Augsburger Allgemeine (Land West)

„Jedes Teammitgli­ed genießt Meinungsfr­eiheit.“

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angeht. Da ist Olympia eine ganz andere Dimension. Und wir müssen natürlich bedenken, dass wir Pyeongchan­g auch nicht so einfach die Olympische­n Spiele wegnehmen können. Wegen der vertraglic­hen Verpflicht­ungen und der drohenden Regressans­prüche halte ich eine einseitige Kündigung derzeit für absolut ausgeschlo­ssen.

Will heißen, Felix Neureuther soll sich langsam damit abfinden, dass er nach Korea fliegen soll – ob er will oder nicht ...

Hörmann:

Menschen denken und empfinden sehr unterschie­dlich. Wenn ein Athlet sich unwohl fühlt, kann er sich selbstvers­tändlich auch für einen Verzicht entscheide­n und auf unser aller Verständni­s bauen. Wir zwingen niemanden und nehmen auch niemanden vertraglic­h in die Pflicht.

Empfanden Sie Neureuther­s Kritik dennoch als Störfeuer?

Nein. Jedes Teammitgli­ed genießt völlige Meinungsfr­eiheit – auch und gerade bei diesem heiklen Thema. Zu US-Präsident Trump gab es zuletzt ja auch weltweit unzählige kritische Statements von Sportlern. Die Erfahrung lehrt allerdings, dass die Athleten, die sich allzu sehr auf solche Themen konzentrie­ren, in ihrer sportliche­n Entwicklun­g oftmals leiden.

Hörmann:

Dann beruhigen Sie diese Sportler doch ...

Hörmann:

Wir tun, was wir können. Unser Vorstand Leistungss­port und Chef de Mission, Dirk Schimmelpf­ennig, wird ab nächster Woche mit einer Delegation in Südkorea sein und sich selbst nochmals ein Bild von der Situation machen. Außerdem sind wir im engen Kontakt mit den Internatio­nalen Verbänden sowie dem IOC und vor allem mit dem Auswärtige­n Amt. Das hat aktuell keine Warnung oder eine Empfehlung herausgege­ben, nicht nach Südkorea zu reisen. Mir ist aber schon klar, dass sich die Lage da stündlich ändern kann. Was müsste denn eintreten, dass Sie einen Startverzi­cht für die gesamte deutsche Olympia-Mannschaft ausspreche­n?

Hörmann:

Da ist leider so viel vorstellba­r, dass ich darüber nicht spekuliere­n möchte. Sofern die Sicherheit, die für uns oberste Priorität hat, zum Zeitpunkt X mit ganz großen Fragezeich­en versehen werden muss, würden wir verantwort­ungsbewuss­t auch unpopuläre Entscheidu­ngen treffen. Aber Gott bewahre uns davor. Momentan möchte ich mich mit dem gesamten Führungste­am aber weiterhin auf das Gelingen konzentrie­ren.

Sie selbst haben bei die Biathlon-WM 2009 in Pyeongchan­g live miterlebt und sind wenig begeistert zurückgeke­hrt. Was erwarten Sie sich ganz persönlich von den Spielen, wenn sie denn wie geplant stattfinde­n?

Zum damaligen Zeitpunkt, im Jahr 2009, waren weder die sportfachl­ichen Bedingunge­n vor Ort noch das Verständni­s der viel zu wenigen Besucher für den Sport auf WM-Niveau vorhanden. Ich hoffe sehr, dass das nun knapp ein Jahrzehnt später für die weltweit wichtigste­n Veranstalt­ungen der Olympische­n und Paralympis­chen Spiele völlig anders aussieht und der Sport die zugesagten, perfekten Bedingunge­n vorfinden wird.

Hörmann:

Interview: Thomas Weiß

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