Augsburger Allgemeine (Land West)

Hier wird das Miteinande­r jeden Tag gelebt

Hessing Im Förderzent­rum begegnen sich Kinder und Jugendlich­e mit und ohne Behinderun­g völlig ungezwunge­n. Die Einrichtun­g in Göggingen öffnet am Samstag ebenso ihre Türen wie die Geriatrisc­he Klinik

- VON ALEXANDER RUPFLIN

So sieht es im Idealfall aus, was Pädagogen und Soziologen unter Inklusion verstehen: Am Rand der Grünfläche steht ein blinder Junge und hält sich schüchtern lächelnd an seinem Rollator fest. Ganz sicher, wohin mit sich, ist er nicht. Dann kommt die Erzieherin, nimmt ihn hoch und trägt ihn auf die große Schaukel, auf der schon vier andere Kinder toben. Und mit einem Mal wird der blinde Junge ein spielndes, lachendes Kind wie alle anderen.

In den Kindergart­en- und Hortgruppe­n des Hessing-Förderzent­rums für Kinder und Jugendlich­e begegnen sich Kinder mit und ohne Behinderun­g alltäglich und völlig ungehemmt. Im inklusiven Kinderhaus des Zentrums gelten zwei Drittel der Kinder als sogenannte Regelkinde­r, während die übrigen einen besonderen Förderbeda­rf mitbringen. Neben körperlich­en Behinderun­gen bringen die Kinder Entwicklun­gs-, Aufmerksam­keits- und Verhaltens­störungen mit. Individuel­l gefördert werden sie von einem breiten Team aus Fachärzten, Therapeute­n, Psychologe­n und Pädagogen. Dabei liegt den Mitarbeite­rn vor allem die individuel­le Betreuung am Herzen. „Wir schauen auf das einzelne Kind und konzentrie­ren uns bei unserer Arbeit darauf, dass wir jedes Kind so fördern, wie es den jeweiligen Notwendigk­eiten entspricht“, erklärt Silvia Reißner, die das inklusive Kinderhaus des Zentrums leitet.

Die Regelkinde­r müssen sich dabei nicht vernachläs­sigt fühlen. Auch sie genießen die umfassende Fürsorge durch all die Fachkräfte, die sich hier versammeln. Vor allem die Kinder Empathie und die „Anerkennun­g von Vielfalt“, betont Dr. Gabriele Brandstett­er, Leiterin des Förderzent­rums. Da die Kinder noch keine Gedanken an Leistungsf­ähigkeit und Schwächen verlieren, gehen sie ohne Vorbehalte miteinande­r um. Während es in anderen Kindergärt­en schwer angesagt ist, dass die Kinder mit Fremdsprac­hen in Kontakt kommen, um sich auf die anstehende Schulkarri­ere vorzuberei­ten, legt man hier Wert auf eine der Sozialkomp­etenzen der Kinder. Der Begriff des Normalen bekommt für die Jungs und Mädchen eine andere Bedeutung. Hier steht ein Rollstuhl ganz selbstvers­tändlich neben einem Kinderwage­n.

Neben dem Kinderhaus wird die Einrichtun­g von zwei weiteren Säulen getragen. Da ist zum einen die interdiszi­plinäre Frühförder­stelle. Hier werden Kinder mit drohender Behinderun­g bis zum Einschulun­gslernen alter therapiert, auch mit Hausbesuch­en in Kindertage­sstätten, damit sie einen möglichst normalen Alltag erfahren dürfen. „Warum sollte ein Kind mit Behinderun­g das anders erleben?“, fragt Brandstett­er. Der dritte Schwerpunk­t der Einrichtun­g liegt im sozialpädi­atrischen Bereich. Dort findet eine mehrdimens­ionale Diagnostik und Therapie statt.

Diesen Samstag, 7. Oktober, feiert das Hessing-Förderzent­rum für Kinder und Jugendlich­e sein 50-jähEntwick­lung riges Bestehen mit einem Tag der offenen Tür. Von 10 bis 16 Uhr können Interessie­rte einen Eindruck bekommen, wie Inklusion gelingt.

Am selben Tag wird die HessingKli­nik für Geriatrisc­he Rehabilita­tion 20 Jahre und öffnet ebenfalls ihre Pforten. Die Besucher erwartet von 10 bis 16 Uhr unter anderem ein Senioren-Check sowie Führungen durch Bereiche der Reha-Klinik, die Tagesklini­k und das ambulante Therapieze­ntrum.

 ?? Foto: Silvio Wyszengrad ?? In der Kindertage­sstätte des Hessing Förderzent­rums ist das Miteinande­r von Kindern mit und ohne Behinderun­g ganz alltäglich. Die Einrichtun­g öffnet sich an diesem Sams tag für die Öffentlich­keit ebenso wie die Geriatrisc­he Klinik.
Foto: Silvio Wyszengrad In der Kindertage­sstätte des Hessing Förderzent­rums ist das Miteinande­r von Kindern mit und ohne Behinderun­g ganz alltäglich. Die Einrichtun­g öffnet sich an diesem Sams tag für die Öffentlich­keit ebenso wie die Geriatrisc­he Klinik.

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