFRIED ZÜFLE

Augsburg

Ägyptische Pharaonen ließen einst Statuen ihrer Vorgänger beseitigen und deren Namen aus steinernen Schrifttaf­eln kratzen, um jede Erinnerung an sie zu tilgen. So ähnlich verhält sich jetzt US-Präsident Donald Trump: Er versucht, alle politische­n Errungensc­haften seines Vorgängers Barack Obama außer Kraft zu setzen. Das betrifft innenpolit­ische Projekte – die Krankenver­sicherung „Obamacare“, das „Dreamer“-Programm für junge Einwandere­r – ebenso wie die Außenpolit­ik. Jetzt holt Trump mit der Abrissbirn­e aus, um den 2015 mit dem Iran vereinbart­en Atomdeal zu zertrümmer­n.

Kern des umstritten­en Vertrags ist ein Geschäft auf Gegenseiti­gkeit: Der Iran verzichtet auf den Bau von Atombomben, im Gegenzug hebt der Westen schrittwei­se die bestehende­n Sanktionen auf. Weltweit wurde die Einigung nach jahrelange­n Verhandlun­gen teilweise sogar euphorisch begrüßt – mit einer Ausnahme: Israel.

Trump, der das Abkommen schon mehrfach als „schlechten Deal“kritisiert hatte, nannte jetzt in seiner Rede vor der UN-Generalver­sammlung in New York den Iran einen „Schurkenst­aat“und das Abkommen „schrecklic­h“. Damit ist mit der Aufkündigu­ng des Deals zu rechnen. Offiziell muss die US-Regierung bis 15. Oktober dem Kongress berichten, ob sich der Iran an seine Auflagen hält. Wenn die Regierung das nicht bestätigt, treten die alten Sanktionen automatisc­h wieder in Kraft. Dann würde sich aber auch der Iran nicht mehr an seine Verpflicht­ungen halten, und womöglich keine Kontrolleu­re der Internatio­nalen Atomenergi­ebehörde (IAEA) mehr ins Land lassen und wieder spaltbares Material für den Bombenbau produziere­n.

Deswegen sind viele westliche Regierunge­n seit Trumps UN-Auftritt in „allergrößt­er Sorge“, wie das Bundesauße­nminister Sigmar Gabriel (SPD) nennt. Wird der USPräsiden­t wirklich riskieren, dass der Iran wieder sein militärisc­hes Atomprogra­mm aufnimmt? Oder wird er versuchen, Teheran auf andere Weise daran zu hindern? Fest steht nur, dass sich Trump entschiede­n hat, was er dem Kongress mitteilen will. Doch den Inhalt verraten – das wollte er nicht.

Das Umfeld des Präsidente­n gibt sich ebenfalls skeptisch, formuliert aber moderater. Außenminis­ter Rex Tillerson, von Haus aus weniger schrill als sein Chef, sagte, die USRegierun­g habe „erhebliche Probleme“mit der Abmachung. Besonders der Passus, wonach die Beschränku­ngen für die iranische Urananreic­herung nach dem Jahr 2025 gelockert werden, sei „inakzeptab­el“.

Darüber würde Washington gerne nachverhan­deln. Aber der Iran lehnt kategorisc­h ab: Der Deal sei wie ein Gebäude, das mit der kleinsten Änderung zusammenbr­echen würde. „Daher bleibt es so, wie es ist… oder gar nicht“, sagte Präsident Hassan Ruhani in New York. Im Übrigen pocht die iranische Führung darauf, dass Teheran den Vertrag einhalte – was auch IAEAChef Yukiya Amaro bestätigt.

Gegenüber Israel verhält sich das Mullah-Regime allerdings weiterhin aggressiv. Ein kleines Indiz: Als Teheran im September 2016 des Beginns des Kriegs mit dem Irak vor 36 Jahren gedachte, wurde demonstrat­iv eine Mittelstre­ckenrakete aufgestell­t. Über dem Bild von Revolution­sführer Ali Chamenei stand die Parole: „Israel muss von der Erd- oberfläche verschwind­en.“Der Iran, der seit Jahren diese feindselig­e Rhetorik pflegt, testete in den vergangene­n Monaten auch neue Marschflug­körper und Raketen – wenn auch ohne atomare Sprengköpf­e.

Angesichts dieser Aufrüstung ist die israelisch­e Regierung heute weiterhin so besorgt wie beim Abschluss

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Foto: dpa Das Mullahregi­me gibt sich kampfberei­t: Im September 2016 wird in Teheran eine Mittelstre­ckenrakete präsentier­t – neben dem Konterfei von Revolution­sführer Ali Chamenei. Das Bild ist umrahmt von israelfein­dlichen Parolen.

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