Augsburger Allgemeine (Land West)
AfD Mann Kraft geht nach Berlin
Bundestagswahl Seit gestern ist es amtlich: Der Rechtspopulist ist der zweite Bundestagsabgeordnete aus dem Landkreis. Und so bewerten lokale Politiker das Ergebnis vom Sonntagabend
Rainer Kraft war gestern schwer zu erreichen. Der AfD-Mann aus Stettenhofen (Gemeinde Langweid) wird dank seines Listenplatzes zwölf einer von 14 bayerischen Bundestagsabgeordneten in Berlin. Im Landkreis Augsburg haben die Rechtspopulisten mit 13,5 Prozent der Zweitstimmen Platz zwei in der Wählergunst belegt und ihr Kreisvorsitzender Chritian Bolsinger sagt, er hätte sich sogar noch ein klein wenig mehr erwartet. Dass sich gestern die AfDVorsitzende Frauke Petry im Streit aus der Bundestagsfraktion verabschiedete, kommentierte Bolsinger mit einem lapidaren „Mein Gott, dann ist sie eben weg.“Er sehe das relativ gelassen.
Auf lokaler Ebene schienen die Rechtspopulisten zunächst keinen guten Start in den Bundestagswahlkampf zu haben. Direktkandidat Kraft war eigentlich nur zweite Wahl und rückte erst nach dem Verzicht von Hermann Mayer vor. Der damalige AfD-Kreischef aus Königsbrunn hatte aus Enttäuschung über mangelnde Unterstützung seine Bewerbung zurückgezogen. Ansonsten säße wohl er statt Kraft künftig im Bundestag.
Im Kreisverband im Juni dieses Jahres trat Mayer nicht mehr an, wurde dann zum Ehrenvorsitzenden
„Ich bin dem im Wahlkampf nie begegnet.“
gewählt. Sein Nachfolger als Kreisvorsitzender wurde der Gersthofer Alexander Merz, der aber nach Querelen im Vorstand schnell hinwarf. Jetzt ist Bolsinger am Ruder und der sagt, trotz ihrer Meinungsverschiedenheiten hätten die AfDLeute ein einigendes Band: „Wir wollen den Wechsel.“Und auch der verhinderte Bundestagsabgeordnete Mayer versichert, dass er keinen Groll hege, sondern sich über das Ergebnis freue.
Nach Einschätzung der CSUKreisvorsitzenden Carolina Trautner hat sich die AfD mit dem gestrigen Ergebnis in der Politikszene im Augsburger Land erst einmal etabliert. „Das ist kein kurzzeitiges Phänomen.“Wie sollen die Christsozialen mit der neuen Konkurrenz vom rechten Rand umgehen? Trautner hat für heute den CSU-Kreisvorstand und die Chefs der Ortsverbände zum Krisengespräch zusammengetrommelt. Auch wenn sie die persönlichen Ergebnisse von Hansjörg Durz und Stadtbergens Bürgermeister Paul Metz freuten, könne man nach dem Wahlabend nicht einfach zur Tagesordnung übergehen. „Wir müssen jetzt auch ganz tief in die Partei hineinhorchen.“
Am Sonntagabend hatte die CSU bei den Bundestagswahlen im Augsburger Land zwar die meisten Stimmen erhalten, aber herbe Verluste hinnehmen müssen. Im gesamten Wahlkreis kam Durz auf 47,8 Prozent der Erststimmen, seine Partei auf 41,4 Prozent der Zweitstimmen. Im Landkreis Augsburg fiel das Ergebnis mit 47,93 beziehungsweise 40,95 Prozent geringfügig freundlicher aus. Bei den Direktkandidaten behauptete der SPD-Bewerber Herbert Woerlein, ein amtierender Landtagskandidat, mit Mühe den zweiten Platz vor AfD-Mann Kraft. Bei den wichtigeren Zweitstimmen zogen die Rechtspopulisten dagegen an den Sozialdemokraten vorbei. 13,7 Prozent waren es im Wahlkreis. In Königsbrunn, der größten Stadt des Landkreises, die aber zum Wahlkreis Augsburg Stadt gehört, waren es sogar 16 Prozent.
Mit Zahlen wie diesen beschäftigte sich gestern Hansjörg Durz in seinem Büro. Der Bundestagsabgeordnete, der heute in Berlin gefragt ist, betrieb gestern Wahlanalyse und kam dabei immerhin zu der Erkenntnis, dass er – wie vor vier Jahren – um fast sieben Prozentpunkte besser als seine Partei abgeschnitten hatte.
Durz interessierte zudem, wo die AfD besonders stark war. In Königsbrunn, Gersthofen oder Welden hatte es Diskussionen um Flüchtlingsunterkünfte gegeben, in Allmannshofen, einer der kleinsten Gemeinden im Landkreis, leben dagegen gar keine Asylbewerber. Durz jedenfalls glaubt: „Es gibt keine singuläre örtliche Begründung.“Und sein Herausforderer Kraft sei für ihn ein Phantom gewesen. „Ich bin dem im Wahlkampf nie begegnet.“
Deutlich spürbar war für den CSU-Politiker dagegen, wie sich die Stimmung in den letzten Tagen des Wahlkampfes drehte. Er sei an den Infoständen für Dinge verantwortlich gemacht worden, die er nun wirklich nicht beeinflussen könne, zum Beispiel die Qualität des Fernsehprogramms.
Für die jetzt in Berlin anstehenden Verhandlungen hat Durz ein klares Ziel: „Es muss eine Koalition geben, weil Neuwahlen noch schlechter wären.“Klappe „Jamaika“nicht, könne sich die SPD nicht so einfach verweigern, sagt der CSU-Mann.
Das sieht der SPD-Kreisvorsitzende Florian Kubsch anders. Er sei schon 2013 gegen die Große Koalition gewesen. „Da kommt zu wenig dabei raus und die Angriffsfläche für eine Partei wie die AfD ist zu groß.“Der SPD sei es im Wahlkampf nicht gelungen, andere Schwerpunkte zu setzen. Das Flüchtlingsthema habe alles überlagert. Seine Partei mahnt der Königsbrunner Kubsch, jetzt den Ernst der Lage zu erkennen. Die SPD habe in den vergangenen knapp 20 Jahren Millionen von Wählern verloren. Sie habe zwar ein neues Programm, doch sie benötige auch Personen, die dieses glaubwürdig verkörpern könnten. Kubsch: Wir brauchen mehr Typen mit Eecken und Kanten.“ Wo war die AfD im Landkreis stark? Mit dieser Frage beschäftigt sich ein Beitrag auf