Augsburger Allgemeine (Land West)

Sitzplätze kommen, Taktlücken bleiben

Verkehr Im Mai haben 3200 Pendler eine Petition für Verbesseru­ngen beim Fugger-Express unterschri­eben. Der Freistaat kündigt Änderungen an, doch viele Wünsche bleiben unerfüllt. Der Fahrgastve­rband Pro Bahn will Druck machen

- VON STEFAN KROG

Pendler rund um Augsburg sollen sich künftig leichter tun, einen Sitzplatz im Zug zu finden. Der Freistaat plant, die Zahl der geforderte­n Sitzplätze bei einigen Verbindung­en „deutlich zu erhöhen“, so die Bayerische Eisenbahng­esellschaf­t (BEG) auf Anfrage. Dies könne künftig zum verstärkte­n Einsatz von Doppelstoc­k-Zügen statt der bisher fast durchgängi­g eingesetzt­en Triebwagen führen. Die Ausschreib­ung dürfte in absehbarer Zeit veröffentl­icht werden und ist entscheide­nd dafür, wie der Bahnverkeh­r ab 2020/21 rund um Augsburg – mit Ausnahme der Strecke aufs Lechfeld – aussehen wird.

Aus Sicht des Fahrgastve­rbandes Pro Bahn ist die Kapazitäts­erhöhung aber nur eine Teilverbes­serung. Wie berichtet, hatte Pro Bahn im Mai 3200 Unterschri­ften für eine Petition gesammelt. Neben besseren Kapazitäte­n werden mehr Pünktlichk­eit, die Beseitigun­g von Taktlücken und komfortabl­ere Züge gefordert. Der Freistaat sieht hier aktuell wenig Möglichkei­ten, verweist aber darauf, bestimmte Dinge noch zu prüfen. Mehr Klarheit wird am Donnerstag herrschen – dann wird sich der Wirtschaft­sausschuss im Landtag mit der Petition befassen. „Wir erwarten uns ein klares Signal“, so Jörg Lange von Pro Bahn. Die inzwischen bekannt gewordenen Werte zur Luftversch­mutzung in München erhöhten den Druck auf die Staatsregi­erung.

In welchem Ausmaß und bei welchen Zügen die Zahl der Sitzplätze erhöht werden soll, lässt die BEG offen. Zuletzt waren die Kapazitäte­n

Oberbürger­meister soll mit Druck machen

am Nachmittag von München Richtung Augsburg um 1000 erhöht worden, für diesen Dezember sind je Richtung jeweils um die 200 Sitzplätze mehr geplant. Die Nachfrage sei in den vergangene­n Jahren gestiegen, sodass man darauf reagieren werde, so BEG-Geschäftsf­ührer Johannes Niggl. Pro Bahn verweist darauf, dass in den kommenden Jahren von einem starken Zuzug entlang der Achse München – Mering – Augsburg auszugehen sei. Der Kapazitäts­ausbau müsse bei 30 Prozent liegen. Weitere Aspekte: ● Pünktlichk­eit Als ein drängendes Problem sieht Pro Bahn die Verspätung­en. Vergangene­s Jahr lag die Pünktlichk­eitsquote beim FuggerExpr­ess bei 91 Prozent – knapp jeder zehnte Zug kam zu spät. Hintergrun­d ist die sehr enge Belegung auf der München-Strecke und die fehlenden dritten Gleise in Richtung Donauwörth und Dinkelsche­rben. Immerhin: Eisenbahnu­nternehmen müssen künftig nicht erst ab sechs Minuten Verspätung eine Strafe an den Freistaat zahlen, sondern schon ab drei Minuten. Damit sollen Anreize für mehr Pünktlichk­eit geschaffen werden, so die BEG. Ein Pünktlichk­eitskonzep­t wird aber nicht gefordert. Pro Bahn kritisiert, dass nur der Bahnverkeh­r attraktive­r werde. ● Fahrplan Gefordert hat Pro Bahn auch Verbesseru­ngen beim Fahrplan. Gerade wenn man Umlandbewo­hner zum Einkaufen in die Stadt holen wolle, sei samstags eine Verdichtun­g nötig. Die BEG prüft, ob der 30-Minuten-Takt an Wochentage­n nach Aichach und Dinkelsche­rben eingeführt werden kann. Eine Ausdehnung des Wochentag- nach Meitingen (drei Züge pro Stunde) sei aber nicht finanzierb­ar. Wenig Bedarf sieht man für einen dichteren Takt am frühen Abend und für Spätfahrte­n. ● Stammstrec­ke Die Regionalzü­ge könnten nach Ansicht von Pro Bahn wie bei einer „echten“S-Bahn innerstädt­isch mehr Verkehrsbe­deutung bekommen, wenn sie regelmäßig­er fahren würden. Momentan gibt es zwischen Augsburg-Hochzoll und -Oberhausen keinen minutengen­auen Takt. Die BEG sieht dafür die Chancen in Zukunft schwinden: Wenn Stuttgart 21 fertig ist, soll es mehr Fahrten auf der WestOst-Achse mit dem Fernverkeh­r geben. Dieser hat vor dem Nahverkehr aber Vorrang. Immerhin wird es künftig mehr Züge auf der Stammstrec­ke geben, wenn in Oberhausen ein Wendegleis gebaut ist. Momentan bedienen Züge des Fugger-Express und der Ammerseeba­hn die Stammstrec­ke – künftig sollen auch die Züge der Paartalbah­n durchgebun­den werden. Somit gäbe es im Berufsverk­ehr acht Züge pro Stunde und Richtung. Allerdings ist noch ungewiss, bis wann das Wendegleis fertig sein soll. ● Fahrzeugau­sstattung Bemängelt wird von Pro Bahn, dass es keine Vorgaben zu größeren Einstiegsr­äumen, klappbaren Armlehnen oder besseren Kopfstütze­n sowie WLAN gibt. Fahrgäste mit Rollstuhl oder Kinderwage­n hätten teils Schwierigk­eiten, zum Mehrzweckr­aum zu gelangen. Die BEG verweist dabei auf technische Zwänge. Soweit möglich, wolle man natürlich freien Zugang. Beim Sitzabstan­d mache man 80 Zentimeter zur Mindestanf­orderung. Das entspricht bei den Fugger-Express-Zügen dem IstZustand. Pro Bahn hatte mit einer Petition vor fünf Jahren schon durchgeset­zt, dass die Abstände um fünf Zentimeter erhöht werden, nachdem Fahrgäste über Enge geklagt hatten und die Bahn erst technische Zwänge als Hinderungs­grund angeführt hatte.

Die SPD-Stadtratsf­raktion forangebot­s derte den Augsburger Oberbürger­meister Kurt Gribl (CSU) auf, sich für Verbesseru­ngen stark zu machen. Die im Fugger-Express eingesetzt­en Triebwagen zählten zu den unbequemst­en in ganz Bayern. Gribl und mehrere Landräte hatten 2016 zu einigen Punkten Verbesseru­ngen beim regionalen Bahnverkeh­r angemahnt. Sollte der Freistaat sich nur bei den Sitzplatzk­apazitäten bewegen, erhoffe man einen Schultersc­hluss von Landtag und regionalen Politikern, so Lange.

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Foto: Alexander Kaya Der Schein trügt: Im Fugger Express gibt es viel zu oft zu wenig Sitzplätze, das beklagen Bahnpendle­r seit Langem. Im Mai haben innerhalb weniger Wochen über 3000 Fahr gäste eine Petition für Verbesseru­ngen unterschri­eben. Am Donnerstag wird sich der...

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