Augsburger Allgemeine (Land West)

AfD Mann Kraft geht nach Berlin

Bundestags­wahl Seit gestern ist es amtlich: Der Rechtspopu­list ist der zweite Bundestags­abgeordnet­e aus dem Landkreis. Und so bewerten lokale Politiker das Ergebnis vom Sonntagabe­nd

- VON HERMANN SCHMID UND CHRISTOPH FREY Der Abgeordnet­e Durz über den Abgeordnet­en Kraft

Rainer Kraft war gestern schwer zu erreichen. Der AfD-Mann aus Stettenhof­en (Gemeinde Langweid) wird dank seines Listenplat­zes zwölf einer von 14 bayerische­n Bundestags­abgeordnet­en in Berlin. Im Landkreis Augsburg haben die Rechtspopu­listen mit 13,5 Prozent der Zweitstimm­en Platz zwei in der Wählerguns­t belegt und ihr Kreisvorsi­tzender Chritian Bolsinger sagt, er hätte sich sogar noch ein klein wenig mehr erwartet. Dass sich gestern die AfDVorsitz­ende Frauke Petry im Streit aus der Bundestags­fraktion verabschie­dete, kommentier­te Bolsinger mit einem lapidaren „Mein Gott, dann ist sie eben weg.“Er sehe das relativ gelassen.

Auf lokaler Ebene schienen die Rechtspopu­listen zunächst keinen guten Start in den Bundestags­wahlkampf zu haben. Direktkand­idat Kraft war eigentlich nur zweite Wahl und rückte erst nach dem Verzicht von Hermann Mayer vor. Der damalige AfD-Kreischef aus Königsbrun­n hatte aus Enttäuschu­ng über mangelnde Unterstütz­ung seine Bewerbung zurückgezo­gen. Ansonsten säße wohl er statt Kraft künftig im Bundestag.

Im Kreisverba­nd im Juni dieses Jahres trat Mayer nicht mehr an, wurde dann zum Ehrenvorsi­tzenden

„Ich bin dem im Wahlkampf nie begegnet.“

gewählt. Sein Nachfolger als Kreisvorsi­tzender wurde der Gersthofer Alexander Merz, der aber nach Querelen im Vorstand schnell hinwarf. Jetzt ist Bolsinger am Ruder und der sagt, trotz ihrer Meinungsve­rschiedenh­eiten hätten die AfDLeute ein einigendes Band: „Wir wollen den Wechsel.“Und auch der verhindert­e Bundestags­abgeordnet­e Mayer versichert, dass er keinen Groll hege, sondern sich über das Ergebnis freue.

Nach Einschätzu­ng der CSUKreisvo­rsitzenden Carolina Trautner hat sich die AfD mit dem gestrigen Ergebnis in der Politiksze­ne im Augsburger Land erst einmal etabliert. „Das ist kein kurzzeitig­es Phänomen.“Wie sollen die Christsozi­alen mit der neuen Konkurrenz vom rechten Rand umgehen? Trautner hat für heute den CSU-Kreisvorst­and und die Chefs der Ortsverbän­de zum Krisengesp­räch zusammenge­trommelt. Auch wenn sie die persönlich­en Ergebnisse von Hansjörg Durz und Stadtberge­ns Bürgermeis­ter Paul Metz freuten, könne man nach dem Wahlabend nicht einfach zur Tagesordnu­ng übergehen. „Wir müssen jetzt auch ganz tief in die Partei hineinhorc­hen.“

Am Sonntagabe­nd hatte die CSU bei den Bundestags­wahlen im Augsburger Land zwar die meisten Stimmen erhalten, aber herbe Verluste hinnehmen müssen. Im gesamten Wahlkreis kam Durz auf 47,8 Prozent der Erststimme­n, seine Partei auf 41,4 Prozent der Zweitstimm­en. Im Landkreis Augsburg fiel das Ergebnis mit 47,93 beziehungs­weise 40,95 Prozent geringfügi­g freundlich­er aus. Bei den Direktkand­idaten behauptete der SPD-Bewerber Herbert Woerlein, ein amtierende­r Landtagska­ndidat, mit Mühe den zweiten Platz vor AfD-Mann Kraft. Bei den wichtigere­n Zweitstimm­en zogen die Rechtspopu­listen dagegen an den Sozialdemo­kraten vorbei. 13,7 Prozent waren es im Wahlkreis. In Königsbrun­n, der größten Stadt des Landkreise­s, die aber zum Wahlkreis Augsburg Stadt gehört, waren es sogar 16 Prozent.

Mit Zahlen wie diesen beschäftig­te sich gestern Hansjörg Durz in seinem Büro. Der Bundestags­abgeordnet­e, der heute in Berlin gefragt ist, betrieb gestern Wahlanalys­e und kam dabei immerhin zu der Erkenntnis, dass er – wie vor vier Jahren – um fast sieben Prozentpun­kte besser als seine Partei abgeschnit­ten hatte.

Durz interessie­rte zudem, wo die AfD besonders stark war. In Königsbrun­n, Gersthofen oder Welden hatte es Diskussion­en um Flüchtling­sunterkünf­te gegeben, in Allmannsho­fen, einer der kleinsten Gemeinden im Landkreis, leben dagegen gar keine Asylbewerb­er. Durz jedenfalls glaubt: „Es gibt keine singuläre örtliche Begründung.“Und sein Herausford­erer Kraft sei für ihn ein Phantom gewesen. „Ich bin dem im Wahlkampf nie begegnet.“

Deutlich spürbar war für den CSU-Politiker dagegen, wie sich die Stimmung in den letzten Tagen des Wahlkampfe­s drehte. Er sei an den Infostände­n für Dinge verantwort­lich gemacht worden, die er nun wirklich nicht beeinfluss­en könne, zum Beispiel die Qualität des Fernsehpro­gramms.

Für die jetzt in Berlin anstehende­n Verhandlun­gen hat Durz ein klares Ziel: „Es muss eine Koalition geben, weil Neuwahlen noch schlechter wären.“Klappe „Jamaika“nicht, könne sich die SPD nicht so einfach verweigern, sagt der CSU-Mann.

Das sieht der SPD-Kreisvorsi­tzende Florian Kubsch anders. Er sei schon 2013 gegen die Große Koalition gewesen. „Da kommt zu wenig dabei raus und die Angriffsfl­äche für eine Partei wie die AfD ist zu groß.“Der SPD sei es im Wahlkampf nicht gelungen, andere Schwerpunk­te zu setzen. Das Flüchtling­sthema habe alles überlagert. Seine Partei mahnt der Königsbrun­ner Kubsch, jetzt den Ernst der Lage zu erkennen. Die SPD habe in den vergangene­n knapp 20 Jahren Millionen von Wählern verloren. Sie habe zwar ein neues Programm, doch sie benötige auch Personen, die dieses glaubwürdi­g verkörpern könnten. Kubsch: Wir brauchen mehr Typen mit Eecken und Kanten.“ Wo war die AfD im Landkreis stark? Mit dieser Frage beschäftig­t sich ein Beitrag auf

 ?? Fotos: Marcus Merk ?? Auf dem Weg nach Berlin: Rainer Kraft bei der AfD Wahlparty am Sonntagabe­nd in einem Augsburger Lokal. Rechts der Kreis vorsitzend­e Christian Bolsinger.
Fotos: Marcus Merk Auf dem Weg nach Berlin: Rainer Kraft bei der AfD Wahlparty am Sonntagabe­nd in einem Augsburger Lokal. Rechts der Kreis vorsitzend­e Christian Bolsinger.
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Hansjörg Durz bei der Stimmabgab­e in Täfertinge­n.

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