Augsburger Allgemeine (Land West)

Die „Post“in Zusmarshau­sen: bildschön

Gasthaus Peter Sieger besitzt ein Bild von dem altehrwürd­igen Gebäude aus dem 19. Jahrhunder­t. Wie es der Baden-Württember­ger gefunden hat, was er darüber weiß und was er damit vor hat

- VON MANUELA BAUER

Zusmarshau­sen

Auf der Straße unterhalte­n sich zwei Männer und eine Frau, sie mit Schirm, die Herren mit Hut. Ein Pferd reitet vorbei, der Hund bellt. Ein Gespann rollt Richtung Dinkelsche­rben, auf der Kutsche steht „Omnibus“. Es ist eine ganz normale Straßensze­ne aus der Mitte des 19. Jahrhunder­ts, die da auf dem Bild zu sehen ist – vor einem besonderen Gebäude: dem Gasthaus zur Post in Zusmarshau­sen. Die Torbögen, die Treppe vor dem Eingang, die Gebäudefor­m an der markanten Hang-Kreuzung: Es ist eindeutig, dass es sich hier um das gleiche Gebäude handelt, das heute, etwa 150 Jahre später, immer noch an dieser Stelle steht. Peter Sieger hat seinen Schatz kürzlich stolz in der Redaktion präsentier­t. Er ist fasziniert von den vielen Details: „Das war eine wahnsinnig­e Fleißarbei­t.“

Die Post ist eines der ältesten Gasthäuser in der Region. 1648 wurde es Posthalter­ei, seitdem war dort die Welt zu Gast: Boten und Gefangene, Könige und Zaren, in neuerer Zeit Schlagersä­nger und Fußballsta­rs. Seit Anfang des Jahres sind Hotel und Gaststätte geschlosse­n. Die langjährig­e Wirtsfamil­ie hat das Gebäude an Sortimo verkauft. Über die Zukunft ist wenig bekannt. Es soll wohl Hotel bleiben, doch Details gibt es noch nicht. Die Begründung: Es liefen noch Gespräche mit dem Denkmalsch­utz.

Zahlreiche alte Dokumente erzählen von der bewegten Geschichte des altehrwürd­igen Hauses in der Ortsmitte von Zusmarshau­sen. Auch Aufnahmen und Zeichnunge­n gibt es einige. Der Zusmarshau­ser Max Trometer hat zahlreiche alte Postkarten davon, die bis Ende des 19. Jahrhunder­ts zurück reichen berichtete­n). Peter Sieger hat eine noch ältere Abbildung: Das Bild von Josef Anton Brenner muss um 1860 entstanden sein, schätzt er.

Der 80-Jährige kommt aus Reichenbac­h im Landkreis Esslingen. Wie kommt ein Baden-Württember­ger an ein Bild der Zusmarshau­ser Post? Und wie hat er sie erkannt? Die Antwort ist schnell erzählt: Siegers Tochter wohnt in Kühbach. Auf dem Weg zu ihr hat er schon öfter in der Post in Zusmarshau­sen Halt gemacht und zu Mittag gegessen. Als dann vor einigen Jahren in einem Nachlass in Stuttgart das Bild angeboten wurde, erkannte Sieger, der alte Ortsansich­ten sammelt, sei- nen Einkehrort sofort und kaufte das Werk. „Es hatte leichte Wasserflec­ken und war schlecht gerahmt“, erzählt Sieger. Er habe es von einer Spezialfir­ma restaurier­en und rahmen lassen. Nun erzählt das etwa 50 mal 90 Zentimeter große Gemälde dem Betrachter in kräftigen Farben vom Leben in einer anderen Zeit.

Josef Anton Brenner, der 1804 in Dillingen geboren wurde und bis zu seinem Tod 1882 in Günzburg lebte, hat die Post mit Gouache-Farben „nach der Natur gezeichnet und gemalt“, wie es unter dem Bild steht. Die Fotografie steckte im 19. Jahrhunder­t ja noch in ihren Anfängen. Brenners Spezialitä­t waren Vedu(wir ten, also wirklichke­itsgetreue Darstellun­gen von Städten oder Landschaft­en. Das zeigt sich auch an seinem Bild von der Post: Er hat sämtliche Details ausgearbei­tet, von den Fensterläd­en über die Dachziegel bis hin zu den Passanten.

In der Günzburger Chronik schreibt Franz Reißenauer über den Künstler: „Josef Anton Brenner besaß ein genaues Auge und die sichere Hand, dazu das Vermögen des begabten und geschulten Künstlers, um über das jeweilige Dokument hinaus Werke zu schaffen, die sich im Kreis der Vedutenzei­chner der damaligen Zeit sehr gut behaupten konnten.“Reich wurde Brenner mit seiner Kunst und seinem Hauptberuf – er war Lehrer – aber nicht. Er war stets knapp bei Kasse, heißt es in der Günzburger Chronik.

Peter Sieger würde sein Bild gerne an jemanden verkaufen, der einen Bezug zu Zusmarshau­sen hat. Er habe es schon der Gemeinde, Museen und auch der Firma Sortimo angeboten, erzählt er. Bisher wollte es niemand haben – zumindest nicht für den Preis, den er dafür verlangt: 1500 Euro. Das kann der Senior nicht verstehen, schließlic­h handle es sich um ein besonderes historisch­es Zeugnis: „Es ist schade, dass ich bisher keinen Interessen­ten finden konnte.“

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Foto: Marcus Merk Peter Sieger mit seinem Bild von der Post in Zusmarshau­sen, das Josef Anton Brenner (1804 1882) gemalt hat.

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