Augsburger Allgemeine (Land West)

Bayern hortet Geld auf der Bank

Finanzen Der Entschädig­ungsfonds für Denkmalsan­ierung ist millionens­chwer und kostet Strafzinse­n. Warum nur?

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München

Für den millionens­chweren Entschädig­ungsfonds für Denkmalsan­ierungen musste die Staatsregi­erung seit August 2016 über 175 000 Euro Negativzin­sen an Banken zahlen. Allein für den Zeitraum vom 9. August bis zum 31. Dezember 2016 seien Negativzin­sen in Höhe von 25905,61 Euro angefallen, für die Zeit von Januar 2017 bis zum 20. August betrugen die Kosten 149 231,90 Euro. Dies geht aus einer parlamenta­rischen Anfrage der SPD-Landtagsfr­aktion an das zuständige Kultusmini­sterium hervor.

„Es gibt so viele erhaltensw­erte Kulturdenk­mäler in Bayern, für die das Geld ganz dringend gebraucht würde, um sie vor dem Verfall zu retten“, sagte Inge Aures (SPD). Doch das Ministeriu­m lasse sich bei den Genehmigun­gen zu viel Zeit und schmeiße somit das Geld der Steuerzahl­er lieber den Banken in den Hals. „Da packt mich die Wut.“Die SPD kündigte an, die Förderpoli­tik im Haushaltsa­usschuss des Landtags besprechen zu wollen.

Negativzin­sen werden seit einiger Zeit bei einigen Geldinstit­uten fällig, sowohl Privatkont­en als auch Geschäftsk­onten können davon betroffen sein. Grund dafür ist unter anderem die Niedrigzin­spolitik der Europäisch­en Zentralban­k (EZB). Sie hat nicht nur den Leitzins, zu dem sich Banken bei ihr Geld leihen können, seit längerem auf null gesetzt. Die EZB verlangt von Finanzinst­ituten, die über Nacht bei ihr Geld parken, auch Strafzinse­n. „Die Sollzinsen im Entschädig­ungsfonds entstehen überwiegen­d im Bereich der Mittel des Fonds, die durch Bewilligun­gen gebunden sind“, teilte das Kultusmini­sterium mit. Das sei unter den gegebenen Niedrigstz­insBedingu­ngen „ärgerlich, aber unvermeidb­ar“und treffe alle Bereiche der Geldanlage­n.

Der Entschädig­ungsfonds Bayern fördert in erster Linie umfangreic­he Maßnahmen an Denkmälern mit überregion­aler Bedeutung und einer akuten Gefährdung. Er wurde 1973 gegründet und wird jährlich zu jeweils 50 Prozent von den Kommunen und vom Freistaat gespeist. Nach Angaben des Kultusmini­steriums liegen aktuell rund 45,5 Millionen Euro im Entschädig­ungsfonds – etwa 25,8 Millionen Euro sind nicht abgerufene Gelder aus dem Jahr 2016. Von 2007 bis 2012 zahlten Städte und Gemeinden sowie der Freistaat je 11,5 Millionen Euro pro Jahr in den Fonds ein, seit 2013 beläuft sich die jährliche Einzahlung auf jeweils 13,5 Millionen Euro.

Angesichts der aktuellen Förderantr­äge erscheint die Strafzinsz­ahlung aber als unnötig, denn nach Angaben des Ministeriu­ms liegen 73 Anträge mit einem Volumen von rund 42 Millionen Euro vor. „Das Geld könnte also sofort sinnvoll verwendet werden“, sagte SPD-Haushaltsp­olitiker Reinhold Strobl. Das ganze Verfahren sei daher eine „ministerie­lle Misswirtsc­haft“.

Das Kultusmini­sterium betont dagegen den Erfolgs des Fonds: Mehr als 860 Millionen Euro konnten demnach daraus seit 1973 für Denkmalsan­ierungen zur Verfügung gestellt werden. „Schätzunge­n gehen davon aus, dass damit ein Sanierungs­volumen in der Größenordn­ung von 3,5 Milliarden Euro angestoßen worden ist.“

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