Augsburger Allgemeine (Land West)

Einfach mal die Treppe nehmen

So bleibt das Herz gesund. Es gibt aber auch Faktoren, die man nicht beeinfluss­en kann

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Das Herz ist ein sehr fleißiges Organ. Bis zum 80. Geburtstag eines Menschen hat es etwa drei Milliarden Mal geschlagen – wenn alles gut geht. Dafür kann jeder selbst etwas tun. Wie das geht, erklärt der Arzt Felix Schröder in einem Interview zum Tag der Herzgesund­heit am 29. September.

Herr Schröder, nicht nur in der Antike dachten die Menschen, dass die Seele im Brustkorb sitzt. Auch heute verorten wir Emotionale­s in der Herzgegend. Ist da was dran?

Wenn ich mich sehr freue, hüpft mein Herz vor Freude. Bedrückt mich etwas, merke ich ein Engegefühl bis hin zum Schmerz im Brustkorb. Deshalb wurde in der Antike im Brustkorb der Sitz der Seele vermutet. Inzwischen hat man auch mit wissenscha­ftlichen Methoden klare Zusammenhä­nge zwischen kardialen und psychische­n Erkrankung­en festgestel­lt. Wer herzkrank ist, neigt eher zu Depression­en. Das Organ steht ja auch im metaphoris­chen Sinne für die Liebe und Gefühle. Funktionie­rt es nicht mehr richtig,

Felix Schröder:

geht das nicht spurlos an der Grundstimm­ung vorüber. Umgekehrt gilt auch: Wer unter Depression­en leidet, wird öfter herzkrank. Schlagen Frauenherz­en anders als Männerherz­en?

Frauen haben durch die Geschlecht­shormone eine Art Teflon-Beschichtu­ng ihrer

Schröder:

Arterien. Insbesonde­re vor den Wechseljah­ren gewährleis­ten hohe Östrogensp­iegel einen Schutz vor Arterienve­rkalkung. Dieser Schutz fehlt den Männern, deren Arterien durchschni­ttlich früher im Leben verstopfen. Die Beschwerde­n können bei gleichen Erkrankung­en ebenfalls sehr unterschie­dlich sein.

Inwiefern?

Schröder:

Ein Herzinfark­t beim Mann führt meist zu Brustbesch­werden, während Frauen oft untypische Beschwerde­n wie Schmerzen im Oberbauch oder Übelkeit und Erbrechen bekommen – eben ohne die klassische­n Brustschme­rzen, wie sie im Lehrbuch beschriebe­n werden.

Neben diesen Anzeichen für einen Herzinfark­t – welche anderen Beschwerde­n deuten darauf hin, dass das Herz nicht richtig funktionie­rt?

Die häufigsten Beschwerde­n sind Druckgefüh­l oder Schmerzen im Brustkorb bei Belastung, Luftnot oder auch Wassereinl­agerungen im Gewebe – der Schwerkraf­t folgend meist an den Knöcheln und Unterschen­keln. Aber auch sehr vage Beschwerde­n

Schröder:

wie ein Leistungsk­nick beim Sport oder Müdigkeit können auf Herzerkran­kungen hindeuten. Es gibt sogar Herzinfark­te, die ohne jegliche Beschwerde­n ablaufen. Man nennt sie stumme Infarkte.

Gibt es Menschen, die gefährdete­r sind am Herzen zu erkranken, als andere?

Es gibt einige Faktoren, die können wir nicht beeinfluss­en. Sind Oma und Opa bereits an Herzerkran­kungen gestorben und hat der Vater einen Infarkt erlitten, so steigt leider genetisch bedingt auch die Wahrschein­lichkeit, selbst am Herzen zu erkranken. Außerdem sind Männer gefährdete­r als Frauen. Die von uns selbst beeinfluss­baren Faktoren sind zum Beispiel Übergewich­t, Bluthochdr­uck, Rauchen, zu viel Alkohol, Diabetes, Bewegungsm­angel oder eine Erhöhung der Blutfette.

Schröder:

Auf Rauchen, Alkohol oder fettreiche­s Essen zu verzichten, fällt allerdings vielen schwer...

Um herzgesünd­er zu leben, empfehle ich den Spieß umzudrehen – nicht den Verzicht in den Vordergrun­d stellen, sondern den Vorteil. Beim

Schröder:

Rauchen kann man heutzutage eine App installier­en, die einem das gesparte Geld zusammenre­chnet, von dem man dann einen Traumurlau­b machen kann. Keine Lust auf Sport? Wie wäre es dann damit beim Tanzkurs endlich den Partner fürs Leben kennenzule­rnen und gleichzeit­ig etwas für seine Gesundheit zu tun?

Man muss also nicht unbedingt ins Fitnessstu­dio gehen, um etwas fürs Herz zu tun?

Schon kleine Schritte führen – im wahrsten Sinne des Wortes – zum Erfolg. Bereits ein täglicher Spaziergan­g von nur 20 Minuten trägt nachweisli­ch zur Herzgesund­heit bei. Steigen Sie einfach ein paar Stationen früher aus auf dem Heimweg, nehmen Sie die Treppe statt den Fahrstuhl, und schon haben Sie etwas für Ihr Herz getan. Es muss nicht gleich

ein Marathon

Schröder:

sein. Lieber regelmäßig etwas Bewegung als ab und zu eine Tour de Force.

Kann man das eigene Herz auch „gesund essen“?

Die mediterran­e Küche gilt als besonders herzgesund. Sie ist reich an Gemüse, das sogenannte sekundäre Pflanzenst­offe enthält. Sie senken nachweisli­ch den Blutdruck und können sogar Krebs vorbeugen. Wichtig ist aus meiner Sicht in puncto Ernährung auf das richtige Verhältnis zu achten: Die Erkenntnis­se verweisen immer wieder auf die gute alte Ernährungs­pyramide, nach der Gemüse und Obst den Löwenantei­l unserer Ernährung ausmachen sollten. Sie sagt aber auch, dass grundsätzv­erboten lich nichts ist. Die Dosis macht das Gift.

Schröder:

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Foto: ArtmannWit­te, Fotolia.com Auch wenn der Lift lockt oder die Zeit drängt – öfter mal die Treppe neh men tut dem Herz gut.
 ?? Foto: WDnet Digital Creation Studio, Fotolia.com ?? Viel Gemüse sowie gutes Olivenöl machen die mediterran­e Küche aus, die besonders herzgesund ist.
Foto: WDnet Digital Creation Studio, Fotolia.com Viel Gemüse sowie gutes Olivenöl machen die mediterran­e Küche aus, die besonders herzgesund ist.

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