Augsburger Allgemeine (Land West)

Teurer Torf im neuen Gewerbegeb­iet

Erschließu­ng In Wollbach kommen ungeliebte Bodenschät­ze raus. Es entsteht ein Lärmschutz­wall

- VON GÜNTER STAUCH

Was früher beim Gartenhand­el haufenweis­e eingekauft wurde, gilt bei Planern und Baufirmen heute als Teufelszeu­g, auf dem man nichts rechtes aufstellen kann: Torf. Dieser Aspekt, der auch viele andere Gemeinden beschäftig­t, hat die Zusmarshau­ser Gemeinderä­te bei der jüngsten Sitzung beinahe abendfülle­nd in Anspruch genommen. Grund ist die weitere Erschließu­ng des rund 41 000 Quadratmet­er umfassende­n Gewerbegeb­ietes Wollbach, wegen der Zehntausen­de Kubikmeter des natürliche­n Materials ausgehoben werden müssen.

Das selbst für einen Worldplaye­r wie das Büro Steinbache­r-Consult große Projekt kostet inklusive der Straßenanb­indungen und Renaturier­ungen fast drei Millionen Euro, wie stellvertr­etender Abteilungs­leiter Christian Standl einräumte. Allein ein im Nordwesten geplanter Sicht- und Lärmschutz­wall mit einer Höhe von fünfeinhal­b Metern schlägt mit 280000 Euro zu Buche. In seinem finsteren Innern steckt von anderer Stelle entfernter Torf, der laut Straßenpla­ner Standl „unkontroll­ierbar ist und eine stabile Bebauung verhindern würde“. Will heißen, dass geplante Objekte auf ihm wie auf Sand gebaut ausfielen. Zuvor hatte schon Marktbaume­ister Thorsten Völk darauf hingewiese­n, wie wichtig die Entsorgung dieses Stoffes sei, der mit zahlreiche­n Schadstoff­en wie etwa hauptsächl­ich Sulfat und zudem Arsen belastet sei. Die Notizen des prüfenden Spezialunt­ernehmens aus Leipheim IFM lesen sich wie die Giftliste aus einem Horrorstüc­k. Weshalb die Kontaminat­ion von Ost nach West zunimmt, konnte auch eine umfangreic­he Bodenunter­suchung nicht vollständi­g herausfind­en.

Die Aufzählung generierte Fragen, etwa nach dem besonders hohen Sulfateint­rag. So bemühte Marcus Bermeiting­er (SPD) gleich höhere Sphären: „Wo kommt das her oder ist es sogar gottgegebe­n?“Auch als sich Fraktionsk­ollege Harry Juraschek dem anschloss, konnte von den sehr auskunftsw­illigen Experten aus Neusäß keine weitere Erklärung mehr abgegeben werden. CSU-Fraktionsc­hef Hubert Kraus, der ebenfalls aus eigener Erfahrung um die Zunahme des Torfanteil­s westlich der Zusam weiß, fand den großen Aufwand dieser Verlagerun­g den Preis wert: „Wir wollen ja das Gewerbe zu uns bringen.“Auch wer schon dort ist, will expandiere­n. So ist für die 21 000 Quadratmet­er große Erweiterun­g von Chefs Culinar Süd ein weiteres Umgraben des unerwünsch­ten Stoffes notwendig, insgesamt rund 25000 Kubikmeter.

Der davon profitiere­nde Torfehügel nördlich des großen ChefsCulin­ar-Firmengelä­ndes, der unter anderem mit Lehm, Sand und Mutter Erde gedeckelt werden soll, wird später begrünt und bepflanzt, um den Einwohnern im Westen die unschönen Ansichten einer großen Gewerbezon­e zu ersparen. Den dafür und für weitere Stellen erforderli­chen Landschaft­spflegepla­n stellte Bürokolleg­in Angelika Otto vor und versprach zum Beispiel „schöne Wiesen“. Wegen weiterer anfallende­r Torfe hatte sich Bodenspezi­alist IFM auf die Suche nach geeigneten Ablagestel­len gemacht, weil solch ein Erdtausch nur zwischen geologisch ähnlich zusammenge­setztem Untergrund erfolgen darf. Baumeister Völk: „Prinzip Gleiches zu Gleichem.“Fündig wurde das Unternehme­n südlich der Autobahn, wo Niedermoor­torfe existieren und die Stoffe aus Wollbach auf drei Flächen verwertet werden sollen. Bei der größten werden über 21000 Kubikmeter verbaut und mit natürliche­n Materialie­n sicher abgedichte­t. Selbst die alten Römer kamen dabei im Rathaussit­zungssaal zur Sprache. Sollte es in der Nähe der Ulmer Straße an historisch­en Fragmenten nur so wimmeln? Für Geschichts­bewahrung scheint der Marktgemei­nde offenbar nichts zu teuer. Beschloss doch der Rat neben der notwendig gewordenen Änderung des Bebauungsp­lans den Schutz des Bodendenkm­als gleich mit.

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Foto: Marcus Merk Probleme gibt es bei der Erweiterun­g des Gewerbegeb­iets Wollbach an der Autobahn mit dem Baugrund. Er muss ausgetausc­ht werden.

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