Augsburger Allgemeine (Land West)
Wo sich helfen lohnt
Ausbildung In Schwabmünchen und Stadtbergen engagieren sich viele Jugendliche beim Technischen Hilfswerk oder der Feuerwehr. Drei junge Menschen berichten über ihr Ehrenamt
Landkreis Augsburg
Eine dichte Rauchsäule steigt über dem Leitershofer Bauhof auf. Hilfeschreie hallen über das Areal – mehrfach. Ein Verletzter klemmt unter einem Auto fest. Erschwerend hinzu kommt, dass eine junge Frau verwirrt über das Gelände rennt– ihre Haut ist verbrannt. Ein Horrorszenario, aber zum Glück kein Ernstfall für Emily und Marco von der Jugendfeuerwehr Stadtbergen. Die beiden haben heute eine Übung.
Nicht immer bleibt es beim Test, das weiß Daniel Botzenhardt. Eindrücklich erinnert er sich an einen Verkehrsunfall, zu dem er ausgerückt war. Ein Lastwagen krachte in eine Hauswand und beschädigte das Gebäude stark. Zusammen mit seinen Kollegen vom Technischen Hilfswerk (THW) stützte er das Haus ab, um den anderen Einsatzkräften ein sicheres Arbeiten zu ermöglichen.
Was die drei Jugendlichen eint, ist ihr Engagement. Sie stehen in unserer Geschichte stellvertretend für viele andere junge Menschen im Landkreis. Daniel ist seit circa fünf Jahren beim THW dabei. Das Hilfswerk unterstützt die Einsätzkräfte bei Verkehrsunfällen, Hochwasser oder Explosion mit speziellen Fahrzeugen und Ausrüstungsgegenständen. Sein Interesse für Technik und dass er selbst gerne tüftelt, waren für den 19-Jährigen ausschlaggebend. Davor sammelte er erste Erfahrungen beim Ferienprogramm des THW.
Die 16-jährige Emily ist seit einem halben Jahr bei der Feuerwehr. Über ihre Motivation sagt sie: „Meine beiden Geschwister sind auch aktiv. Sie haben immer interessante Sachen über Übungen und Einsätze erzählt, deshalb habe ich mich entschieden, auch mitzumachen“, erklärt sie. Die Übung ist für sie der erste richtige Einsatz. Ihr Kollege Marco ist seit vier Jahren als Feuerwehrmann aktiv. „Einen realen Brand musste ich zum Glück noch nie löschen“, sagt der 18-Jährige. Er ist froh, dass es bei der Feuerwehr Übungsmöglichkeiten gibt: „Obwohl das nur eine Übung ist, ist die Aufregung deutlich spürbar.“Nur mit einer geschlossenen Teamarbeit sei die Zusammenarbeit in Krisensituationen problemlos möglich.
Die Vorstellungskraft allein reicht bei den Tests nicht, es gehö- ren auch richtige Flammen und ein großes Feuer dazu. Dann nämlich wird es ernst, der Körper reagiert schließlich unter einer Stresssituation ganz anders als, wenn man sich in eine Situation reindenkt.
Bei der Übung auf dem Leitershofer Bauhof ertönt in der Zwischenzeit das Martinshorn und drei großen Fahrzeuge biegen um die Ecke. Mittendrin sind die Jugendlichen, angeleitet vom Gruppenführer. Seine Kommandos sind präzise, nur so behalten die Helfer die Übersicht in turbulenten Situationen: Eine Gruppe löscht den Brand, die andere befreit den Verletzten und kümmert sich um die verwirrte Frau.
Auch beim THW musste Daniel viel lernen, bevor er bei Einsätzen mithelfen konnte: Ab dem 16. Geburtstag können Jugendliche die Grundausbildungsprüfung ablegen. „Da gibt es dann eine Reihe von Ausbildungen, bei denen du alles kennenlernst. Trennschleifer, Hebekissen, Personenrettung, was man eben so braucht“, erklärt Daniel.
Das erworbene Wissen wird zum Abschluss überprüft: „Nach dem Theorieteil gab es einzelne Stationen, da musste ich dann zum Beispiel eine Pumpe richtig sichern oder eine Leiter anschlagen.“Mit 18 dürfen die Aktiven dann bei Einsätzen wie dem Verkehrsunfall mitfahren. Das sei natürlich aufregend. Auf der Fahrt bis zum Unglücksort habe er aber die Möglichkeit sich darauf vorzubereiten, sagt Daniel.
Der 19-Jährige macht momentan eine Ausbildung zum Elektroniker für Automatisierungstechnik und hat nach wie vor große Freude an seiner ehrenamtlichen Arbeit: „Das THW ergänzt sich. Wir haben welche, die sind im Holzbau tätig, andere in der Metallbaubranche. Und so können wir ziemlich viel selber machen.“Alles, was es nicht zu kaufen gibt, oder zu teuer ist, werde in der Werkstatt selbst gebaut. Die Aktiven haben einen Stromerzeuger auf einem Anhänger installiert, um ihn schneller an den Einsatzort transJahren portieren zu können. Auch Emily ist von ihrer ehrenamtlichen Arbeit begeistert: „Wir üben alle zwei Wochen, aber eine solche große Probe ist besonders.“Dass es nicht nur um Spaß geht, ist allen Beteiligten bewusst – auch Marco. Schließlich kann alles ganz schnell gehen und plötzlich brennt ein Gebäude oder ein Lastwagen kracht gegen eine Hauswand und jede Sekunde zählt.