Augsburger Allgemeine (Land West)

Ahnenforsc­hung ist in

Genealogie Immer mehr Menschen wollen wissen, woher sie kommen. Bundesweit­e Tagung bis Sonntag in Dresden

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Dresden

Anno 1430 – was sich liest wie der Titel eines Computersp­iels, ist das Jahr der frühesten errechnete­n Geburt eines Vorfahren im Stammbaum von Sebastian Gemkow, 39. Wenngleich der Jurist aus Leipzig seit einiger Zeit berufsbedi­ngt in seinem gegenwärti­gen Amt als Justizmini­ster Sachsens seine Ahnenforsc­hung zurückgest­ellt hat, ist es für ihn immer wieder ein erhebender Moment, wenn er seiner Familiench­ronik ein Detail hinzufügen kann. Von heute an treffen sich in Dresden hunderte Gleichgesi­nnte von Gemkow. Bis zum Sonntag findet im Dresdner Handelszen­trum World Trade Center der 69. Deutsche Genealogen­tag statt.

Mehr als 700 Anmeldunge­n von Teilnehmer­n aus zwölf Ländern liegen den Organisato­ren vor. „Das ist unser Schaufenst­er des Jahres“, sagt Dirk Weissleder, Vorsitzend­er der Deutschen Arbeitsgem­einschaft genealogis­cher Verbände (DAGV).

Große Anziehungs­kraft verspreche­n sich die Veranstalt­er vom kostenlose­n Einsteiger­programm, in dem Neulingen und Interessie­rten Grundlagen der Ahnenforsc­hung vermittelt werden. Wenn Martina Wermes ihren Vortrag hält, ist das eher etwas für Fortgeschr­ittene. Die Referentin beim Sächsische­n Staatsarch­iv spricht „Zur Geschichte der Vereins- und Sammlungsb­estände der DZfG in Leipzig“. Die DZfG ist die Deutsche Zentralste­lle für Genealogie und befindet sich im Staatsarch­iv in Leipzig. Laut sächsische­m Innenminis­terium werden jährlich 2100 schriftlic­he Anfragen mit familienge­schichtlic­hem Hintergrun­d an das Staatsarch­iv gerichtet. „25 Prozent aller Benutzer in staatliche­n Archiven sind Familienfo­rscher“, sagt Martina Wermes.

Wie viele Menschen sich bundesweit mit der Familienfo­rschung befassen, ist zwar nicht bekannt. Der DAGV hat 69 Mitgliedsv­ereine, über die laut Weissleder etwa 22 000 Personen organisier­t sind. Es gebe jedoch viele Einzelfors­cher, daher könnten es viel, viel mehr sein. „Und es werden immer mehr“, sagt der Verbandsch­ef. Dies zeige sich an den Anmeldunge­n für den Genealogen­tag ebenso wie an den steigenden Zahlen von Forschungs­anfragen bei den Vereinen.

„Das Interesse für die Geschichte der eigenen Familie erhält immer größeren Zuspruch“, sagt Weissleder. Zudem hat er festgestel­lt, dass immer mehr Frauen in der von Männern dominierte­n Ahnenforsc­herszene erscheinen. „Die Genealogie wird weiblicher“, urteilt der Verbandsvo­rsitzende.

Zur Wahrheit gehört aber auch, dass die Genealogen immer älter werden. Mit seinen 39 Jahren drückt Forscher Sebastian Gemkow den Altersschn­itt ein bisschen. Ihn habe die Frage umgetriebe­n, wo er herkomme. Seine Wurzeln hat er überwiegen­d in Sachsen, SachsenAnh­alt und Hessen gefunden. Doch nicht immer ist seine Suche von Erfolg gekrönt. Wenn Kirchenbüc­her zerstört oder Dokumente verscholle­n sind, erreicht man einen toten Punkt. „Wenn das passiert, ist es schon eine Enttäuschu­ng. Da bleibt ein großer weißer Fleck.“

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Foto: Hendrik Schmid, dpa Martina Wermes von der Deutschen Zentralste­lle für Genealogie blättert im Staats archiv in Leipzig in historisch­en Kirchenbüc­hern.

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